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Full text of "Dichtungen der Trobadors; auf Grund altprovenzalischer Handschriften teils zum ersten Male kritisch hrsg. teils berichtigt und ergänzt"

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DICHTUNGEN 
DER  TROBADORS 


AUF  GRUND  ALTPROVENZALISCHER  HANDSCHRIFTEN 

TEILS  ZUM  ERSTEN  MALE  KRITISCH  HERAUSGEGEBEN 

TEILS  BERICHTIGT  UND  ERGÄNZT 


VON 


prof.  dr.  ADOLF  KOLSEN 

FRÜHER  DOZENT  AN  DER  KÖNIGL.  TECHN.  HOCHSCHULE  ZU  AACHEN 


1.  HEFT 

(Nr.  1  —  16) 


HALLE  (SAALE) 

VERLAG  VON  MAX  NIEMEYER 

1916 


Die  Hefte  erscheinen 
in  freier  Folge 


Einzelpreis  des  Heftes    M  3,60 
Subskriptionspreis  M  3,— 


Inhalt  des  1.  Heftes. 


Nr 

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Seite 

167,29    G.  Faidit,  Ges  noTn  tuelh 3 

124,  9a    Daude  de  Pradas,  El  temps 9 

384,1  (432,3)  Prebostu.  Savaric,  Savaric,  e'us  deman  14 

S.  41)    Graf  v.  Anjou,  Domna,  vos  m'avez 21 

236,  5    G.  de  la  Tor,  Plus  qe  las  domnas 31 

236,  9    G.  de  la  Tor,   Si  mos  fis  cors 35 

173,  11    G.  dePoicibot,  S'ieu  anc  jorn 39 

9,  3    Aim.  de  Belenoi,  Aissi  quo*l  pres 45 

9,  15    Aim.  de  Belenoi,   Per  Crist 52 

392,26  (9,  13a)    Aim.  de  Belenoi,  Nuls  hom  ....  56 

231,4    G.  Rainol  d'Apt,  Quant  aug  chantar     ....  61 

389,  17    R.  d'Aurenga,  Assatz  m'es  belh 66 

343,  I    P.  de  Gavaret,  Peironet,  en  Savartes      ....  72 

340,  1    P.  d  e  Durban,  Peironet,  ben  vos  es  pres     .     .     .  75 

95,1    LoVesquesdeClarmon,  Coms,  que  vol  enseignar  78 

48,  I    B,  de  Poizrenger,   Mal'aventura 80 


Gr.  9,  3  Nr.  8;    9,  13a  Nr.  10;   9,  15  Nr.  9;   48,  I  Nr.  16;    95,  1  Nr.  15;    124,9a 

Nr.  2;   167,  29  Nr.  1;   173,11  Nr.  7;    231,4  Nr.  11 ;    236,  5  Nr.  5;  236,  9  Nr.  6; 

340,1  Nr.  14;    343,1   Nr.  13;     384,1  Nr.  3 ;    389,  17  Nr.  12;    392,26   Nr.  I  O; 

432,3  Nr.  3.     —     B.  Gr.  S.  41    Domna,  vos  m'avez   Nr.  4. 


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Vorwort. 


Eine  Anzahl  bisher  noch  ganz  oder  teilweise  unedierter 
Trobadorlieder,  die  im  Verlaufe  provenzalischer  Forschungen 
irgendwie  mein  Interesse  erregten,  habe  ich,  sobald  mir  genügend 
handschriftliches  Material  zur  Verfügung  stand,  zwecks  Herausgabe 
zu  rekonstruieren  versucht.  Bei  diesen  textkritischen  Arbeiten 
traf  ich  in  den  Handschriften  auf  immer  mehr  Gedichte,  die  mir 
der  Bearbeitung  wert  erschienen.  So  kam  ich  darauf,  den  Plan 
Mahns  (MW.  I,  S.  XX),  „sämtliche  Werke  der  Troubadours,  soweit 
sie  nur  irgend  zugänglich  sind  oder  noch  werden,  zu  einem  Ge- 
samtwerk zu  vereinigen  und  in  mehreren  Bänden  herauszugeben", 
wiederaufzunehmen  und  beschlofs,  seiner  vierbändigen  Reihe  der 
„Werke  der  Troubadours",  mit  der  er  sich  um  die  Förderung  der 
altprovenzalischen  Studien  ein  bedeutendes  Verdienst  erworben  hat, 
meinerseits  in  den  „Dichtungen  der  Trobadors"  einen  oder  wo- 
möglich mehrere  Bände  hinzuzufügen.  Was  ich  an  Texten  schon 
jetzt  fertig  liegen  habe,  und  das,  was  künftig  noch  hinzukommt, 
gedenke  ich  darin  allmählich  zugleich  mit  Übersetzung  und  Kom- 
mentar der  Öffentlichkeit  zu  übergeben.  Gelegentlich  sollen  auch 
Gedichte,  die  schon  anderweit  ediert  worden  sind,  aus  etwa  noch 
unbenutzten  Handschriften  ergänzt  und  berichtigt  werden.  Einige 
Lieder,  deren  Veröffentlichung  inzwischen  von  anderer  Seite  für 
bald  oder  später  angekündigt  wurde,  habe  ich,  soweit  die  Texte 
durch  mich  bereits  ganz  fertiggemacht  waren,  doch  bringen  zu 
sollen  geglaubt;  andere  aber,  deren  Wiederherstellung  zurzeit  noch 
nicht  abgeschlossen  ist,  habe  ich  bis  auf  weiteres  zurückgestellt. 

Bei  der  Art  des  Entstehens  dieser  Sammlung  kann  die 
Reihenfolge  der  Dichtungen  immer  nur  eine  mehr  zufällige 
sein;  öfters  werden  freilich  mehrere  Erzeugnisse  eines  und  des- 
selben Dichters  aufeinander  folgen. 

Kolsen,    Dichtungen  der  Trobadors.  I 


Es  wird  beabsichtigt,  insofern  die  Verhältnisse  das  gestatten, 
von  Zeit  zu  Zeit  in  sich  abgeschlossene  und  auch  einzeln 
erhältliche  Hefte  von  je  fünf  Bogen  erscheinen  zu  lassen. 
Fünf  solcher  Lieferungen  sollen  dann  einen  Band  mit  den 
üblichen  Registern  bilden. 

Ich  hoffe,  dafs  das  nicht  ohne  Schwierigkeit  ins  Werk  ge- 
setzte Unternehmen  bei  den  Liebhabern  der  provenzalischen  Sprache 
und  Literatur  dieselbe  freundliche  Aufnahme  finden  möge  wie  der 
erste  Teil  meiner  Giraut- Ausgabe,  deren  zweiter  Teil  voraus- 
sichtlich nicht  allzu  lange  nach  Beendigung  des  Krieges  er- 
scheinen   wird. 

Berlin  W.  30,  den  25.  Juni  1916. 

Adolf  Kolsen. 


1. 
Gaucelm  Faidit, 

Ges  ncrm  tuelh  (Gr.  167,  29). 


,480(226),  C61  (MG.  466),  Z?34,  .ff  14  (MG.  467),  «156 
(Rlr.  44,  515).  —  Text  und  Orthographie  nach  C. 

Strophenfolge  :i    23456-46?«. 
1    3    5    2    4    6    i?.i 
1423  D. 

Die  fünf  Hss.,  in  denen  sich  das  Gedicht  findet,  zerfallen  in 
die  Gruppen  A  C  a  und  D  R.  Den  Anlafs  zu  dieser  Einteilung 
bietet  aufser  der  Strophenfolge  der  v.  40,  wo  es  sich  um  me :  Präsens 
von  menar  und  nicht  wie  bei  D  R  um  das  v.  18  schon  im  Reime 
stehende  Pronomen  handelt,  sowie  v.  14  u.  36  mit  ihren  Varianten. 
D  allein  entbehrt  der  Str.  V  u.  VI,  und  es  weist  erhebliche  Fehler 
auf  in  v.  27  mit  dem  bereits  in  v.  14  vorhandenen  Reimwort  rete, 
in  v.  31  mit  dem  aus  v.  5  wiederholten  ve  =  venu  und  in  v.  49 
mit  chantadors.  R  ist  noch  in  v.  6  und  62  fehlerhaft.  D  hat  mit 
a  in  v.  18,  R  mit  A  in  v.  8  für  die  Feststellung  ihrer  Verwandt- 
schaft weniger  wichtige  Fehler  gemeinsam.  A  zeigt  an  anderer 
Stelle  des  Gedichtes  verwendete  Reimwörter  in  v.  5  (ave,  v.  53) 
und  in  v.  25  (amor,  v.  64).  Fast  tadellos  ist  allein  Hs.  C,  die  ich 
denn  auch  dem  Texte  zugrunde  lege. 

Das  Gedicht,  eine  Kanzone,  besteht  aus  5  dreizehnzeiligen 
coblas  unissonans  und  einer  sechszeiligen  tornada.  Sein  Schema 
öabababaccdcdc  steht  als  unicnm  bei  Maus  unter  Nr.  247. 
Es  erscheinen  zweimal,  aber  immer  von  verschiedenem  Ursprung, 
die  Reimwörter  ve,  v.  5  „kommt"  und  v.  31  „sieht",  me,  v.  18 
„mich"  und  v.  40  „ich  führe",  und  apais  (v.  24  von  apaisser,  3.  P. 
sing.  ind.  praes.,  und  v.  47  von  apaissar,  3.  P.  sing.  conj.  praes.); 
im  Geleit  kehren  jays  aus  v.  9 ,  verqys  aus  v.  1 3  und  senhor  aus 
v.  36  im  Reime  wieder. 


1   Vielleicht  hat  der  Schreiber  von  R  oder  seiner  Vorlage  die  zuvor  auf 
einer  Seite  in   der  Anordnung     1     4 

2  5 

3  6 

geschriebenen  Strophen  nicht  zuerst  von  oben  nach  unten  kopiert,  sondern 
fälschlich  immer  auf  die  linke  die  rechtsstehende  Strophe  folgen  lassen,  so 
dafs  sich  diese  Reihenfolge  für  R  ergab. 

I* 


4  Nr.  i.     G.  Faidit, 

I.  Ges  no*m  tuelh  nrm  recre 

De  solatz  ni  de  chan 
Nrm  desconort  en  re 
Per  perda  ni  per  dan 
5     Ni,  quant  avers  mi  ve, 
No  m'en  do  joy  trop  gran; 
Qu'enaissi  s'esdeve. 
Pero  d'ir'e  d'esmays 
Sui  yssitz;  q'us  rics  jays 
10     De  midons,  cui  ador, 
Mi  ven  al  cor  e-m  nays 
Entiers,  ples  de  doussor, 
Fis,  valens  e  verays. 

IL  Hai,  quan  gen  mi  rete 

15     La  belha,  cuy  reblan, 

Quan  del  cor  mi  sove 

Qu'ilh  m'emblet  sospiran, 

Quan  alenet  vas  me, 

E  ma  bocha  bayan, 
20     E'l  cor  seguet  l'ale! 

Qu'ab  aital  gienh  lo*m  trays 

E  quar  aquelh  dous  bays 

M'ac  tan  doussa  sabor, 

La  belha,  que  m'apais, 
25     Fetz  m'apres  tän  d'onor 

Qu'anc  pueis  joys  no*m  sofrays. 

III.  Aquest  joys  mi  reve 

E  m'a  gitat  d'afan 
E'm  renovel'e'm  te, 
30     Don  m'esbaudey  chantan. 

I.  3  en]  de  Ä  4  perdas  Ra  5  auer  R  a;  men  ue  R,  maue  A 
6  men  ue  ioya  g.  R  7  Qen  aissim  D\  sendeue  A,  deue  D  8  desmai  AR 
9  essuz  D         12  E.]  Clars  e  D;    plen  R         13  Finz  a,  Fin  R;    ualen  R 

II.  14  A  Z>;  tan  g.  D  R  17  Que  m'e.  DA  18  a.  uos  D;  se  Da 
19  En  R;  baisan  ADRa  20  cors  AD  21  Ab  R\  lentrais  Aa 
22  aqels  D;  dos  R  23  dossa  R  24  qi  a,  cui  D  25  Fes  R,  Fei  a; 
damor  A         26  a.  p.  non  D\  sostris  a 

III.  27  ioi  D,  iays  R;  rete  D  28  girat  A  29  E  malegra  em  soste  D 
30  D.  mesbaudi  R,   Per  qem  conort  D 


Ges  no-m  tuelh   (Gr.  167,29). 

La  belha  sap  e  ve 
Que  mi  ni  mon  talan 
No  lueng  de  sa  merce 
Ni"m  cambi  ni'm  biays; 
35     Ans  quar  Amors  m'atrays 
A  tan  honrat  senhor, 
Li  fatz  fi  del  pantays, 
Don  m'a  fag  sofridor 
Manhs  jorns  e  manhs  essays. 

IV.  40     Per  Heys  am  joy  e  me, 

Que'l  sui  fis  merceyan, 
Quar  finamen  e  be 
Vai  sos  pretz  enansan 
E  l'onor,  qu'ilh  mante, 

45     E#l  gay  cortes  semblan 
Son  de  joi  e  cove 
Qu'amors  e  joys  l'apays, 
Et  es  tan  sos  cors  guays 
Que  l'auzelh  chantador 

50     S'en  alegron  pels  plays 
E  n'an  gaug  entre  lor 
.  E*n  fan  voutas  e  lays. 

V.  E  pos  aissi  s'ave 

Que'l  platz  que  m'honor  tan, 
55     Conques  m'a  per  jasse 
A  far  tot  son  coman; 
Quar  de  cor  e  de  fe 


31     Per  lo  ben  qem  ue    D  33    Nos  part  d.    D  34   camie    A, 

camgi  R,    uire  D  36    Ab  t.  h.   a,    Abitant  h.   A,    Tan  auinenz  D,    Tan 

auinen  R         37  111  perdon  les  esglais  D         38  Dom  ma  D         39  M.  j.  en  A, 
Lonc  temps  ab  D;    assais  ADRa 

IV.  40  am]  ai  D,  es  R;  ioys  R  a;  ab  me  D  R  41  Qeil  soi  fiz  a, 
Qiel  soplei  A,  Cui  soplei  DR  42  Q.  finamenz  £>,  Onradamen  R  43  son  D; 
e.]  ad  enan  ARa,  meilloran  D  44  Quel  be  quela  Ä,  E  lo  iois  qem  D 
45  gais  a,  seu  D  46  iois  e  c.  a,  leys  cay  ab  se  R  47  Qamor  a;  ioy  R 
48  son  DR;  iais  D,  gai  R  49  auzels  a;  chantadors  D  50  pel  R, 
per  Da         51   ioy  R,   iois  D;    lors  a         52  E  f.  D  a 

V.  fehlt   D  54   quem  onre   R,    que  monte  Aa  56   Per  f .   A  a 


VI. 


Nr.  I.     G.  Faidit, 

L'am  si  que  tan  ni  quan 
No  vir  alhors  mo  fre 

60     Nrm  desrenc  ni  m'eslays, 
E  si  per  estz  fals  brays, 
Que  fan  lausenjador, 
No's  camja  ni  s'irays, 
Pro  m'esta  miels  d'amor 

65     Qu'a  Floris  el  palays. 

Us  avinens,  rics  jays 
Fis,  Valens  e  verays 
A  n'Agout,  mo  senhor, 
Sobr'autres  tan  e  mays 
70     Cum  a  mais  de,  valor 
D'un  veir'us  rics  balays. 


58  si]  fi  a 
62  lauzengadors  R 

VI.    fehlt  D 
tans  C,    atretan    A  a 
uers  A ;    ric   A  C  R 


60  Ni'm]  Ni  A\    derenc  a  61  p.  est  CR,   pelz  a 

65  flori  A 

66  Un  auinen  R         67  Fiz  a,  Fin  R;   ualen  R        69  a. 
71    De  veirs   a,    Deuer   A,    Don  uey   R;     un  CR, 


I.  Trotz  Verlustes  und  Schadens  verzichte  ich  keineswegs  auf 
Kurzweil  und  Gesang  noch  verliere  ich  deshalb  irgendwie  den  Mut, 
und  anderseits  gerate  ich  vor  Freude  über  einen  Gewinn *  nicht 
aufser  mir;  so  ist  es  eben!2  Von  Kummer  und  Unruhe  bin  ich 
aber  erlöst;  denn  seitens  meiner  von  mir  angebeteten  Herrin  wird 
meinem  Herzen  eine  köstliche,  vollkommene,  höchst  angenehme, 
reine,  treffliche  und  wahrhafte  Freude  zuteil. 

II.  Ach,  mit  welcher  Freundlichkeit  nimmt  die  Schöne,  der 
ich  diene,  mich  auf,  wie  mufs  ich  daran  denken,  dafs  sie  mir,  dem 
schmachtenden  Liebhaber,  das  Herz  stahl,  als  sie,  meinen  Mund 
küssend,  mir  ihren  Atem  zuwehte  und  das  Herz  dem  Atem  folgte! 
Denn  so  listig  raubte  sie  es  mir,  und  da  mir  jener  süfse  Kufs  so 
süfs  schmeckte,  so  erwies  meine  schöne  Gönnerin  mir  hernach  soviel 
Ehre,  dafs  es  mir  seitdem  nie  an  Freude  fehlte. 

III.  Diese  Freude  erquickt  mich,  sie  hat  mich  von  Leid 
befreit,  macht  mich  jung  und  hält  mich  fest;  deshalb  erfreue  ich 
mich  am  Singen.  Die  Schöne  weifs  und  sieht,  dafs  ich  mich  und 
meine  Liebe  ihrem  Wohlwollen  nicht  entziehe,  auch  dafs  ich  nicht 


J)    „wenn  mir  Besitz  zukommt". 
2)    „denn  so  trifft  es  sich". 


Ges  no'm  tuelh   (Gr.  167,29).  7 

unbeständig  bin  und  nicht  auf  Abwege  gerate;  da  mich  die  Minne 
aber  einem  so  trefflichen  Gebieter  zuführte,  so  verzeihe  ich  ihr 
(der  Minne)  die  Pein,  die  sie  mich  oft  bei  vielen  Bemühungen  hat 
erdulden  lassen. 

IV.  Um  ihretwillen,  der  ich,  da  sie  mir  Gnade  erweist,  die 
Treue  halte,  bin  ich  lustig  und  vergnügt;  denn  da  sie  auf  Ehre 
hält,1  steigt  ihr  Wert  bis  zur  Vollkommenheit;  ihre  heiteren,  edlen 
Mienen  rühren  von  der  Lust  her,  und  es  gehört  sich,  dafs  Liebe 
und  Freude  sie  sättigen;  ihr  Körper  aber  ist  so  frisch,  dafs  die 
Singvögel  in  den  Hecken  ihr  Wohlgefallen  daran  finden,  und  sie 
freuen  sich  miteinander  über  sie  und  singen  von  ihr  ihre  mannig- 
fachen Lieder. 

V.  Und  da  es  sich  so  trifft,  dafs  es  ihr  beliebt  mich  zu  ehren, 
so  hat  sie  mich  für  immer  gewonnen,  ihr  in  allem  gehorsam  zu 
sein;  denn  ich  liebe  sie  so  herzlich  und  treu,  dafs  ich  mich 
durchaus  keiner  anderen  zuwende  noch  mich  vergesse  und  meinen 
Wünschen  die  Zügel  schiefsen  lasse,  und  wenn  sie  trotz  des  falschen 
Geschreis,  das  die  Verleumder  erheben,  nicht  wankelmütig  und 
ärgerlich  wird,  so  ergeht  es  mir  betreffs  der  Liebe  viel  besser,  als 
Floris  im  Palast. 

VI.  Herrn  Agout,  meinem  Gebieter,  geht  eine  angemessene, 
köstliche,  lautere,  treffliche  und  wahrhafte  Freude  so  sehr  und  mehr 
über  andere,  wie  ein  kostbarer  Bailasrubin  mehr  Wert  besitzt  als 
ein  Stück  Glas. 


Robert  Meyer,  Das  Leben  des  Trobadors  G.  Faidit,  S.  53, 
schliefst  aus  v.  24 — 26,  dieses  Lied  könne  sich  nur  auf  Jordana 
d'Ebrun  beziehen.  Ist  dem  so,  so  wäre  es  in  der  Zeit  von  1204 
bis  1206  entstanden,  nachdem  der  Dichter  Maria  von  Ventadorn 
als  Geliebte  aufgegeben  hatte  und  bevor  er  Margarida  d'Albusso 
zu  besingen  anfing. 

4.  per  hier  und  in  v.  61  „trotz";  s.  Tobler,  Verm.  Beitr.  22,  S.  26. 

18  —  21    zitiert  Raynouard  2,  84,  2. 

19.  Auch  in  Gr.  167,  53  I  (MW.  2,  90)  tut  der  Dichter  des 
von  der  Geliebten  erhaltenen  Kusses  Erwähnung  mit  den  Worten 
Lo  Jörn  que'm  retenc  baizan.  —  bayar  in  C  ist  =  baizar;  s.  Levy, 
Sw.  1,  1  19  b. 

20.  E-l  cor  segnet  Vale.  Soll  das  bedeuten,  sein  Herz  sei  dem 
zu  ihr  zurückgekehrten  Atem  gefolgt?  Oder  will  der  Dichter  sagen, 
durch  den  Kufs  sei  ihm  der  Atem  und  zugleich  das  Herz  von  der 
Dame  geraubt  worden?  Vgl.  die  Redensart  tolre  Valena  Appel, 
Chrest.,  St.  24,  24  und  tolre  sen  et  alena  Lex.  rom.  2,  84,  4. 

24.  „Die  Schöne,  die  mich  nährt"  ist  die,  die  mir  Gutes 
erweist,    die    mir   gewogen    ist,    die    Gönnerin.     So    bedeutet    russ. 


x)    „bei  der  Ehre,  die  sie  aufrechterhält". 


8  Nr.  i.     G.  Faidit,    Ges.  no'm  tuelh    (Gr.  167,29). 

KOpMHJieBfB  zunächst  „Ernährer,  Verpfleger",  und  dann  volkstümlich 
auch   „Wohltäter". 

2J.  revenir  „beleben,  stärken,  erquicken"  Sw.  7,  313,  10.  Über 
trans.  revenir  vgl.  ferner  Appel,  BVent.  S.  102  zu  v.  44. 

35.  Auch  für  afz.  ains  findet  sich  bei  Godefroy  die  Be- 
deutung „mais". 

36.  Dafs  senhor  „Gebieter"  auf  die  geliebte  Dame  bezogen 
werden  kann,  zeigt  nicht  nur  der  Versteckname  Senhor  (Bei  S), 
den  Giraut  von  Bornelh  seiner  Geliebten  gibt  (vgl.  G.  v.  B.,  Berlin 
1894,  S.  25),  sondern  auch  die  Stelle  in  der  Giraut-Ausgabe 
Nr.  36,  v.  99 ft. :  E,  pos  ?nos  Sobre-Totz  s'atrai  Vas  una  do?n?ia,  Va 
senhor,   Cui  prei'e  preza. 

37.  faire  fin  a  alcn  de  entspricht  dem  perdonar  alc.  re  a  alcu 
der  Hs.  D ;  s.  fin   „  accord,  paix "   in  Levys  Pet.  Dict. 

40.  vienar  joi  „jubeln,  jauchzen";  vgl.  m.  dol  „jammern,  klagen" 
Sw.  2,  266,  2. 

59  —  60  zitiert  Raynouard  5,  83a  und  übersetzt:  „Je  ne  tourne 
ailleurs  mon  frein  ni  m'ebranle  ni  m'elance".  Meines  Erachtens 
ist  hier  desrengar  „die  Schranken  überschreiten,  sich  vergessen", 
was  es  wohl  auch  in  Levys  Zitat,  Sw.  2,  107  b  (=  Sordel,  ed.  De 
Lollis  18,  31,  S.  174)  Peire  Gilhem,  vos  der r engatz  A  lei  d'otne  cui 
jois  non  platz  bedeuten  dürfte. 

61 — 66  hat  A.  Tobler  in  seinem  Vortrag  „Ein  Minnesänger 
der  Provence"  (Verm.  Beitr.  5,  140)  in  deutsche  Verse  gebracht, 
welche  lauten : 

„Wenn  der  Verleumder  Chor 

Und  ihrem  Lügenheer 

Sie  fest  verschliefst  ihr  Ohr, 

So  dank'  ich  Liebe  mehr 

Als  im  Palaste  Flor." 

Tobler  ist  der  Ansicht,  dafs  Gaucelm  hier,  am  Schlüsse  des  „sonst 
lauter  Seligkeit  atmenden  Gedichtes",  doch  fürchte,  die  Dame 
könnte  dem  Geschrei  der  Verleumder  Glauben  schenken  und  sich 
von  ihm  lossagen.  Aber  will  nicht  der  Dichter  auch  hier  seiner 
Überzeugung  von  der  steten  Treue  seiner  Geliebten  Ausdruck 
geben  ?  Er  meint  doch  wohl :  Wenn  sie  trotzdem  nicht  wankel- 
mütig wird  —  und  sie  wird  es  eben  nicht  werden!  — ,  so 
kann  er  zufrieden  sein.  Bei  dieser  Auffassung  schwindet  dann  auch 
der  Widerspruch  mit  den  von  Tobler  ebenda  bezeichneten,  die 
gilos  betreffenden  Versen  aus  Gaucelms  Gedicht  Pel  ?nessalgier 
(Gr.  167,  46;  MG.  492,  VI): 

Que  ja  non  er  que  per  [la]  lur  devinalha 
Bona  domna  lays  son  amic  coral. 

65.  Floris  el  palais.  Der  Dichter  spielt  auf  die  Sage  von  Flore 
und  Blancheflore  an;    er  vergleicht   sein  Glück    mit  dem  des  Flore 


Nr.  2.    Daude.de  Pradas,  El  temps  (fehlt  im  Gr.,  nun  =  124,9a).  9 

bei  seinem  endlichen  Wiedersehen  mit  seiner  Geliebten  im  Palaste 
des  Sultans  zu  Babylon.  Vgl.  dazu  Tobler  a.  a.  O.  und  Junker, 
Gesch.  d.  frz.  Lit.  §72. 

66  —  71.  Tobler  versteht  den  Inhalt  der  tornada  (S.  141)  so, 
dafs  der  Dichter  seinen  „freundlichen  Gönner  über  dessen 
Standesgenossen  stellt,  so  hoch  als  ein  Edelstein  über  ge- 
meinem Glase  stehe".  Der  nunmehr  hergestellte  kritische  Text 
läfst  aber  erkennen,  dafs  Gaucelms  Vergleich  wohl  eher  auf  die 
höheren  und  gemeineren  Freuden  zu   beziehen  ist. 

66  —  67   sind  =  v.  9  und   13. 

68.  Über  G.  Faidits  Gönner  Agout  s.  Diez,  L.  u.  W.2,  S.  305 
und  R.  Meyer,  G.  Faidit,  S.  46  f. 

71.  im  veire.  Der  unbestimmte  Artikel  bei  Stoffnamen  be- 
zeichnet einen  Teil  des  Stoffes;  vgl.  Diez,  Gramm.,  S.  784. 


2. 


Daude  de  Pradas, 

El  temps  (fehlt  im  Gr.,  nun  =  124,  9  a). 


A  \22  (350,  Arch.  33,462,  MG.  1050;  Daurde  depradas),  -Ö56 
(Deode  de  Pradas),  H  8  (26;  Deude  de  prades),  N  130  (MG.  1049; 
Deudes  de  prades),  a1  490  (239;  Vaude  de  Paradas).  — 

Nicht  benutzt:  C167,  E  121,  YJ/169,  i?3i.  —  Text  und 
Orthographie  nach  A. 

D  II N  haben  in  v.  22  nicht  la  clau,  sondern  D:  las  claa  und 
II N  das  schon  in  v.  19  vorkommende  Vesclan;  in  diesen  drei 
Hss.  steht  auch  in  v.  2 1  anf  statt  on ;  in  D II  heifst  es  in  v.  48 
tom  viatge  für  fai  (ten)  ton  v.  Diese  und  weitere  Abweichungen, 
wie  in  v.  2,  9,  12  und  31,  reichen  aber  für  eine  Gruppierung  der 
Hss.  kaum  aus.  Als  besonders  zuverlässig  erweist  sich  Hs.  A,  die 
denn  auch  dem  Texte  zugrunde  gelegt  ist. 

Das  Gedicht,  das  in  v.  48  chansos  genannt  wird,  umfafst  fünf 
neunzeilige  coblas  nnissonans  und  eine  dreizeilige  tornada.  Sein 
Schema  8abbaccdde^  findet  sich  bei  Maus  unter  Nr.  546,6.  — 
Zweimal  im  Reime  kommt  dolh  (doleo)  in  der  nämlichen  Bedeutung 
vor,  v.  30  und  39,  sowie  volh  v.  1,2  als  Subst.  (s.  d.  Anm.)  und 
v.  29  als  Verb. 


IO  Nr.  2.     Daude  de  Pradas, 

I.  El  temps  que'l  rossignols  s'esgau 

E  fai  sos  vers  sotz  lo  vert  fuoill 
Per  sa  pareilla,  qan  l'acuoill, 
N  •  om  laiss' Amors  estar  soau, 
5     Anz  vol  q'ieu  chant,  o  vuoill'o  no 
Cill  que  m'a  tengut  en  preiso 
Tant  longamen  c'apenas  sai 
Si  poirai  viure,  si'm  n'estrai, 
Que  mais  non  torn  en  son  estatge. 

IL  10     Ab  bei  semblan  et  ab  cor  brau 

A  tengut  eil,  cui  amar  suoill, 
Aissi  lonc  temps  mon  cor  en  vuoill 
Que  l'uoill  m'en  son  tornat  tot  blau. 
Totz  hom  q'en  amor  s'abando 
15     En  trop  ric  luoc,  sap  per  razo 
Cal  angoiss'a  ni  cal  mal  trai 
Qui  ama  so  que  no'ill  eschai, 
Si  merces  no'i  forssa  paratge. 

III.  De  Joi-Novel  segiei  l'esclau, 

20     Tro  fui  vengutz  a  son  capduoill, 
On  mi  mostret  tant  gran  orguoill, 
Cum  si  tengues  del  mon  la  clau. 
Del  covinen  mi  fetz  tenso, 
Cais  que  disses  enoia  pro, 
25     S'ab  pessamen  cortes  e  gai 
Vos  sai  donar  joi  et  esmai 
E-us  fatz  plazer  vostre  dampnatge! 


I.  I  AI  H;  rosignol  D  N  2  f.  s.  lais  D  H  N aS  3  parilla  D 
4  Non  H,  No  N;  las  D  H  5  eh.  vuoilla  (uoill  D)  A  D  H  6  Cel  N; 
preso  H  7  a  pena  H  8  Sim  H,  Sin  N;  poiria  D  H\  sen  H N;  m'e. 
DHN        9  ostatge  AD  H 

II.  ioAa1  11  cel  AD  HN  12  Asi  D  H\  m.  c.  1.  t.  D  H  Na1; 
e  duoil  D  13  Qeil  li  oeill  a1;  me  s.  Rayn,,  Lex.  2,  226  a;  tuig  a> 
14  amar  al  15  E  D;  louc  N,  leuc  D  16  engoissa  ni  H,  engoxa  ni  D; 
t.  fehlt  D         17  non  e.  al         18  m.]  amors  N 

III.  19  D  a1;  segue  D  20  Truep  a1;  sui  Ha1;  uengut  H  21  Anc 
mi  DHN  22  Co  H,  Cho  D;  läse.  D,  lesclau  HN  23  De  Na*; 
couinet  H\  fes  H N;  tezon  D,  renson  al  24  Caix  D  H,  Cainz  A;  e  no 
i  a  p.  D,   e.  me  pron  a1         25  Sap  D  N 


El  temps  (fehlt  im  Gr  ,  nun  =  134,  9  a). 

IV.  En  greu  pantais  viu  et  estau 

E  res  no  m'aven  de  qant  vuoill 
30     Ni  garir  d'aiso  don  mi  duoill 

Non  puosc,  s'a  Bel-Desir  non  vau 
Qerre  capteing  contra  leo 
Qe*s  fiza  tant  en  sa  faisso 
Que  so  que 's  vol  fai  e  desfai, 
35     E  trob  l'ancse  de  pejor  plai 

On  plus  li  sui  de  franc  coratge. 

V.  Ab  tal  agur  intrei  e  nau 

Lo  jorn  qe*m  mostreron  miei  huoill 
Una  falsa  ren,  don  mi  duoill; 

40     Que  d'amor  muor  e  si  m'en  lau? 
Anz  mais  hom  tant  marritz  no*n  fo. 
C'autras  no  m'ant  ni  mieus  non  so, 
E  puois  autre  ni  ieu  no  m'ai, 
Ben  pot  saber  ,no  m'aura  maü' 

45     Cill  que  no  volc  mon  homenatge. 

VI.  A  mon  amic,  vas  cui  s'atrai 
Pretz  e  valors  en  tot  cant  fai, 
Chanssos,  ten  ton  primier  viatge! 


1 1 


IV.  29  Et  ies  non  a.  a1  30  guerrir  a1  31  sab  a1;  des  D\  non 
au  D  N  ax  32  conlral  1.  Na1  33  Quis  II  N,  Qeis  A;  en  la  D 
34  queis  A,  que  Na1,  qel  H;  faire  e  D  35  lance  D  II  36  li  fui  H, 
li  fai   D 

V.  37  augur  H,  aguir  N;  entrei  D;  enau  Na1,  en  au«//,  enan  D 
38  ne  oill  D  39  A  ma  f.  al ;  dun  me  H  40  damors  N;  muor  fehlt  D 
41  Anc  AD  Na1;  on  t.  a1;  non  fo  fehlt  al  42  Ca.  non  man  ne  meu  D, 
Caltre  no  ma  ni  m.  N,  Cautres  non  am  ne  m.  H,  fehlt  al  43  autres  a1, 
altra  N         44  Bern  D         45  Sil  D;    uol  N\    omanaie  N 

VI.  46  ue  cui  al  47  ualor  N;  e  t.  D  II N  48  t.  t.]  fai  t.  A, 
torn  D  H 


I.  Zu  der  Zeit,  wo  die  Nachtigall  vergnügt  ist  und  das 
Männchen  unter  dem  grünen  Laub  für  sein  Weibchen,  wenn  es 
ihn  bei  sich  aufnimmt,  seine  Lieder  singt,  läfst  Minne  mich  nicht 
still  sein,  vielmehr  will  sie,  dafs  ich  singe,  gleichgültig,  ob  diejenige 
es  wünscht  oder  nicht,  welche  mich  so  lange  in  der  Haft  gehalten 
hat,    dafs  ich    kaum  weifs,    ob  ich  werde    leben   können,    wenn  sie 


12  Nr.  2.     Daude  de  Pradas, 

mich    daraus    wegnimmt    (aus    ihrer   Gefangenschaft   entläfst),    ohne 
dafs  ich  je  in  ihr  Heim  zurückkehren  darf. 

IL  Mit  schöner  Miene  und  mit  rauhem  Herzen  hat  die,  die 
ich  zu  lieben  pflegte,  mein  Herz  lange  Zeit  derartig  beherrscht,  dafs 
meine  Augen  davon  ganz  schlecht  geworden  sind.  Jeder,  der  in 
der  Liebe  etwa  zu  hoch  hinaus  will,  macht  natürlich  die  Erfahrung, 
was  für  Angst  und  Leid  derjenige  aussteht,  der  etwas  liebt,  was 
ihm  nicht  zukommt,  wenn  da  die  Herzensgüte  nicht  mehr  Einflufs 
hat  als  die  hohe  Abkunft. 

III.  Der  Spur  Joi-Novels  folgte  ich,  bis  ich  an  ihre  Burg 
kam,  wo  sie  mir  gegenüber  einen  so  grofsen  Hochmut  bewies,  wie 
wenn  die  ganze  Welt  ihr  gehörte.  Hinsichtlich  des  Übereinkommens 
machte  sie  mir  Streit,  als  spräche  ich  viel  Ärgerliches,  wo  ich  doch 
jedem  („wenn  ich  euch")  mit  artigem  und  frohem  Denken  Lust  zu 
verschaffen  und  das  Gemüt  zu  rühren  weifs  und  ihm  seinen  Schaden 
zur  Annehmlichkeit  mache ! 

IV.  Ich  lebe  beständig  in  arger  Unruhe;  nichts  wird  mir  von 
dem  zuteil,  was  ich  wünsche,  und  ich  kann  von  dem  Schmerze, 
den  ich  empfinde,  nicht  genesen,  wenn  ich  nicht  bei  Bel-Desir 
Schutz  suche  gegen  einen  Löwen,  der  so  auf  seine  Art  vertraut, 
dafs  er,  was  er  will,  macht  und  (wieder)  vernichtet,  und  ich  finde, 
dafs  sie  ihr  Versprechen  immer  weniger  hält,  je  edelmütiger  ich 
mich  ihr  gegenüber  benehme. 

V.  Zu  meinem  Unglück  („mit  solchem  Geschick")  bestieg  ich 
damals  das  Schiff,  als  mir  meine  Augen  ein  falsches  Wesen  zeigten, 
worüber  ich  betrübt  bin;  denn  an  der  Liebe  sterbe  ich,  —  und 
doch  bin  ich  mit  ihr  zufrieden?  Im  Gegenteil,  nie  war  jemand 
ihretwegen  so  traurig;  andere  (Damen)  nämlich  besitzen  mich  nicht, 
und  ich  gehöre  mir  selbst  nicht  an,  und  da  niemand  anders  mich 
besitzt  und  ich  mich  nicht  besitze,  so  kann  die,  die  meine  Huldigung 
verschmähte,  wohl  wissen :  Niemals  wird  sie  mich  bekommen ! 

VI.  Lied,  deine  erste  Reise  mache  zu  meinem  Freunde,  dem 
bei  allem,  was  er  tut,  Wert  und  Tüchtigkeit  innewohnt! 


2.  vers.  Auch  lat.  versus  (Plur.)  findet  sich,  z.  B.  Plin.  io,  83 
(Georges),  für  den  Gesang  der  Nachtigall  verwendet. 

10.  Ähnlich  klagt  G.  de  Bornelh,  Nr.  31,  nachdem  er  in  Str.  I 
der  Minne  ihren  „  trügerischen  Schein "  vorgeworfen  hat,  in  Str.  II 
über  die  üblen  Wirkungen  der  „schönen  Miene"  seiner  allzu  vor- 
nehmen Herrin:  Ab  bei  semblan  nie  fai  voler  Midons  so  que  plus 
me  defen. 

12.  vuoill  (Subst.),  Nebenform  von  vol,  ist  noch  nicht  belegt; 
weiterhin,  in  Nr.  5,  26,  hat  auch  al:  non  ha  tal  voill;  afz.  vueil  s. 
bei  Godefroy. 

13  zitiert  Raynouard  2,  226  s.  v.  blau  „ livide",  wobei  es 
geschah,    dafs   das  Zitat  mit  einem  Beispiele  aus  P.  d'Alvernhe  zu- 


El  temps  (fehlt  im  Gr.,  nun  =  124,  9  a).  13 

sammenflofs,  so  dafs  Raynouard  Daudes  Gedicht  da  ebenso  überging 
wie  Bartsch  im  Grundrifs.  —  Die  Bedeutung  „  mauvais "  findet  sich 
für  blau  in  Levys  Pet.  Dict.  „Schlecht"  sind  des  Dichters  Augen 
wohl  vom  vielen  Weinen  geworden ;  vgl.  z.  B.  BVent.  (ed.  Appel), 
Nr.  31,19  Del  cor  sospir  e  dels  olhs  plor,  Car  tan  Vam  eu,  per  que  i  ai  dan. 

18.  Si  merces  no-  i  forssa  paralge.  Diese  Bedingung  wird  z.B. 
durch  Pistoletas  Dame  erfüllt,  die,  nach  Ged.  I,  12  der  Ausgabe 
von  Niestroy,  a  tant  de  cortesia  C'tmelilalz  tempra  sa  gran  ricor 
E'ill  toill  orgoilh. 

19  zitiert  Raynouard  3,  150b  und  übersetzt:  Je  suivis  la  trace 
de  joie  nouvelle;  aber  Bergert,  Damen,  S.  121  weist  nach,  dafs  es 
sich  hier  um  den  Verstecknamen  handelt,  dessen  sich  Daude  auch 
im  Geleit  von  Gr.  124,  13  bedient,  indem  er  seine  Dame  Bels  Jois- 
Novels  anredet.  Von  J.-N.  und  ihrem  Schlosse  spricht  Daude  auch 
in  Gr.  124,  10I  (a1  Nr.  235):  E'  l  plazers  mou  de  bon  esper  E'l  bons 
espers  de  J oi-Novel  E'l  jois  novels  de  tal  castel,  QiCieu  non  vueill 
dir  mas  a  rescos  A  cels  cui  amors  ten  joios. 

22.  teuer  la  clau  bedeutet  nach  Stoessel,  Bilder  S.  29  Nr.  130 
„in  der  Lage  sein,  jd.  den  Zugang  zu  etwas  zu  eröffnen";  aber  an 
unserer  Stelle  und  in  Stoefsels  eigenem  Beispiel  escarsetatz  ten  las 
claus  dels  barons  wird  die  Redensart  noch  besser  durch  „  besitzen, 
beherrschen"   wiederzugeben  sein. 

23  bedeutet,  dafs  die  Dame  Ausreden  machte  und  Beschul- 
digungen erfand,  da  sie  dem  Dichter  ihr  früher  gegebenes  Ver- 
sprechen nicht  halten  wollte. 

26.  esmaiy  eigentlich  „Aufregung",  steht  hier  neben  joi  doch 
wohl  im  guten  Sinne  von  „Anregung",  in  dem  ich  das  Wort  aber 
nirgend  nachgewiesen  finde.  Oder  sollte  joi  per  esmai  das  Ur- 
sprüngliche sein? 

30 — 34  zitiert  Bergert,  S.  115,  Anm.  3;  er  möchte  in  Bel-Dezir 
eher  einen  Freund  oder  Gönner  des  Dichters  sehen  als  eine  Dame 
und  erinnert  hinsichtlich  des  Vergleiches  der  Dame  mit  einem 
Löwen  an  Daudes  Gedicht  Gr.  124,3  IV >  wo  er  sicn  m^  dem 
zitternden  Vöglein  und  die  Geliebte  mit  dem  hoch  in  die  Lüfte 
steigenden  Adler  vergleicht.  Schon  in  Str.  III  sagt  er:  Eu  nC  esper  t 
tot  cum  fesparviers,  Que  non  a  ni  forsa  ni  sen,  Qan  poders  d'aigla'l 
sobrepren.  So  wird  wohl  mit  leo  doch  die  Herrin  gemeint  sein  und 
nicht  Leon  (in  Spanien),  woran  Bergert  auch  gedacht  hat. 

35.  de  mal  plai  „der  einer  Abmachung  nicht  nachkommt,  der 
sein  Versprechen  nicht   hält",   Sw.  6,  334,  8. 

35,  36.  Dem  entspricht  Daudes  Äufserung  in  Gr.  124,7  HI 
(bei  Appel,  B.  Vent.  S.  320,  v.  23):  on  plus  ieu  vas  lieis  ni'atur, 
Et  ill  vieins  vas  mi  s'alura. 

37.  Ab  tal  agur  „-mit  solcher  (d.  h.  so  übler)  Vorbedeutung" 
sagt  der  Dichter  von  seinem  gegenwärtigen  Standpunkt  aus. 

43.  Epuois  autre  ni  ieu  no  m'ai.  Die  Konstruktion  ist  ungenau, 
und  es  ist  nach  autre  noch  no  ma  zu  ergänzen. 


14  Nr.  3.     Prebost  u.  Savaric, 


3. 


Prebost  de  Valensa  und  Savaric  de  Mauleon, 

Savaric,  e'us  deman  (Gr.  384, 1  ==  432,3). 


^187(535),  Z>205,  G  99  (S.  318;  Arch.  32,418),  0(128), 
R  34  (MG.  1131).  —  Raynouard,  Ch.  5,366  und  MW.  2,  146  geben 
nur  Str.  I  und  VII  und  v.  57 — 61    (nach  R). 

Nicht  benutzt:  C 1 K L{i.%2)  N T a.  —  Text  nach  D  O,  Ortho- 
graphie nach  A. 

In  v.  28  trennen  sich  A  G  von  D  O  R,  indem  sie  da  das 
zwei  Verse  später  erscheinende  Reimwort  coman  statt  man  einführen, 
wodurch  bei  ihnen  der  Vers  noch  um  eine  Silbe  zu  lang  wird ; 
in  v.  83  sind  sicherlich  D  G  0  mit  escan  im  Rechte  gegenüber  A  R, 
ebenso  sind  diese  Hss.  in  v.  32,  39  und  60  vorzuziehen ;  in  v.  55 
und  69  haben  wiederum  A  D  O  eine  annehmbarere  Lesart  als  G  R. 
Immer  gehören  aber  D  O  zu  den  besseren  Hss.  —  A  ist  noch 
fehlerhaft  in  v.  25  und  26,  G  in  v.  21  und  38,  R  in  v.  8,  14, 
38,  41,  62,  81  und  82.  In  O  hat  wohl  ein  prüder  Schreiber  den 
v.  52  wegen  des  jazer  unterdrückt.  An  D  ist  nichts  Erhebliches 
auszusetzen. 

Das  Gedicht,  eine  Tenzone  (Partimen),  besteht  aus  sechs 
vierzehnzeiligen  coblas  unissonans,  sowie  einem  sechszeiligen  und 
einem  zweizeiligen  Geleit.  Das  Schema  öaabbaa  iocw  ;c^ 
ddcwc^aa  ist  bei  Maus,  Nr.  122,  falsch  aufgestellt;  er  hat  über- 
sehen, dafs  c  weiblich  ist,  und  ist  durch  das  pregan  der  Hs.  in  v.  4 
und  an  in  v.  2 1  verleitet  worden,  den  Zehnsilbler  in  4  a  -f-  7  c  (statt 
6cw)  zu  zerlegen.  Savaric  verwendet  aman  zweimal  im  Reime, 
v.  25  als  Subst.  und  v.  55  als  Gerundium,  sowie  plazer  v.  51  und 
im  Geleit  v.  86,  auch  tan  v.  76  und  im  Geleit  v.  91;  an  in  v.  48 
ist  bei  ihm  „sie  haben",  während  es  beim  Prevot  zweimal,  v.  14 
und  42,  als  „er  (es)  gehe"  begegnet.  Der  Prevot  wiederholt  aufser- 
dem  sia  und  ver  aus  der   1.  Str.  in   der   1.  Torn. 


I.  Savaric,  e'us  deman 

Qe'm  digatz  en  chantan 
D'un  cavallier  valen, 
Q'a  preiat  longamen 
5  Una  dompna  prezan, 

Et  ill  met  Ten  soan, 

I.     1   Sauarics   G,   En  5.  Ä         2  Que  diatz  R         3  cauayer  R         4  p.] 
amal  R         5  pian  G         6  Et  al  mes  en  R 


20 


25 


III. 


3o 


Savaric,  e  ■  us  deman   (Gr.  384,  1  =  432,  3). 

Puois  prega  n'autra,  q'esdeven  s'amia 
E  dona'il  jorn  c'ab  lieis  sia 
Per  penre  tot  son  voler; 
E  qand  l'autra'n  sap  lo  ver, 
Manda#il  q'aqel  mezeis  dia 
Li  dara'l  joi,  qe'il  qeria. 
D'engal  pretz  e  d'un  semblan 
Son,  e  chauzetz  a  cal  an. 

Prebost,  li  fin  aman 
Non  van  lor  cor  camjan, 
Anz  amon  leialmen ; 
Si  tot  si  fant  parven 
Canon  aillors  preian, 
Ges  per  tant  no's  partran 
De  lai  on  an  assis  lor  drudaria, 
Car  ges  per  una  fadia 
No*n  deu  hom  son  cor  mover, 
Anz  atenda'l  bon  esper 
De  lieis  q'en  car  se  tenia. 
Lai  se  prend'e  teingna  via, 
Qu'eu  non  pens  q'ella  l'engan, 
Pois  er  vengutz  a  son  man. 

Seigner,  et  aura'i  dan, 
S'ella,  q'a  son  coman, 
L'a  trobat  avinen 
Ni  n'intra  son  coven 


15 


7    endeuen    G  R  8    Eil  dona  j.    0;       E   mandal  j.   cam   1.  uaza    R 

9  P.  faire  t.  G;  ualer  O  10  Mas  q.  l'autra  s.  O  1 1  qe  a.  metes  d.  G, 
a.  mezeis  d.  O,  ca  leys  (=  l'eys)  a.  d.  R,  qez  en  a.  d.  AD  12  dara  j.  qal 
iria  O,     dara  so  quel  querria   R  13   duna  s.   G  14  Sone  eh.   D,     S. 

eschauzetz   O,    Son   G;    a  talan    R 

II.  15  Perbost  ADR;  ayman  R  16  Nonä  G;  lo  c.  A  D  0  17  Des- 
aman  1.  R  19  Qamö  G  20  p.  cho  G,  fehlt  R;  nous  G,  nois  A;  parca  R 
21  Della  on  Z>;  a.  a.  lo  cor  per  d.  G  22  faidia  G  24  b.]  o  O  25  que 
c.  R;  si  O,  lo  A  26  Lais  e  prende  t.  v.  R,  Lai  p.  e  lai  t.  (teing  ma  A)  v.  A  D, 
El  autra  uoil  t.  v.  0,  Chausis  q  uoill  an  v.  G  27  p.]  cuich  G,  cre  R 
28  Desqer  v.  al  seu  G\   m.]  coman  A  G 

III.  29  S.  eu  aurai  O  30  Cella  A  31  La  trobada  a.  A,  Atroba 
d'a.  R  32  Ni  mtraill  s.  G,  Ne  mintral  s.  D,  Ne  uira  (urspr.  uinra)  s.  O,  Ni 
noil  quier  s.  A,   Nis  met  en  s.  R 


l6  Nr.  3.     Prebost  u.  Savaric, 

Per  so  car  l'am'e  blan! 
Ben  aura  sen  d'enfan, 

35     S'a  lieis  non  vai,  q'en  grat  lo  retenia, 
E  lais  lieis  que  l'aucizia; 
C'anc  jorn  no'il  volc  pro  tener 
Ni'l  plac  sos  precs  retener. 
Mas  ar  qand  ve  que  viuria 

40  Sens  lieis,  mor  de  gelosia 

E  per  als  no'il  vai  mandan 
Mas  car  no-n  vol  que  ben  l'an. 

IV.  Dompn'ab  leugier  talan 
Non  ama  tan  ni  qan, 

45  Prebost,  ni  non  enten 

Que  puosc'aver  gran  sen. 
Car  ges  dompnas  non  fan 
So  c'om  vol,  tro  que  an 
Conogut  c'om  las  ama  ses  bausia; 
50  Mas  cella,  c'amors  non  lia, 

Vol  a  totz  faire  plazer 
E  promet  tost  lo  jazer, 
Per  qe'm  pes,  s'autre  venia, 
C'atressi  lo*s  colgaria, 
55  Et  es  mieills  c'om  moir'aman 

C'aia  lieis,  don  tuich  l'auran. 

V.  Seigner,  amor  desfan 
Dompnas,  que  vant  loignan 


33    car]  que    R;    el  ADGOR  34    auran  cen    D  35    Si  a    R; 

lo  tenia  R  36  lausezia  D  37  j.  fehlt  G  38  pl.]u.olcÄ;  r.]  pmaner  G, 
obezir  R  39  qar  G,  sap  D,  saup  AR  40  Ela  m.  d.  g.  R,  Mor  tota  de 
ieloria  O  41  Que  p.  A  D  G\  &\DG;  ua  demandan  R  42  M.  qe  0;  no 
v.  D  OR,   n  uoil  G 

IV.  43  al.  G;  telan  0  45  Perbost  A  46  gräz  G;  cen  D  49  c'om] 
son  G,  sesenian  com  R\  am  ADR;  senes  A  D  5oMa^4;  celas  G  51  V. 
farat.lurp.  R  52  fehlt  0;  t.]leu  R;  gazer  D  53  qe-m]  quieu  R;  pens  A, 
cre  R;  sautrei  A,  si  autre  R,  sautretan  G  54  Ca.]  Caysi  leu  R,  Qaitan  leu  G; 
lois  A,  lo  O,  la  G  55  Euoill  (Doncx  ual  R)  mais  morir  a.  G  R  56  Cauer  R, 
Qa  0,  Calom  D;    tot  D,  trach  O;   auran  A  D  R,  auan  O 

V.  57  amors  R;   de  fan  O         58  qes  uai  G;   1.  fehlt  O 


Savaric,  cus  deman   (Gr.  384, 1  =  432,  3).  17 

Lor  don  e  prometen; 
60  Car  qui  dona  breumen, 

Fai  son  don  aut  e  gran; 
Q'us  dos  val  atretan 
Com  dona  tost  cum  cel  c'om  loignaria, 
Pois  la  sazos  passaria. 
65  Car  dos  non  pot  tant  valer 

Cum  qand  hom  lo  vol  aver, 
E  vos  tenetz  a  foillia 
So  c'om  plus  grazir  deuria; 
Que  sen  fai,  qand  don'avan 
70  Dompna  c'om  n'auja'l  masan. 

VI.  Prebost,  li  dur  afan 

E'il  greu  maltraich  pesan, 
C'ai  sofert,  e"il  tormen 
Mi  serion  plazen, 
75  Si*m  trameti'un  gan 

Ma  dompn'e#m  mandes  tan 
C'una  vetz,  anz  que  moris,  la  veiria; 
Q'a  son  mandamen  iria 
O  de  maitin  o  de  ser, 
80  Per  c'ab  leis  vuoil  remaner 

Per  cui  sai  que  m'avenria, 
Si  joi  per  amor  avia. 
Mas  mi  art  e  lieis  escan 
Amors  e  muor  sofertan. 


59  L.  desO;  nip.  R  60  E  qui  A,  May  qil  R ;  döna  G  61  Faissond.  D\ 
aud  G  62  Cun  D,  Cum  7?;  donZ>Ä;  v.]costa^;  alrestan  G,  .m.  no  fan  R 
63  Com  t.  d.  con  cel  O,  Qil  d.  leu  de  sei  R;  loncharia  R  64  P.  s.  O,  Uay  quel 
sazon  R  65  Quel  don  R;  nop.v.  G  66  Co  R,  fehlt  G  67  tenes  D  68  p.] 
mays  R  69  Q.  cen  f.  D,  Qesil  fai  G,  De  donas  R;  döna  uan  D,  uan  a.  R  70  Can 
suffert  lur  m.  R 

VI.  72  Cil  O;  maltraiz  G;  pian  G,  prezen  O  73  el  tortom  G,  eil  t.  O,  lon- 
iamen  R  74  Men  O  75  Sim  prometia  un  O,  Ab  quelam  des  son  R  76  Midons  R; 
en  mädos  t.  G,  om  disses  t.  O,  o  quem  des  t.  R  77  Ans  q.  m.  u.  v.  la  uezia  R,  Per 
euna  v.  saubes  qanz  qe  morria  O  78  A  s.  m.  seria  R,  Per  amor  qellam  faria  ADG 
79Dematrao<7  80  Car  a.  1.  0,  P.  cab  A,  Ab  ela  R  81  P.  qe  O;  Abmabela 
dossamia./?  82  Joissid'a.  lauia  O,  Cara.no  febauziai?  83  Ans  R;  eilhespan^?, 
e  1.  non  blan  A        84  e]  don  O;    m.]  uai  A;    s.]  deziran  O 

Kolsen,   Dichtungen  der  Trobadors.  2 


1.8  Nr.  3.     Prebost  u.  Savaric, 

VII.  85  Seigner,  d'aisso  jutge'l  ver 

Na  Guillelm'a  son  plazer 
De  Benaug'e  na  Maria 
De  Ventadorn  vuoill  qu'i  sia 
E'il  dompna  de  Monferran; 
90  Qe  las  tres  son  ses  engan. 

VIII.  Prebost,  d'amor  sabon  tan 
Qu'eu  n'autrei  so  q'en  diran. 

VII.  85  daison  digal  D,  d'a.  digal  A  O,  iutge  nö  lo  R  86  Guilha'n 
s.  Mahn,  guilh'a  s.  R,  guillerma  s.  O,  guillma  al  seu  G  87  ben  aut  R, 
Benaut  Mahn,  ben  aug  AD,  ben  naug  O,  ben  auza  G\  en  M.  D  88  Del  G\ 
uentador  DG,  uentedorn  A\  quey  s.  R,  q  s.  O,  qaeil  s.  D,  abqe  issia  G 
89  Ladona  G,  Ladona  R\  moferan  G,  mon  ferrat  R  90  Qellas  t.  A  D, 
Ca  bon  pretz  R;    son  dun  senblan  A  D,   ses  tot  e.  R 

VIII.  91  Perbost  A         92  Quieu  a.  R 


I.  Savaric,  sagt  mir  gefälligst  dichtend  eure  Meinung  betreffs 
eines  wackeren  Ritters:  Er  hat  lange  um  eine  treffliche  Dame  ge- 
worben, die  ihn  aber  verschmäht,  bittet  dann  infolgedessen  eine 
andere  um  ihre  Liebe,  die  nun  seine  Geliebte  wird  und  ihm  den 
Tag  angibt,  wo  er  mit  ihr  zusammenkommen  soll,  um  alles  zu 
empfangen,  was  er  wünscht;  als  jene  aber  den  wahren  Sachverhalt 
erfährt,  läfst  sie  ihm  sagen,  sie  wolle  ihm  an  demselben  Tage  die 
Freude  bereiten,  um  die  er  sie  zu  bitten  pflegte.  Sie  sind  von 
gleichem  Wert  und  gleicher  Art;  nun  wählet,  zu  welcher  er 
gehen  soll. 

IL  Prevot,  die  wahren  Liebhaber  ändern  ihr  Herz  nicht, 
sondern  sie  lieben  aufrichtig;  wenn  sie  sich  auch  den  Anschein 
geben,  als  werben  sie  um  eine  andere,  werden  sie  sich  dennoch 
von  jener  keineswegs  trennen,  der  sie  ihre  Liebe  gewidmet  haben, 
denn  um  einer  Enttäuschung  willen  soll  man  sein  Herz  durchaus 
nicht  von  ihr  abwenden,  sondern  man  erwarte  die  gute  Aussicht 
auf  die,  welche  sich  zurückhielt.  An  sie  möge  er  sich  halten  und 
zu  ihr  begebe  er  sich;  glaube  ich  doch  nicht,  dafs  sie  ihn  täuscht, 
wenn  er  auf  ihre  Aufforderung  hin  zu  ihr  gekommen  ist 

III.  Herr,  es  wird  ihr  aber  zum  Schaden  gereichen,  wenn  sie, 
welche  ihn  beherrscht,  ihn  liebenswürdig  fand  und  trotz  seiner 
Liebe  und  Freundlichkeit  die  Übereinkunft  mit  ihm  nicht  innehält! 
Kindisch  wird  er  wohl  handeln,  wenn  er  nicht  zu  der  geht,  die 
ihn  nach  Wunsch  gütig  bei  sich  aufnahm,  die  aber  gebe  er  auf, 
die  ihn  quälte ;  denn  sie  hatte  niemals  die  Absicht,  ihm  zu  nützen, 


Savaric,  e'us  deman   (Gr.  384,  i  =432,3).  1-9 

noch  beliebte  es  ihr,  seiner  Bitten  zu  gedenken.  Nun  aber,  da  sie 
einsieht,  dafs  er  auch  ohne  sie  leben  würde,  stirbt  sie  vor  Eifer- 
sucht und  sendet  ihm  ihre  Aufforderung  nur,  weil  sie  nicht  will, 
dafs  er  sich  jener  erfreue  („dafs  es  ihm  hinsichtlich  jener  nach 
Wunsch  ergehe"). 

IV.  Prevot,  eine  flatterhafte  Dame  hat  gar  keine  Anhänglich- 
keit und  versteht  nicht,  dafs  diese  (die  A.)  grofsen  Sinn  hätte. 
Edle  Damen  erfüllen  einem  den  Wunsch  nämlich  erst,  wenn  sie 
erkannt  haben,  dafs  man  sie  ohne  Falsch  liebe;  aber  diejenige, 
welche  die  Liebe  nicht  bindet,  will  allen  Vergnügen  bereiten  und 
verspricht  schnell  den  höchsten  Liebesgenufs,  weshalb  ich  glaube, 
dafs  sie,  wenn  ein  anderer  käme,  sich  ebenso  mit  ihm  vereinte, 
und  es  ist  besser,  man  stirbt  (eine  edle  Dame)  liebend,  als  dafs 
man  die  besitze,  von  der  alle  Liebesfreude  erhalten  werden. 

V.  Herr,  solche  Damen,  die  ihr  Geben  aufschieben  und 
(leere)  Versprechungen  machen,  richten  die  Liebe  zugrunde;  denn 
wer  bald  gibt,  macht  seine  Freigebigkeit  zu  einer  erhabenen  und 
grofsen;  kostet  doch  eine  Gunst,  die  man  schnell  erweist,  ebenso- 
viel, wie  die,  welche  man,  wenn  der  rechte  Zeitpunkt  vorüberginge, 
abschwächen  würde.  Denn  eine  Gunsterweisung  kann  nur  zu  der 
Zeit  so  viel  wert  sein,  wo  sie  einem  erswünscht  ist,  und  ihr  haltet 
das  für  töricht,  was  man  am  meisten  gutheifsen  sollte;  denn  eine 
Dame  handelt  verständig,  wenn  sie  ihre  Gunst  gewährt,  bevor  man 
hört,  wie  die  Leute  sich  darüber  aufregen. 

VI.  Prevot,  die  harten  Mühsale  und  die  argen,  schweren 
Leiden  und  Qualen,  die  ich  erduldet  habe,  wären  mir  angenehm, 
wenn  mir  meine  Herrin  einen  Handschuh  (als  Liebeszeichen)  schickte 
und  mir  nur  sagen  liefse,  dafs  ich  sie  vor  meinem  Ende  noch  einmal 
besuchen  sollte;  denn  auf  ihr  Geheifs  würde  ich  jederzeit  hingehen, 
weil  ich  bei  ihr  sterben  möchte,  für  die  ich  wohl  sterben  sollte, 
wenn  ich  durch  Liebe  Freude  hätte.  Aber  in  mir  entfacht  Minne 
die  Glut  und  in  ihr  erstickt  sie  sie,  und  ich  sieche  duldend  dahin. 

VII.  Herr,  das  rechte  Urteil  möge  darüber  gütigst  Frau 
Guillelma  von  Benauga  fällen,  und  ich  wünschte,  dafs  Frau  Maria 
von  Ventadorn  dabei  wäre  und  auch  die  Dame  von  Monferran ; 
denn  die  drei  sind  ohne  Trug. 

VIII.  Prevot,  sie  verstehen  soviel  von  der  Liebe,  dafs  ich 
ihre  Entscheidung  darüber  anerkenne. 

Über  Savaric  de  Mauleon  (Malleon)  wurde  zuletzt  in  der 
Ausgabe  der  Werke  des  Uc  de  St.-Circ  von  Jeanroy  und  Salverda 
de  Grave,  S.  152,  gehandelt;  danach  dichtete  er  von  121 1 — 12 19 
und  starb  1233.  Es  gibt  von  ihm  aufser  einer  cobla  (Gr.  432,  1), 
die  ich  demnächst  im  Amsterdamer  „Neophilologus"  veröffentliche, 
nur  noch  die  Strophen,  die  er  in  dem  Jeu-parti  mit  G.  Faidit  und 
Uc  de  la  Bacalaria  (Bartsch -K.,  Chrest.  S.  169),  sowie  in  dem  hier 
edierten  Partimen  gedichtet  hat.    Diez,  L.  u.  W.2,  332  teilt  nur  den 

2* 


20        Nr.3-  Prebost  u.  Savaric,  Savaric,  cus  deman  (Gr.  384,  i  =432,3). 

Inhalt  von-  Str.  I — IV  und  dem  Geleite  unserer  Tenzone  mit.  Nach 
der  prov.  razo  nimmt  er  5.  327  als  Geliebte  Savarics  die  gas- 
cognische  Edelfrau  Guillelma  von  Benagues  an.  Diese  kommt  aber 
nur  als  seine  Gönnerin  in  Betracht  und  wird  ja  in  der  tomada 
zur  Schiedsrichterin  ernannt.  Auch  soll  die  autra  domna  nicht  die 
Gattin  Guirauts  von  Manchac  sein,  sondern  Mascarose,  die  Gattin 
Gerauds  IV.,  Grafen  von  Armagnac  (n 90 — 1219);  s.  Bergert, 
Damen,  S.  30.  —  Zu  unserer  Tenzone  vgl.  man  noch  Seibach, 
Streitged.  §94,  144  und  146,  sowie  Zenker,  Die  prov.  Tenzone, 
S.  47. 

2.  dire  „urteilen,  entscheiden",  Sw.  2,  246,  5;  hier  „seine 
Meinung  sagen". 

15.  Der  prebost,  nach  dem  Register  von  C  derjenige  von 
Valensa  (s.  Chabaneau,  Biogr.  S.  178),  Stadtpfleger  von  Limoges, 
soll  sich  nach  der  razo  gerade  an  Savarics  Hofe  befunden  haben, 
als  dieser  die  v.  1 1  erwähnte  Aufforderung  seitens  seiner  Dame 
empfing. 

21.     lai,  auf  Personen  bezogen,  Sw.  4,302,10. 

25.  se  tener  (en)  car  „sich  zurückhalten",  Appel,  Chrest.  S.  222  b. 

26.  Vgl.  afz.  soi  pr andre  ä  a.  „sich  halten  an",  Förster, 
Wörterbuch  S.  219  b. 

^2.  G  hat  Ni  mtraill,  woraus  in  D\  Ne  mintral  und  in  O 
ursprünglich  Ne  uinra  wurde;  ich  habe  aus  G,  unter  Berücksich- 
tigung der  übrigen  Hss.,  Ni  riintra  herausgelesen  und  nehme  an, 
«'  sei  als  elidiertes  no  aufzufassen  (vgl.  Sw.  5,  413  f.)  und  in/rar 
zu  verstehen  wie  in  intrar  fermansa,  Sw.  3,  457. 

^^.  Alle  Hss.  haben  el  blan,  es  müfste  aber  e  la  blan  heifsen; 
da  nun  mit  la  der  Vers  um  eine  Silbe  zu  lang  wäre,  ist  wohl 
e  blan  vorzuziehen,  zumal  da  /'  =  la  schon  vor  ama  steht. 

35.  en  grat  „nach  Wunsch",  Sw.  4,  172,8. 

36.  aucire,  hyperbolisch  verwendet,  s.  Appel,  Chrest.  S.  214a. 
38.     retener    „conserver  dans  la  memoire",    Levy,  Pet.  Dict. 
42.     en,  auf  Personen  bezogen,  s.  Levy,  Sw.  2,  480  b. 

47.     domna  „edle  Dame",  Sw.  2,  278,  2. 

60 — 64  sind  in  der  Übersetzung  der  Hist.  litt,  des  troub.  2, 104 
übergangen. 

63.  loignar  scheint  hier  „entfernen,  beseitigen,  aufheben,  ab- 
schwächen"  bedeuten  zu  sollen. 

69 — 70.  Diese  beiden  Verse  gibt  die  Hist.  litt,  in  einer  mir 
unverständlichen  Weise  wieder,  nämlich  so :  Je  veux  dire  le  change- 
ment  en  amour  et  la  circulation  des  amis  et  des  amies,  qui  tourne 
au  profit  du  commerce.  —  avan  que,  das  in  Raynouards  Beispiel, 
Lex.  2,92  b,  Ni  vollias  esser  chavallers  avant  qu'escuders  „eher  als" 
bedeutet,  findet  sich  als  Konjunktion  im  Sinne  von  ans  (abans) 
que,    enans  (enan)  que    „bevor"    wohl  noch  nicht  belegt. 

74.  d.  h.  die  Leiden  würden  mir  zur  Annehmlichkeit. 

75.  Über  den  Handschuh  als  Liebespfand  s.  Nr.  4,  v.  110. 


Nr«4.    Der  Liebesbrief  Domna,  vos  m'avez  et  Amors  (B. Gr.,  S. 41).         21 

80.  Im  Hinblick  auf  anz  que  moris  in  v.  77  deute  ich  remaner 
hier  „sterben";  vgl.  Sw.  7,  208  „(auf  dem  Schlachtfeld)  bleiben, 
umkommen".  Die  Hist.  litt,  übersetzt  v.  80  ff. :  C'est  ä  eile  que  je 
veux  £tre  eternelleraent  attache;  c'est  avec  ma  seule  douce  amie  que 
je  veux  vivre.  Mon  amour  n'est  point  trompeur:  il  me  brule  et  m'embrase. 

83.     Man  beachte  die  Gegensätze  in  ardre  und  escantir. 

85.  Auch  das  dire  der  Hss.  A  D  O  kann  durch  „urteilen, 
entscheiden"  wiedergegeben  werden;   s.  Sw.  2,  246,5. 

86.  Über  die  Persönlichkeiten  der  drei  Schiedsrichterinnen 
vgl.  Uc  de  St.-Circ,  Ausg.  S.  153. 

87.  Nach  der  Anm.  in  der  St.-Circ- Ausgabe,  S.  192  zu  v.  57 
ist  Benaujas  nom  de  ville  und  Benauges  nom  de  la  region.  Hier 
heifst  die  Stadt  der  Guillelma:  Benauga,  Benauza  oder  Benauta. 
Sollte  nicht  für  die  betr.  Stelle  des  St.-Circ  der  Name  in  der  Form 
Benaaa  in  Frage  kommen?  Der  Text  des  Geleites,  S.  66  der  Aus- 
gabe, lautet: 

Vescontessa  be*m  play 

De  Benauen,  car  jay 

Com  pros  no-us  ve  non  dia  .  .  . 

Bergert,  Damen,  S.  29  schlägt  vor  zu  lesen  V.,  be'?n  play  De  Be- 
nauges, car  say,  und  auch  die  Herausgeber  fragen,  ob  nicht  jay  in 
say  zu  bessern  sei.  Ohne  an  dem  nur  in  R  überlieferten  Texte 
etwas  zu  ändern,  würde  ich  nun  De  Benaii ',  en  car  jay  schreiben 
und  verstehen:  Vizgräfin  von  Benauga,  es  gefällt  mir,  dafs  euch 
kein  wackerer  Mann  sieht,  der  nicht  en  car  jay,  mit  lebhafter  Freude, 
sagte  .  .  .  Die  Bedeutung  „cordial,  vif"  für  car  findet  sich  in 
Levys  Pet.  Dict. 


4. 


Graf  von  Anjou, 

Domna,  vos  m'avez  et  Amors  (B.  Gr.,  S.  41). 


L  5  (Arch.  34,424),    Q  (S.  14).   —    Nicht  benutzt  N. 

Das  Gedicht  gilt  für  anonym.  Der  Verfasser  stellt  sich  aber 
in  v.  80  als  coms  d'Angeu  l  vor. 

Die  beiden  Hss.  L  und  Q  ergänzen  einander.  Für  die  Ortho- 
graphie habe  ich  Q  zugrunde  gelegt. 


1  Der  coms  d^Angeu  wäre  demnach  in  Chabaneaus  Liste  der  Trobadors, 
Biogr.,  p.  1 1 3 f . ,  einzutragen.  Es  freut  mich  somit,  in  dem  Grafen  von 
Anjou  einen  Ersatz  bieten  zu  können  für  den  Grafen  Linhaure,  der  ja,  nach- 
dem ich  ihn  mit  dem  Grafen  R.  d'Aurenga  hatte  identifizieren  können  (G.  v.  Bornelh, 
1894,  S.  44  ff.),  als  besonderer  Dichter  bei  Chabaneau,  S.  1 57  b,  zu  löschen  war. 


22  Nr.  4.     Der  Liebesbrief 

Die  Dichtung  ist  ein  Liebesbrief,  der,  da  seine  Anfangs- 
strophe und  die  Geleite  mit  domna  beginnen,  in  L  richtig 
domnejaire  genannt  wird,  der  in  Q  aber  fälschlich  als  tecö  be- 
zeichnet ist.  Die  Form  dieses  domnejaire  ist  die  strophische. 
Der  Brief  besteht  aus  15  achtzeiligen  coblas,  meist  Singulars  —  nur 
Str.  V  und  VI  sind  unissonans  — ,  einem  vierzeiligen  und  einem 
dreizeiligen  Geleit.  Sein  Schema,  bei  Maus  Nr.  77,  ist  8  aaab  ccc  b. 
Der  b-Reim  -atz  geht  durch  alle  Strophen.  In  Str.  LX  ist  a  weiblich, 
in  Str.X:  a  =  c.  In  XIII  ist  der  Anfangsvers  der  Hss.  Qalrescalos  a  en 
amor,  auf  den  noch  weitere  drei  Zeilen  auf  -pr  folgen,  gewifs  von  jemand 
interpoliert,  der  diese  Strophe  für  sich  betrachtete  und  sie  deshalb 
mit  einer  ihren  Inhalt  zusammenfassenden  Einleitung  versah,  wobei 
er  das  escalos  aus  v.  94  entnahm.  Hätte  der  Dichter  die  Vierheit 
der  „Stufen"  besonders  ausdrücken  wollen,  so  hätte  er  in  v.  94 f. 
leicht  sagen  können  Qe  qi  un  dels  qatr 'escalos  Poia  ...  So  findet 
sich  auch  in  Q  am  Ende  der  Str.  IV  ein  von  einem  Schreiber 
eigenmächtig  hinzugefügter  Vers.  Von  Reimwörtern  kehren  wieder 
leiaus  v.  21  und  82,  estaz  12  und  60,  si'az  16  und  72,  clamaz  80 
und  108,  poder  9  und  55,  aver  10  und  33,  voler  35  und  42, 
sen  118  und  im  Geleit  v.  121,  cauzimen  in  beiden  Geleiten ,  en- 
tendedor  99  und  103,  a??ior  in  dem  oben  als  unecht  hingestellten 
Vers  und   114,    vos  37,  46  und  47,    dos  39  und  93. 

I.  Domna,  vos  m'avez  et  Amors 
E*l  vostre  richs  reials  resors 
Cors,  cui  creis  e'n  dobla  valors, 
Per  qe  mos  jois  es  restauraz; 

5     Qar  vos  m'avee  vostra  merce 
Donat  ses  mal  tot  entre  be 
Ferm  e  durable  per  jase, 
Per  qu'ieu  m'en  soi  aseguraz. 

II.  Et  avez  mi  dat  tal  poder 

10     Qu'anc  mais  nuls  hom  no'l  pod  aver; 
Qe  toz  es  faiz  al  meu  plaszer 
Lo  richs  mondz,  el  cal  vos  estaz, 
Que  quant  be*n  consir  de  preon, 
Meravill  me  com  hom  del  mon 

15     Puosc'haver  freig  ni  chault  ni  son 
Ni  ira,  que  vos  i  siaz. 

I.  2  rieh  Z;  leials  Q  3  C.  qi  Z;  eres  e  d.  Q  6  Donatz  Z 
7  dutable  Q         8  me  s.  Q 

II.  9  Et  au'  Q  10  h.  uolpogC?  11  tot  Q;  fach  Z;  plager  Q  12  Lo 
rieh  Z,  Lonc'  Q;  mons  en  que  Q  13  Et  q.  Q;  be  Z,  fehlt  Q  1 4  Merauell  me 
qr  h.  Q        15  Pot  aver  fam  ne  frei  ni  s.  Q        16  Li  i.  Q 


Domna,  vos  m'avez  et  Amors  (B.  Gr.,  S.  41). 


23 


V. 


VI. 


Ez  ar  es  be  a  mi  semblan 
Q'eu  ai  tot  qant  voil  e  deman, 
E  no  trac  pena  ni  afan, 
20     Ansz  estau  com  s'era  salvaz. 
Amors,  quar  eu  li  soi  leiaus, 
Humils  e  franx,  fis  e  coraus, 
M'a  mes  e  son  dig  e  repaus, 
On  soi  de  joi  envolopaz. 

25     Tan  preon,  qant  ben  m'o  consir, 
Soi  en  joi  qe  no'n  posc  issir, 
Domna,  qan  esgar  ni  remir 
Vostre  cors  cum  es  faisonaz, 
Gais  e  gentils,  joves,  joios, 

30     Franx  e  fis,  fizels,  amoros, 
Humils,  placens  et  orgolos, 
On  orgols  es  humilitaz. 

C'umilitac  vos  fai  aver 
Merce  la  on  dei  escacer 

35     Et  orgols  no'us  laissa  voler 
Ren  qe  vos  faire  non  deiaz. 
Donna,  aquist  aib  son  en  vos, 
Et  a  n'i  mang  autres  de  bos: 
Acollirs  e  servirs  e  dos, 

40     Honors  e  pläszers  e  solaz. 

Sabec  dir  e  far  e  tener 
Si  qu'als  pros  vos  fasec  voler 
Et  als  avols  faic  vos  temer 
Q'us  no  vo*n  aus'esser  privaz, 


III.  17  Et  estau  ben  al  meu  talan  Q  18  to  Q;  v.  ne  d.  L  19  nö  Q 
20  Aus  Q  21  quare  eu  Q\  leiaus  fehlt  L  22  H.  e  f.  f.  e  fehlt  L;  fix  e 
quoraus  Q         23  Mamess  elsieu  dousz  r.  L         24  Don  Q 

IV.  25  Zan  Q  26  no  p.  L ;  pose  essir  Q  28  faichonasz  L  29  Jais 
gens  gentil  Q;  joves  fehlt  L  30  F.  f.  figels  et  a.  Q  31  Ben  apris  qar  tuit 
bos  aib  isont  assis  L         32  E  L;    o.  et  Q,  o.  e  L;   h.  an  segnorage  et  poder  Q 

V.  34  Merces  lai  Z;  d.  fehlt  Q  35  lassa  Q  37  aiqist  aibs  L;  s.  ab 
v.  Q  38  an  mot  L  39  Acollir  eseruir  Q  40  Miels  de  nul  aut'qn  uos 
pla?   Q 

VI.  41  f.  e  d.  Q  42  p.  nos  faszes  L  43  v.  f.  Q  44  Q'  nous 
ausan  e.   L 


24  Nr.  4.     Der  Liebesbrief 

45     Non  per  zo  qe  cortes  e  pros 
Cuida  qascus,  qant  es  ab  vos, 
Esser;  qar  hom  no  n'es  per  vos 
Sobrepres  ni  ocaisonaz. 

VII.  Ren  mais  el  vostre  dompnejar 
50     Non  conosc  q'hom  posca  reptar; 

Mas  cascus  vol  ab  vos  estar 
Tant  que  per  autres  n'es  blasmaz, 
Qe  moutas  genz  vos  van  vecer, 
Qe  s'en  cuizon  ades  mover; 
55     Quan  vos  veszon,  non  an  poder 
Qu'eu  m'i  soi  pro  vec  oblidaz. 

VIII.  Tan  fai  gran  gaug  vostre  vecers 
E  disec  avinenc  placers 

Que  grans  coita  sembla  lecers 
60     Ad  aqels  ab  cui  vos  estaz, 
Tant  es  adreic  e  conoissenc 
Lo  vostre  cars  cors  gen  tenentz, 
Q'es  bels,  novels,  nous  garimenz, 
Faic  covinenz  e  ben  taillaz. 

IX.  65     Amors  e  coindi'e  gaiesa 

E  valors  s'es  en  vos  enpresa 
E  sens  e  mesur'e  proesa, 
Franquesa  e  genta  foldaz. 
Res  mais  no*i  pogr'esdevenir 
70    AI  vostre  cors  complit  complir; 
Mas  cel  non  poc  en  ren  falir, 
Qe  vos  fez  e  volc  qe  siaz. 


47  qar  ja  h.  nö  er  Q  48  ni  caisonaz  Q 

VII.  49  R.  als  al  Q  50  No  cogosc  cü  p.  raptar  Q  52  T.  p  q  Q 
53  Maritas  g.  uos  uenon  v.  Q  56  me  s.  Q 

VIII.  57  v.  uerger  Q  58  d.  aumeri9  Q  59  grant  chausa  Z;  sebla  Q; 
leugers  L  60  Acels  acui  L  61  adrech  e  L  62  Lo  fehlt  Q;  clars  c. 
convinenz  Q  63  Qe  b.  Q;  n.  garminäc  Q,  n.  eguarnentz  L  64  F.  soen  e 
gent  entalaz  Q 

IX.  65  coindesae  Q  66  E  grans  v.  (?;  enpr.]  me9a  Q  67  E  fehlt  Q\ 
Em.  ep.  sen  L  68  Largesei  Q  69  nö  Q;  sabra  e.  L  70  compl.  cors  L 
71  pog'eure  Q;    ni  uol  Q 


Domna,  vos  m'avez  et  Amors  (B.  Gr.,  S.  41).  25 

X.  Qar  meiller  es  de  las  meillors 

E  la  genser  de  las  gensors 

75     Et  auta  sobre  las  ausors 
E,  bella  de  totas  beutaz, 
Far  sabec  tals  eine  cent  honors, 
Qe  s'es  una  de  las  menors, 
No  voill  aver  Los  Mans  ni  Tors 

80     Ni  esser  coms  d'Angeu  clamaz. 

XL  En  re  mais  fis  jois  non  es  saus 

Mas  en  amor,  qant  es  leiaus, 
E  d'aiso,  qe  vos  daz,  sevaus 
Non  er  hom  mais  desheretaz, 
85     Per  qu'am  trop  mais  lo  vostre  no 
Qe  nuüTautra  que-m  feces  do. 
E  dira  vos  per  qal  raso? 
Qar  puois  en  seria  iraz. 

XII.  No'l  die  ieu  ges  pel  don  blasmar, 
90     Qe  bei  mester  a  en  donar, 

Mas  trop  me  voil  mais  fadiar 
Qe"m  dec  zo  qe  pois  me  toillaz. 
Mais  tan  ondrac  es  vostre  dos 
Qe  qi  pot  un  dels  esqalos 
95     Poiar,  ja  no'n  sera  puois  jos 
Per  neguna  forza  tornaz. 

XIII.  [Qatr'escalos  a  en  amor;] 

97     Lo  primers  es  de  fegnedor 
E'l  segons  es  de  preiador 
E  lo  ters  es  d'entendedor 
100     E  al  quart  es  druz  apelaz. 

X.  73  meillor  e.  L  74  Et  ens  g.  Q  75  E  plus  haut  L  76  E  bona 
d.  tota  bontac  Q  77  tals  .  d.  honors  Q  78  senz  L;  menoas  Q  79  a. 
peiteus  Q;    ne  cors  Q,   nils  T.  L         80  dangeus  L,    dangu'  Q 

XI.  81 — 84  stehen  zwische n  92  u.  93  in  Q  8lsalsZ;  Qem  remais  grans 
j.  nö  es  fals  Q  82  leials  L,  laials  Q  83  daqo  Q;  sevals  L,  sil  ualz  Q  84  Non 
er  ja  h.  d.  Q  85  que  a.  m.  1.  uostre  ono  Q  86  Qe  dautra  que  f.  ric  do  Q 
87  dir  uos  ai  p.  Q         88  Qe  nö  deia  esser  blasmac  Q 

XII.  89  Non  uoil  eu  g.  lo  d.  blasmat  Q  90  Qar  Q  91  M.  eu  mi  v.  Q 
93  Car  Q ;  onrat  L ;  uostre  Q       94  des  L       95  ja  mais  nö  s.  jos  Q       96  deguna  Q 

XIII.  98  segon  L         100  E  lo  quart  Q 


20  Nr.  4.     Der  Liebesbrief 

Cel  qu'a  bon  cor  de  dompn'amar 
E  la  vai  sovenz  cortejar 
E  no  l'ausa  enrazonar, 
Fegneires  es  espaventaz. 

XIV.  105     E  s'ella'i  fai  tanta  d'onor 

Q'ella  li  cresc'ardit  major 
Qe'il  aus  dir  sa  francha  clamor, 
Pregaires  es  per  dreich  clamaz, 
E  si '  1  reten  tan  en  preian 
1 1  o     Qe "  ill  don  cordon,  centur'o  gan 
O  nul  son  aver  pauc  ni  gran, 
A  l'entendedor  es  poiaz. 

XV.  E  si  l'a  fin  entendedor 

E'ill  plaz  qe*il  don  baizan  s'amor 
115     E '  1  colg  ab  se  sotz  cobertor, 

FLy  druz  es  puois  aordenaz. 

Donna,  lo  segner  d'orien 

Vos  don  cor  e  poder  e  sen 

Q'ab  aital  aordenamen 
120    Vos  de  me  leial  drut  fassaz! 

XVI.  Domna,  cor  e  poder  e  sen 
E  voluntat  e  ardimen, 
Humilitat  e  caucimen 
Vos  prei  eu  qe  de  mi  aiaz. 

XVII.  125     Domna,  per  vostr'esseignhamen 

E  per  vostre  franch  cauzimen 
Vos  clam  merce  de  me,  si'us  plaz. 


101  Qi  a  b.  Q         102  soen  Q         103  raszonar  Z         104  Fegneire  Q 

XIV.  105  Massellal  Q;  tant  Z;  damor  Q  106  Qeli  c.  Q  107  Qil  L; 
E  lausa  dire  sa  c.  Q  108'Preiaire  es  endeuegnaz  Q  109  E  selal  fai  t.  Q 
110  Qill  L,  Qel  Q;    corda  Q         in  fehlt  L         U2  A  e.  Q 

XV.  113  E  sa  son  f.  e.  L,  Pero  sil  fai  tanta  donor  Q  114  qil  d.  L; 
Qel  p.  qel  d.  baisa  Q  115  Nil  L\  colc  ab  se  jos  c.  Q  116  Fi  Z;  Ladoncs 
es  d.  a.  Q         117  D.  ol  s.  de  betlen  L         119  aitals  Z;    aor  de  men  Q 

XVI  fehlt  Z.      124  Uosp  eu  qe  domi  Q 

XVII  fehlt  Q 


Domna,  vos  m'avez  et  Amors  (B.  Gr.,  S.  41).  27 

I.  Herrin,  ihr  und  die  Minne  und  eure  ausgezeichnete  Herr- 
schaft habt  meinen  Körper  wiederauferweckt,  dem  davon  der  Wert 
wächst  und  sich  verdoppelt,  wodurch  meine  Lust  wiederhergestellt 
ist;  denn  ihr  habt  mir  für  immer  eure  unbedingte  Gunst  („eure 
Gunst  ganz  ohne  Übles  zwischen  festem  und  dauerhaftem  Guten") 
geschenkt,  weshalb  ich  nun  in  dieser  Hinsicht  beruhigt  bin. 

IL  Und  ihr  habt  mir  die  gröfste  Macht  verliehen,  die  jemand 
überhaupt  besitzen  kann;  denn  die  herrliche  Welt,  in  der  ihr  lebet, 
ist  ganz  nach  meinem  Geschmack  eingerichtet,  so  dafs  ich,  wenn 
ich  gründlich  darüber  nachdenke,  mich  wundere,  dafs  irgend  jemand 
in  eurer  Gegenwart  („gesetzt,  dafs  ihr  da  seid")  Kälte,  Hitze, 
Müdigkeit  oder  Kummer  empfinden  kann. 

III.  Und  es  scheint  mir  jetzt  in  der  Tat,  dafs  ich  alles  be- 
sitze, was  ich  begehre  und  verlange,  und  ich  erdulde  keine  Pein 
oder  Qual,  sondern  bin  ganz  selig.  Die  Minne  hat  mich,  weil  ich 
ihr  gegenüber  zuverlässig,  demütig  und  aufrichtig,  treu  und  liebe- 
voll bin,  in  ihren  Machtbereich  („in  ihre  Gewalt  und  ihr  Gebiet") 
gebracht,  weshalb  ich  wonnetrunken  („in  Freude  eingehüllt,  von 
Lust  benebelt,  berauscht")  bin. 

IV.  Überlege  ich  es  mir  recht,  so  bin  ich  derart  in  Freude 
versunken,  dafs  ich  nicht  mehr  davon  loskommen  kann,  wenn  ich 
euch  ansehe  und  daraufhin  betrachte,  wie  beschaffen  ihr  seid,  wie 
frisch  und  edel,  jung,  lustig,  freimütig  und  aufrichtig,  treu,  liebens- 
würdig, gütig,  anmutig  und  stolz,  wobei  der  Stolz  Demut  bedeutet. 

V.  Denn  Demut  läfst  euch  da  gnädig  sein,  wo  Gnade  an- 
gebracht ist  („einem  zuteil  werden  soll"),  und  Stolz  verbietet  euch 
zu  wollen,  was  ihr  unterlassen  sollt.  Herrin,  unter  vielen  anderen 
guten  Eigenschaften  besitzt  ihr  diese:  Gastlichkeit,  Dienstfertigkeit 
und  Freigebigkeit,  Ehrbarkeit,  Unterhaltungsgabe  und  Frohsinn. 

VI.  Ihr  versteht  so  zu  sprechen,  zu  handeln  und  die  Leute 
zu  beherrschen,  dafs  ihr  die  Trefflichen  veranlafst,  euch  zu  be- 
gehren, die  Schlechten  aber  dahin  bringt,  dafs  sie  euch  fürchten, 
so  dafs  von  ihnen  keiner  mit  euch  vertraut  zu  sein  wagt;  aber 
doch  nimmt  jeder  sich  vor,  wenn  er  mit  euch  zusammen  ist,  artig 
und  brav  zu  sein,  eben  weil  ihr  keinen  von  ihnen  (wegen  seiner 
Schlechtigkeit)  tadelt  oder  beschuldigt. 

VII.  Niemals  bemerke  ich  etwas,  was  man  an  dem  Dienste 
bei  euch  auszusetzen  hätte;  vielmehr  will  jeder  so  lange  bei  euch 
bleiben,  bis  er  von  anderen  deshalb  getadelt  wird,  während  viele 
(andere)  Leute  euch  besuchen,  die  sich  sofort  wieder  von  euch 
entfernen;  wenn  sie  euch  sehen,  verlieren  sie  die  Besinnung 
(„haben  sie  keine  Kraft"),  so  dafs  ich  bei  euch  oftmals  mich  selbst 
vergessen  habe. 

VIII.  Euch  zu  sehen  bereitet  so  grofse  Freude,  und  ihr  sagt 
so  artige  Freundlichkeiten,  dafs  denen,  mit  welchen  ihr  zusammen 
seid,    grofse  Not    als  Wohlergehen  erscheint,    so  gewandt  und  klug 


28  Nr.  4.     Der  Liebesbrief 

ist  eure  liebe,   standhafte  Person,    die,   ein  neues  Heil,    schön  und 
jung,  hübsch  geschaffen  und  gut  gestaltet  ist. 

IX.  Liebe,  Anmut,  Heiterkeit  und  Wert,  sowie  Verstand, 
Mäfsigkeit  und  Tüchtigkeit,  Edelmut  und  hübsche  Torheit  haben 
sich  in  euch  festgesetzt.  Mehr  wäre  zur  Vervollkommnung  eurer 
vollendeten  Persönlichkeit  nicht  erforderlich  („mehr  könnte  nicht 
dahin  gelangen,  ...  zu  vervollkommnen");  aber  er,  der  euch  schuf 
und  wollte,  dafs  ihr  lebet,  hat  in  nichts  gefehlt. 

X.  Denn  ihr  seid  besser  als  die  Besten,  die  Trefflichste  unter 
den  Trefflichsten  und  über  die  Höchsten  erhaben  und  wifst,  da 
ihr  in  jeder  Hinsicht  schön  seid,  unermefslich  viel  Ehre  zu  er- 
weisen, so  dafs  ich,  falls  ihr  zu  den  Geringeren  gehört,  nicht  Le 
Mans   noch  Tours    besitzen    noch  Graf  von  Anjou  heifsen  möchte. 

XI.  In  der  aufrichtigen  Liebe  allein  gibt  es  sichere,  reine 
Freude  („ist  die  reine  Freude  sicher"),  und  dessen,  was  ihr  gebt,1 
wird  man  wenigstens  nimmer  beraubt,  weshalb  ich  euer  Nein  lieber 
habe  als  das  Geschenk  irgend  einer  anderen.  Und  dürfte  ich  euch 
sagen,  warum?     Weil  ich  später  Kummer  deshalb  empfände.2 

XII.  Das  sage  ich  keineswegs,  um  die  Freigebigkeit  zu  tadeln, 
denn  Geben  ist  eine  schöne  Eigenschaft;  indes  möchte  ich  viel 
lieber  eine  Zurückweisung  erfahren,  als  dafs  ihr  mir  geben  solltet, 
was  ihr  mir  vielleicht  hernach  wieder  nehmet.  Aber  eure  Frei- 
gebigkeit ist  so  schätzenswert,  dafs,  wer  etwa  eine  der  Liebes- 
stufen ersteigt,  nachher  durch  nichts  in  der  Welt  von  da  wieder 
hinabgestofsen  werden  wird. 

XIII.  Die  erste  (Liebesstufe)  ist  die  des  schüchternen  Lieb- 
habers, die  zweite  die  des  Anbeters,  die  dritte  die  des  begünstigten 
Freundes,  und  auf  der  vierten  heifst  er3  Geliebter.  —  Derjenige, 
welcher  einer  Dame  sehr  gern  seine  Liebe  schenken  möchte,  sie 
oft  besucht  und  doch  nicht  wagt,  sie  deshalb  anzusprechen,  ist 
ein  ängstlicher  Zauderer. 

XIV.  Und  wenn  sie  ihm  soviel  Ehre  erweist,  dafs  sie  ihn 
ermutigt,  ihr  offen  sein  Herz  auszuschütten,  wird  er  mit  Recht 
Anbeter  genannt,  und  wenn  sie  ihn  bei  seinem  Werben  derart 
freundlich  behandelt,  dafs  sie  ihm  etwa  ein  Halsband,  einen  Gürtel 
oder  einen  Handschuh  schenkt  oder  seinetwegen  ihr  geringes  oder 
bedeutendes  Vermögen  vergeudet,  dann  ist  er  zum  begünstigten 
Freunde  aufgerückt. 

XV.  Und  wenn  sie  ihn  wirklich  begünstigt  und  es  ihr  beliebt, 
ihm  mit  Küssen  und  Umarmung  ihre  Liebe  zu  bezeugen,  alsdann 
ist  er  ein  richtiger,  wohlbestallter  Geliebter.  Herrin,  möchte  doch 
der  Heiland  euch  Herz,  Kraft  und  Gefühl  verleihen,  damit  ihr  aus 
mir   einen  solchen  rechtmäfsigen,    wohlbestallten  Geliebten  machet! 


1  Wenn  es  auch  nicht  viel  ist. 

*  Wenn  ich  das  Geschenk  der  anderen  vorzöge. 

8  Der  die  Stufen  ersteigt. 


Domna,  vos  m'avez  et  amors  (B.  Gr.,  S.  41).  29 

XVI.  Herrin,  ich  bitte  euch,  dafs  ihr  von  mir  Herz,  Kraft 
und  Verstand,  Willen  und  Mut,  Demut  und  Einsicht  zu  eurer 
Verfügung  behaltet.1 

XVII.  Herrin,  um  eurer  Bildung  und  eurer  edlen  Güte  willen 
flehe  ich  euch  an,  mir  freundlichst  Gnade  zu  erweisen. 

2.  reial  ist  als  Subst.  sonst  „Königreich",  vielleicht  auch 
„Gebiet"  (s.  Sw.  7,  184);  aber  für  reialme  findet  sich  ebenda  neben 
„Königreich"  die  Bedeutung  „Regierung",  die  wohl  auch  hier  für 
reial  in  Betracht  kommt;  ich  übersetze   „Herrschaft". 

20.     salvaz  wie  salv,  Sw.  7,  446,  2,   „selig". 

25.  dich  „Gewalt,  Herrschaft";  vgl.  se  metre  en  lo  dich  de 
alcnn   „se  soumettre  au  jugement  de  qn."   (Pet.  Dict.). 

24  zitiert  Raynouard,  Lex.  5,  566  b  und  übersetzt:  Je  suis  de 
joie  enveloppe. 

32.  Orgols  es  humilitaz;  statt  es  hat  L  :  e  und  Q  :  et\  in 
beiden  Hss.  ist  die  Stelle  mifsverstanden,  und  Q  fügt,  unbekümmert 
um  den  Bau  der  Strophe,  noch  eine  9.  Zeile  hinzu.  Der  Dichter 
will  sagen,  der  auf  hohem  Standesbewufstsein  beruhende  Stolz  der 
Dame  sei  so  gutartig,  dafs  er  als  das  Gegenteil,  als  Demut,  Be- 
scheidenheit aufzufassen  ist;  vgl.  v.  33 — 36.  Über  den  Gegensatz 
von    humilitas   und  superbia  handelt  Wechssler,  Minnesang,  S.  392. 

38.  i,  auf  die  2.  Person  bezogen,  Sw.  4,  222  a. 

39.  acollirs  wie  acu/himens,  Zeitschr.  38,  309  „Gastlichkeit, 
Leutseligkeit". 

40.  Wie  dos  „Gabe"  und  auch  „Freigebigkeit"  bedeuten 
kann,  so  ist  plazers  und  solatz  neben  „Vergnügen"  bezw.  „Kurz- 
weil" auch:  der  Wille  oder  die  Fähigkeit,  Vergnügen  zu  bereiten 
oder  Kurzweil  zu  treiben. 

41.  teuer  alcu   „(in  der  Macht)  halten",  Appel,  Chrest.  S.  310a. 

42.  fasef=faif  im  folgenden  Verse. 

44.  vo'n  =  vos  en,  s.  Appel,  Chrest.  S.  XIV,  Anm.  2. 

45.  Non  per  zo  qe  hat  doch  wohl  auch  hier  die  Bedeutung 
„aber  doch",  die  Levy,  Sw.  7,  671,  18  auf  Grund  von  zwei  Bei- 
spielen  "unter  aller  Reserve"   ansetzt. 

46.  47.  vos  zweimal  hintereinander  im  Reime  wie  dire  bei 
B.  Vent.    (ed.  Appel),   Nr.  2"},  v.  40  u.  41;    s.  Appels  Anm.  S.  162. 

53.  que  „während  hingegen";  vgl.  nfz.  que  =  et  neanmoins, 
Sachs- Villatte,  Enz.  Wbch,  S.  1265,  IV,  4. 

54.  Ist  nicht  auch  an  dieser  Stelle  cuidar  +  Inf.  =  einf. 
Verbum?     Vgl.  dazu  Levy,  Sw.   1,  426,  5. 

55.  Wie  verwirrt  der  Liebhaber  in  Gegenwart  der  Geliebten 
sein  kann,  das  schildert  auch  G.  v.  Bornelh,  Ausg.  Nr.  2  V. 

56.  i  „bei  euch";  vgl.  d.  Anm.  zu  v.  38. 

59.  lezer  „joie"  (Pet.  Dict.);  hier  ist  es  coita  entgegengesetzt 
und  bedeutet  daher  wahrscheinlich   „Wohlergehen". 


1  Dafs  ihr  mich  ganz  als  den  Eurigen  hinnehmet. 


30        Nr.  4.    Der  Liebesbrief  Domna,  vos  m'avez  et  Amors  (B.  Gr.,  S.  41). 

62.  gen  tenen  verstehe  ich  „beständig,  standhaft";  vgl.  afz. 
tenant  „ferme,  solide". 

63.  garimen  ist  Sw.  4,  67  I.  „Schutz"  (in  Bezug  auf  Gott 
gesagt),  2.  „Rettung,  Heil";  diese  Bezeichnung  pafst  gut  für  eine 
Person,  die  den  v.  59  u.  60  geschilderten  Einflufs  auf  andere  aus- 
zuüben vermag. 

64.  talhatz,  vom  Körper  gesagt,  „gestaltet";  s.  Appel,  Cb.rest.308b. 

65.  Das  coindesa,  das  in  Q  statt  coindia  steht,  finde  ich  noch 
nirgend  belegt. 

69.  esdevenir  a,  =  dem  e.  en,  Sw.  2,  468,  bedeutet  „zu  etw. 
gelangen,  etw.  zustande  bringen". 

7 1 .    poder  -f-  Inf.  ===  einfachem  Verbum  fin.,  Sw.  6,  408,  3. 

78 — 80.  Der  Sinn  dieser  Verse  ist:  Ich  will  nicht  Graf  von 
Anjou  heifsen,  wenn  ihr  nicht  die  Beste  seid,  d.  h.  so  wahr  ich 
der  Graf  von  Anjou  bin,  seid  ihr  die  Beste.  Daraus  geht  doch 
hervor,  dafs  ein  Graf  v.  A.  diesen  Liebesbrief  verfafst  hat.  In 
Gr.  189,  1  (Diez,  L.  u.  W.2  470)  sagt  Granet  vom  Grafen  Karl  I. 
von  Anjou,  er  besitze  viel  Land  und  Macht  und  sei  voll  von 
fröhlichem  Scherz  und  Kurzweil.  Möglich,  dafs  dieser  Graf  das 
domnejaire  gedichtet  hat.1  —  Los  Mans  wird  das  heutige  Le  Mans 
an  der  Sarthe,  der  Hauptort  der  ehemaligen  französischen  Provinz 
Le  Maine,  sein.  Anjaus,  Maines  und  Tors  werden  auch  von 
Bertran  de  Born,  ed.  Stimming3,  8,  v.  64  u.  65  zusammen  genannt. 

81 — 83.  Die  Endung  -als  verwandle  ich  in  -aus,  da  letztere 
in  v.  21 — 23  bereits  im  Reime  vorkommt  und  leiaus  (v.  82)  doch 
im  v.  21   mit  repaus  reimt. 

88.  L  verdient  den  Vorzug,  da  das  blasmaz  von  Q  schon 
v.  52  im  Reime  steht,  während  iraz  in  der  Dichtung  sonst  nicht 
als  Reimwort  begegnet. 

90.     mester  „Eigenschaft",  Sw.  5,261,3. 

94 — 95  zitiert  Raynouard,  Lex.  3,  144,2;  Str.  XIII,  XIV  und 
die  erste  Hälfte  von  XV  zitiert  Dammann,  Die  allegor.  Canzone 
des  G.  de  Calanso,  S.  74  in  dem  Kapitel  von  den  „vier  Stufen"; 
Raynouard,  Lex.  zitiert  Str.  XIII  in  3,  79  a  -f-  3,  305  b  und  Levy, 
Sw.  3,  46  b  Str.  XIII  bis  apelaz  und  Str.  XIV. 

97.  fegnedor  übersetzt  Raynouard  durch  aviant  non  avoue  und 
f.  espaventat  in  v.  104  durch  amant  timide  effraye. 

99.  entendedor.  Levy  sieht  in  ihm  den  von  der  Dame  an- 
erkannten, aber  noch  nicht  durch  letzte  Liebeshuld  beglückten 
Liebhaber,  Appel,  Chrest.  S.  246  b  deutet  den  entenden  als  den 
„Liebhaber  im  dritten  Stadium". 

102.  Die  Form  sovens  ist  im  Sw.  7,  859  b  durch  mehrere 
Beispiele  belegt.  —  cortejar  „seine  Aufwartung  machen,  besuchen", 
Sw.   1,  384,  2. 

1 10,  corda  aus  Q  =  cordon;  corda  „Halsband"  versieht  Levy, 
Sw.   1,  366,  2  mit  einem  Fragezeichen. 

1  Vgl.  auch  Chabaneau,  Biogr.  S.  136b  „?  [Charles  d'Anjou]",  wo  aber 
von  unserer  Dichtung  nicht  die  Rede  ist. 


Nr.  5.    G.  de  la  Tor,  Plus  qe  las  doranas  (Gr.  236,  5).  3  I 

in.  nulhar  „annuler,  detruire"  (Pet.  Dict.)  =  afz.  nuller. 
Das  prov.  Verbum  ist  nur  einmal  nachgewiesen;  s.  Stichel,  Altprov. 
Verbum,  S.  64. 

113.  Dammann  zitiert  den  Vers  nach  L,  ändert  aber  den 
Anfang  von  v.  114  in  Li  platz. 

116.  druz  aordenaz.  Vgl.  preyres  adordenatz  „pr6tre  ordonne", 
Raynouard,  Lex.  4,  382  a. 

117.  Nach  L  müfste  der  Vers  mit  Verbesserung  lauten: 
Do?in\  o-l  seiner  de  Betleen,  denn  der  Name  des  Geburtsortes  Jesu 
ist  im  Prov.  dreisilbig;  vgl.  Ponz  de  Capduoill,  ed.  v.  Napolski, 
I  2.  —  0  wäre  dann  die  Interjektion,  die  sich  auch  Appel,  Chrest. 
St.  60,  20  findet. 


5. 


Guilhem  de  la  Tor, 

Plus  qe  las  domnas  (Gr.  236,  5). 


D  187,  G  110  (S.  356),  /  132  (MG.  651),  «i  461  (Nr.  209). 
—  Nicht  benutzt  KLN.  —  Text  nach  G  (01),  Orthographie 
nach  a1. 

D  la\  trennen  sich  v.  38  mit  einer  Lesart,  die  lediglich  das  im 
vorhergehenden  Verse  Gesagte  in  anderen  Worten  wiederholt,  von 
G,  das  auch  in  v.  55  allein  nulla  vez  gegenüber  dem  nuiWora  der 
übrigen  Hss.  aufweist.  Zu  seinem  Vorteil  steht  dann  a1  mehrfach 
mit  G  gegen  DL  zusammen;  D  L  haben  in  v.  19  das  auch  v.  29 
vorhandene  Reimwort  tener,  v.  41  schreiben  sie  fälschlich  deing  statt 
dei,  v.  6  non  statt  no'tn,  und  v.  29  mufs  wohl  das  schon  v.  20  da- 
gewesene deignassetz  gegenüber  dem  volguessetz  von  G  ax  zurück- 
treten. Auch  in  21,  37,  45,  46,  48  u.  51  weichen  DL  von  G a1 
ab.  Der  Hs.  a1  fehlt  v.  36,  und  sie  steht  in  v.  30,  39,  44,  54  u. 
55  durch  abermalige  Verwendung  von  Reimwörtern  G  nach,  so 
dafs  G  im  ganzen  vor  den  anderen  Hss.  den  Vorzug  verdient. 

Das  Gedicht,  eine  Kanzone,  setzt  sich  aus  5  zehnzeiligen 
coblas  unissonans  und  einer  fünfzeiligen  tornada  zusammen.  Das 
Schema  8abbaccddee  gehört  bei  Maus  zu  Nr.  549,  4;  vgl. 
auch  Zeitschrift  38,  306,  St.  17.  Maus  verzeichnete  das  Lied  aber 
unter  549,  19,  da  er  c  für  zehnsilbig  hielt. 

Sich  wiederholende  Reimwörter  sind  te  (tenet)  v.  8  (hält)  und 
38  {te  pro  =  fai  pro),  be  37  und  Gel.,  v.  52,  cre,  3.  Pers.,  v.  27 
und  1.  Pers.,  Gel.  v.  53,  ve  „sieht"  v.  47  und  „kommt"  48,  sowie 
vezer  40  u.  Gel.,  v.  55. 


32  Nr.  5.     G.  de  la  Tor, 

I.  Plus  qe  las  domnas  q'eu  aug  dir 
Q'Alixandres  trobet  el  broill, 
Q'eran  totas  de  tal  escoill 

Qe  non  podion  ses  morir 
5     Outra  l'ombra  del  broill  anar, 
No'rn  porri'eu  ses  mort  lognar 
D'Amor  qe  m'a  noirit  ancse, 
E  pos  enaissi  ma  mort  te 
E  ma  vida  el  sieu  poder, 
10     Ben  li  dei  servir  a  plazer. 

II.  Si  faz  ieu  si  qe  no  m'en  vir 
Ni  no  m'en  biais  ni  m'en  toill, 
Anz  ai  meillor  cor  q'eu  non  suoill 
Chascun  jorn  d'Amor  obezir 

15     Qe'm  fai  vos,  bella  domn',  amar 
Qi'm  pogras  mon  mal  aleujar; 
Qar  enaissi  de  vos  m'ave, 
Q'eu  cug,  tant  vos  port  bona  fe, 
Qe  res  no'm  pogues  far  doler, 

20     Si  vos  mi  degnasses  valer. 

III.  Ai,  bella,  pos  tan  vos  dezir, 
Toilla'us  humelitatz  l'orguoill 
C'avetz  vas  mi,  pos  no'rn  destuoill 
D'amar  vos,  si  be*m  faitz  languir. 

25     Qe  senz  mentir  vos  puesc  jurar 
Qe  non  ha  tal  joi  d'escapar 
De  la  mort  cel  qe  murir  cre 
Con  ieu  auria,  s'ab  merce 
Domna'm  volguessetz  pro  tener; 

30     Tan  ai  en  vos  ferm  mon  esper! 


I.  I  q  auc  G  2  Calixandris  D  4  senes  morit  al  5  löbral  1 
6  Non  D I        7  norit  G        8  p.  aissi  me  ua  m.  ax 

II.  II  qeu  a1  12  b.]  braill  a1 ;  ni  no  raen  /  13  que  n.  D,  qn 
no  G  14  £ascus  zorn  G  1 5  faz  al  18  Qe  c.  al  19  ren  G;  non  D  I; 
pogra  a1 ;    f.  dolor  G,    dan  tener  DI         20  dignassez  G 

III.  21  Ha  G,  AD  I;  b.]  domna  D  I;  v.  t.  G  22  Toilla  uos  (uus  G) 
Ga1;  humilitat  l'o.  G,  h.  o.  ax  25  Car  s.  ax;  puois  iurat  G  26  t.  uoilla1; 
descanpar  /,  descadar  al  28  sap  m.  D  I  29  Döna  v.  G;  v.]  deingnassetz  D  I 
30  m.  voler  al 


Plus  qe  las  domnas  (Gr.  236,  5).  33 

IV.  Car  can  vostre  bei  cors  remir, 
Tal  joi  ai  q'eu  no  sai  qe'm  voill 
Ni  de  dolor  c'aia  no'm  doill. 
Pos  ai  tal  dol  al  departir 

35     Con  ha  l'enfas,  qi'l  vol  ostar 

De  sa  mair'e  aillors  portar; 

Qar  vos  m'es  maire  de  tot  be 

Ni  nuls  jois  ses  vos  pro  no-rn  te. 

Pero  no-m  puesc  d'ir'estener, 
40     Qant  ieu  me  loing  de  vos  vezer. 

V.  Mas  can  vei  q'a  vos  dei  venir 
E  sai  qe  vos  veiran  mei  oill, 
Tan  de  joi  e  mon  cor  acoill 
E  tan  son  joios  mei  consir 

45     Qe  no-m  pot  d'ira  remembrar, 
Mas  tant  mi  membra  de  chantar 
E  de  joi  qe  totz  hom  qi-m  ve 
Se  meravilia,  don  mi  ve 
Tan  granz  jois  con  ieu  puesc  aver 

50     Ni  con  ai  tan  joios  voler. 

VI.  Bella,  si  tot  no-m  voletz  far 
Aitan  con  poirias  de  be, 

Eu  cug  ben  e  mon  cor  e  cre 
Q'en  ren  non  vos  fatz  desplazer 
55     Nulla  vez  q'ieu  vos  an  vezer. 

IV.  31  b.  cor  /,  gent  c.  a»  32  iois  G;  qe  non  DI;  q  v.  G 
33  doler  a\  lor  /;  non  d.  a*  34  (als  /;  a]]  del  G  36  fehlt  «1 
37  Que  D  I;  toz  <?«*;  bes  a*  38  Nimulz  G;  El  j.  (ioi  DI,  bes^j  cai  totz 
(donz  /,  douz  D)  de  uos  mi  ue  (maue  a1)  Dia1  39  Per  90  D,  Per  cho  G, 
Per  qieu  al;    dira  tener  a>         40  Canc  D 

V.  41  c.  sai  D  G,  c.  fai  /;  deing  v.  DI  42  me  o.  G,  meil  o.  a* 
43  101a  e  a^  44  iois  G ;  meu  dezir  a*  45  dira  nom  p.  DI  46  Anz 
m.  m.  t.de  DI         47  qui  t.  /         48  Si  G,   Sen  DI        49  ioi  G,    gaugz  «1 

VI.  51  Domna  DI  52  qan  poria  G;  de  me  /  54  Oe  res  nom 
pogra  far  doler  «1  55  Nuill  ora  D  I-  que  uos  ane  v.  /;  Si  uos  mfdegnassez 
uoler  a1 

1.  Noch  mehr  als  die  Frauen,  die  Alexander,  wie  erzählt 
wird,  im  Haine  traf,  welche  alle  von  der  Art  waren,  dafs  sie,  ohne 
zu    sterben,    den  Schatten    des  Haines  nicht  überschreiten  konnten, 

K Olsen,    Dichtungen  der  Trobadors. 


34  Nr.  5.     G.  de  la  Tor,    Pias  qe  las  domnas  (Gr.  236,5). 

wäre  ich  aufserstande,  ohne  zu  sterben,  die  Minne  zu  verlassen, 
die  mich  stets  gefördert  hat,  und  da  sie  mich  („Tod  und  Leben 
von  mir")  so  in  ihrer  Gewalt  hat,  so  mufs  ich  ihr  wohl  nach  Ge- 
fallen dienen. 

II.  Das  tue  ich,  indem  ich  mich  von  ihr  nicht  abwende, 
nicht  entferne  und  nicht  von  ihr  lasse,  vielmehr  empfinde  ich 
täglich  mehr  Lust  denn  je,  der  Minne  zu  gehorchen,  die  mich 
veranlafst,  euch  zu  lieben,  schöne  Herrin,  die  ihr  mir  mein  Leid 
lindern  könntet;  denn  so  kann  ich  es  von  euch  erwarten,  da  ich 
wegen  meiner  grofsen  Treue  glaube,  dafs  nichts  mir  sollte  Kummer 
bereiten  können,  wenn  ihr  geneigt  wäret,  mir  zu  helfen. 

III.  Ach,  Schöne,  weil  ich  euch  doch  so  begehre,  möge 
Milde  den  Stolz,  den  ihr  mir  gegenüber  zur  Schau  traget,  von 
euch  nehmen,  da  ich  nicht  aufhöre  euch  zu  lieben,  obwohl  ihr 
mich  schmachten  lasset.  Kann  ich  euch  doch  fürwahr  schwören, 
dafs,  wer  zu  sterben  glaubt,  wenn  er  dennoch  dem  Tode  entginge, 
nicht  solche  Freude  hätte,  wie  ich  empfände,  wenn  ihr,  Herrin, 
mir  gnädig  helfen  wolltet;  so  fest  ist  die  Hoffnung,  die  ich  auf 
euch  setze! 

IV.  Denn  wenn  ich  eure  schöne  Person  ansehe,  bin  ich  so 
froh,  dafs  ich  mich  nicht  zu  lassen  weifs,  und  fühle  den  Schmerz 
nicht,  den  ich  etwa  habe.  Nachher  beim  Scheiden  bin  ich  so 
betrübt  wie  ein  Kind,  wenn  man  es  von  seiner  Mutter  fortnehmen 
und  anderswohin  bringen  will;  denn  ihr  seid  mir  Quelle  („Mutter") 
jedes  Glücks,  und  ohne  euch  kann  keine  Freude  mir  etwas  nützen. 
Deshalb  kann  ich  mich  des  Kummers  nicht  erwehren,  wenn  ich 
mich  von  eurem  Anblick  entferne. 

V.  Aber  sobald  ich  merke,  dafs  ich  zu  euch  kommen  darf, 
und  weifs,  dafs  meine  Augen  euch  sehen  werden,  ist  mein  Herz 
so  von  Lust  erfüllt  („nehme  ich  soviel  Lust  in  mein  Herz  auf") 
und  meine  Gedanken  sind  so  freudvoll,  dafs  ich  alles  Leid  ver- 
gesse („dafs  mir  die  Erinnerung  an  Kummer  nicht  kommen  kann"), 
dagegen  wieder  so  sehr  an  Gesang  und  Fröhlichkeit  denke,  dafs 
jeder,  der  mich  sieht,  sich  wundert,  wieso  ich  denn  so  vergnügt 
und  guter  Laune  bin. 

VI.  Schöne,  obgleich  ihr  mir  nicht  soviel  Gutes  erweisen  wollt, 
wie  ihr  könntet,  so  werde  ich  euch  doch,  dünkt  mir,  mit  meinen 
Besuchen  niemals  lästig. 


1.  Der  Vergleich  bezieht  sich,  wie  Birch-Hirschfeld,  Ep.  Stoffe, 
S.  22  unter  Anführung  der  vv.  1 — 7  bemerkt,  auf  die  Stelle  im 
Alexander- Roman  des  Lambert  li  cors  (tors)  und  Alexandre  de 
Bernay,  S.  345,  v.  36 ff.;  da  bitten  Frauen  Alexander,  sie  nicht  aus 
dem  Walde  zu  treiben,  dessen  Schatten  sie  nicht  verlassen  dürften, 
ohne  zu  sterben  (Bartsch,  Afrz.  Chrest.    192,  14  m). 


Nr.  6.     G-.  de  la  Tor,    Si  mos  fis  cors  (Gr.  236,9).  35 

g.     Oder  ma  vid'a?. 

26.  Statt  tal  joi  hat  al:  tal  vuoill.  Betreffs  des  Substantivs 
volh  s.  oben  die  Anm.  zu  Nr.  2,  12. 

35.  Unter  den  Vergleichen,  in  denen  das  Kind  eine  Rolle 
spielt,  führt  Stoessel,  Nr.  336  auch  diesen  an. 

37.  Für  bildlich  gebrauchtes  maire  gibt  Stoessel  S.  25,  107 
zwei  Beispiele.  Vgl.  auch  lat.  mater  in  der  Bedeutung  „Ursache, 
Ursprung,  Quelle,  Wurzel,  Grund". 

38.  Hs.  1:  E-l  Jois  c'ai,  donz,  de  vos  mi  ve\  D  ebenso,  nur 
douz  statt  donz.  Es  scheint,  dafs  donz,  das  sonst  nur  in  Verbindung 
mit  mi  und  si  vorkommt,  in  I  (D)  alleinstehend  statt  domna  als 
Anrede  verwendet  ist,  zumal  da  die  Dame  in  dieser  Strophe  nicht, 
wie  in  Str.  II,  v.  15,  III,  v.  2 1  u.  29  und  VI,  v.  51,  mit  domna 
oder  bella  angeredet  wird. 

43.  In  Anbetracht  der  Variante  ioia  könnte  man  auch  joV 
schreiben. 

49.  puesc  aver  =  ai. 

50.  voler,  wie  auch  lat.  voluntas,  „das  Wollen,  die  geistige 
Richtung,  die  Gesinnung,  der  Sinn". 

54,  55.  Hs.  a1  wiederholt  hier  nur  v.  19  u.  20,  abgesehen 
von  voler  statt  valer. 


Guilhem  de  la  Tor, 

Si  mos  fis  cors  (Gr.  236,  9). 


D  187,  F  117  (133),  G  1 10  (S.  355,  anonym,  vor  Liedern 
des  G.  de  la  Tor),  /  132  (MG.  653);  Dc  259  (204),  v.  1  u.  Str.  II. 
—  Nicht  benutzt  KN.  —  Text  und  Orthographie  nach  F. 

In  v.  37  trennen  sich  D 1  hinsichtlich  der  Auffassung  von 
F G;  auch  fehlt  DI  der  v.  17,  hom  in  v.  19  und  cd  qui  in  v.  21; 
ferner  haben  beide  in  v.  2  den  starken  Hiatus  degra  a,  in  29  das 
v.  30  wiederkehrende  Reimwort  traitz  und  in  v.  30  falsche  Reim- 
endung. In  /  allein  vermifst  man  noch  v.  52  u.  53.  Dc,  das 
nur  Str.  II  bietet,  schliefst  sich  da  in  v.  17  der  Hs.  F  an.  Während 
aber  in  G  v.  22,  v.  30  und  in  v.  6  das  Wort  li  fehlt  und  es  in 
^^  mers  statt  merces,  sowie  in  46 — 48  und  51 — 53  die  Reim- 
endung  -az  statt  at  hat,  ist  F  frei  von  erheblicheren  Fehlern  und 
somit  als  beste  der  uns  bekannten  Hss.  anzusehen. 

Das  Gedicht  ist  eine  Kanzone  und  besteht  aus  5  zehnzeiligen 
coblas   singulars    und  einer  fünfzeiligen  Tornada.     Sein  Schema  7  a 


36  Nr.  6.     G.  de  la  Tor, 

7a  7a  7a  3a  7b  7b  3b  7c  7c  ist  als  Unikum  bei  Maus  unter 
Nr.  23  verzeichnet.  Homonyme  Reime  sind  die  3  fer  („Eisen", 
„schrecklich",  „stöfst"  [Str.  1]),  te  „dich"  v.  41  und  „hält"  v.  42, 
desval  v.  49  („schadet")  und  im  Gel.  54  („ist  weniger  wert"),  sowie 
val  v.  50  und  im  Gel.  55,  reiche  Reime  fer,  safer,  infer  (Str.  1), 
dolor,  valor,  conortar,  conquistar,  sofertar,  portar  und  plazer,  vezer 
(Str.  II),  esper  an,  garan,  trairan,  desiran,  faran  (Str.  IV),  pietaz, 
beltatz  (Str.  IV)  und  rictat,  humilitat,  bontat,  beutat,  pietat,  vertat  (Str.  V 
und  Gel.),  leoninische  Reime  honramen,  cubertamen,  eissamen, 
jauzimen,  marimen  und  avenir,  venir,  fenir  (Str.  III).  Zu  beachten 
wären  ferner  die  zahlreichen  Reimspielereien,  die  in  der  Häufung 
von  Reimwörtern  gleichen  Stammes  bestehen:  retrai,  trat,  atrai  und 
desconort,  conort  (Str.  1),  conortar,  desconortar  und  desplazer,  plazer 
(Str.  II),  avenir,  venir  und  maltraitz,  traitz  (Str.  III),  confortz,  descon- 
fortz,  fortz  (Str.  IV),  te,  rete,  mante,  chapte  (Str.  V). 

I.  Si  mos  fis  cors  fos  de  fer, 

Si*s  degr'el  a  1'afFan  fer 
Esser  partiz,  q'el  suffer. 
Q' Amors  lo  bat  tant  e*l  fer 
5  Qu'inz  l'infer 

Li  fora  meillz,  qom  retrai, 
Q'el  fos  q'e  raffan,  q'el  trai; 

Qe  m'atrai, 
Dompna,  per  vos  desconort, 
io     Cui  am,  don  non  hai  conort. 

IL  Pero  si'rn  dei  conortar, 

Q'eu  sai  q'en  desconortar 

Non  pot  hom  re  conquistar; 

Per  q'om  deu  be  soffertar 
15  E  portar 

En  paz  tot  son  desplazer, 

Entro  que  vegn'al  plazer; 
Qe  vezer 

Non  deu  hom  far  sa  dolor 
20     En  loc,  on  no'i  a  valor. 

I.  I  cor  F  2  Si  d.  DG  I;  degra  a  D  I  3  qil  s.  G  4  Camor  G; 
ef.Z)/  5  Qinz  elfer  G,  Qel  lo  fer  D,  Que  sofer  /  6  Li  fehlt  G;  retraia  D 
7  f.  qen  D,    qu  G;    lafans  qil  G         8  Qi  DG I;    maltrai  F         IO  nö  G 

II  auch  in  De.  II  Per  so  /  14  Perqoz  D«;  soffretar  F  17  fehlt  DI, 
Si  nö  pot  far  tot  so  p.  G       19  hom  fehlt  I  und  urspr.  D       20  noil  ha  DI,  uola  G 


Si  mos  fis  cors   (Gr.  236,  9).  37 

Qar  cel  se  fai  honramen, 

Qe  semblan  de  jauzimen 

Fai  e  te  cubertamen 

En  son  cor  son  marimen; 
25  Q'eissamen 

Com  li  pot  mals  avenir, 

Li  poria  bes  venir, 
Qe  fenir 

Poria  totz  los  maltraitz 
30     Q'el  ha  per  totz  temps  mal  traitz. 

IV.  Per  q'eu  suffren  esperan 
Aten  e  si  vau  garan 
S'amors  e  merces  trairan 
Vas  me  joi,  don  desiran 

35  Mi  faran 

Langir,  si  no'm  ve  confortz 

Per  lor,  e  mos  desconfortz 
Es  trop  fortz, 

S'ab  vos  no"m  val  pietatz, 
40     Dompn',  on  es  fina  beltatz. 

V.  Com  plus  me  diz  ,vira  te' 
Mos  cors,  vostr'amors,  qe'm  te, 
Adoncs  plus  fort  me  rete. 

Ai,  dompna,  cui  jois  mante 
45  E  chapte, 

Non  gardaz  vostra  rictat, 

Mas  gardaz  humilitat 
E  bontat; 

Qe  ricors  crei  qe  desval 
50     Ses  merce  plus  qe  non  val! 


III.  21  cel  qui  fai  I  und  -wohl  urspr.  D,  wo  se  auf  Rasur ;  honramenc  F 
22  fehlt  G  23  cubetam  G  26  pocZ>7,  pog  G;  mal  G  I  28  Qui  D 
29  los  mals  traitz  DI,  li  maltraich  G         30  fehlt  G;    mal  traich  D,  mal  trag  / 

IV.  32  g(r)aran  F  33  mers  t.  G  34  Uer  D  I\  mel  j.  D  Gl  3611 
ue  G       37  1.  m.  grans  d.  D  I,  1.  enios  (=  e  mos)  d.  G       38  Er  DGI       39  n  v.  G 

V.  41  Som  F;  di  DI;  iurate  G  42  cor  FG;  amor  G  46  gardez  DI; 
ritat  D,  rictaz  G  47  humilitaz  G  48  bontaz  G  49  cre  D  G I 
50  n.]  uon   / 


38  Nr.  6.     G.  de  la  Tor,    Si  mos  fis  cors  (Gr.  236,9). 

VI.  Caps  de  prez,  flors  de  beutat, 

Aiaz  de  mi  pietat! 

Q'en  vertat 
Vos  die  qe  vida'm  desval, 
55     Si  merces  ab  vos  no'm  val! 

VI.  51  flor  de  beutaz  G  52  fehlt  I;  pietaz  G  53  fehlt  /;  uertaz  G 
54  uitam  D I 

I.  Wäre  mein  treues  Plerz  auch  von  Eisen,  so  müfste  es 
dennoch  bei  dem  schrecklichen  Kummer,  den  es  erduldet,  schon 
gebrochen  sein.  Die  Minne  schlägt  und  quält  („stöfst")  es  nämlich 
derart,  dafs  ihm  nach  dem,  was  man  (von  der  Hölle)  berichtet, 
wohler  wäre,  es  lebte  in  der  Hölle  als  in  solcher  Kümmernis;  denn 
sie  verursacht  mir  Leid  um  euretwillen,  Herrin,  die  ich  liebe,  wo- 
von ich  aber  keine  Freude  habe. 

IL  Indessen  mufs  ich  mich  trösten,  weil  ich  weifs,  dafs  man 
mit  Klagen  nichts  schaffen  kann,  weshalb  man  wohl  sein  ganzes 
Mifsgeschick  ruhig  ertlulden  und  tragen  mufs,  bis  man  Freude 
erlangt;  soll  man  doch  seinen  Schmerz  nicht  zeigen,  wo  das 
nichts  nützt. 

III.  Der  nämlich  verschafft  sich  Ehre,  der  Frohsinn  zu  er- 
kennen gibt  und  seine  Betrübnis  in  seinem  Herzen  verbirgt;  denn 
ebenso  wie  ihm  Übles  zustofsen  kann,  könnte  ihm  ein  Glück  zu- 
teil werden,  das  imstande  wäre,  allen  Leiden,  die  er  stets  in 
schlimmer  Weise  erduldet  hat,  ein  Ende  zu  machen. 

IV.  Deshalb  warte  ich  duldend  und  hoffend  ab  und  passe 
doch  auf,  ob  Liebe  und  Gnade  mir  eine  Freude  verschaffen,  wegen 
welcher  sie  mich  in  Sehnsucht  werden  vergehen  lassen,  wenn  sie 
mir  ihre  Hilfe  versagen,  und  mein  Kummer  ist  zu  mächtig,  wenn 
mir  Mitleid  bei  euch  nichts  nützt,  Herrin,  die  ihr  vollkommene 
Schönheit  besitzet. 

V.  Denn  je  mehr  mein  Herz  mir  sagt:  „Wende  dich",  um 
so  stärker  hält  mich  die  unwandelbare  Liebe  zu  euch  („die  Liebe, 
die  mich  fesselt")  zurück.  Ach  Herrin,  welche  die  Lust  stützt  und 
leitet,  ungeachtet  eurer  Vornehmheit  bewahret  Milde  und  Güte; 
glaube  ich  doch,  dafs  Adel  ohne  Gnade  mehr  Schaden  bringt  als  Nutzen ! 

VI.  Gipfel  des  Wertes,  Blume  an  Schönheit,  habet  Mitleid 
mit  mir,  denn,  das  versichere  ich  euch,  das  Leben  verliert  für  mich 
wirklich  seinen  Wert,  wenn  mir  Gnade  bei  euch  nicht  hilft! 

1.  v.  1,  30  u.  38   bestehen  aus  lauter  einsilbigen  Wörtern. 

3.  partir   „brechen  (vom  Herzen  gesagt)",  Sw.  6,  103,  6. 

5.  inz,    das    sonst  nur  als  Adverb  und  in  Verbindung  mit  en 

oder  de  begegnet,    ist  in  F,    wie  das  häufig  mit  dinz  geschieht,    als 


Nr.  7-     G.  de  Poicibot,    S'ieu  anc  jorn  (Gr.   173,  11).  39 

Präposition    gebraucht;    auch    afz.  ens  ist  Adv.  u.  Präp.    —   Eine 
Änderung  in  q'e  Vinfer  ist  demnach  nicht  nötig. 

6.     retrai  „es  wird  erzählt,  berichtet",  Sw.  7,  301,6. 
12,    13   zitiert  Raynouard,  Lex.  4,  389  b. 

18,  19.  Auch  andere  Dichter  ziehen  es  vor,  ihren  Liebes- 
kummer nicht  merken  zu  lassen;  B.  de  Ventadorn  (ed.  Appel),  25, 
35  sagt  Tan  n'ai  de  pezansa  Que  totz  nien  desconort;  Mas  no-n 
fatz  se?nbla?isa,  C'ades  chant  e  deport,  und  G.  de  Bornelh,  Ausg., 
Nr.  23,  81  Merce  No-lh  deman,  Mas  vauc  m'alegran  Com  no  cono- 
gues    Ni  saubes  Vafan. 

28.  F  hat  '/hur;  aber  wegen  des  wohl  vom  Dichter  beab- 
sichtigten leoninischen  Reimes  setze  ich  nach  den  übrigen  Hss. 
fenir  in  den  Text. 

30.  los  maltraitz,  q'el  ha  mal  traitz  ist  ein  Wortspiel;  traire 
maltrait  =  traire  mal,  afan,  trebalh  oder  =  sofrir  maltrait. 

37.  dssconfort  fehlt  noch  in  den  prov.  Wörterbüchern;  das 
afz.  Verbalsubst.  descon/ort  „Leid,  Kummer"  s.  in  Försters  Wbch. 
und  vgl.  auch  bei  Godefroy  afz.  desconfortance  und  desconfortement 
„decouragement". 

43.  adonc;  s.  Appel,  Chrest,  Gloss.,  S.  206b  on  mais  — 
adonc  mais. 

49 — 50.     Vgl.  dazu  Nr.  2,  v.  14—18  (Daude  de  Pradas). 


7. 


Gausbert  de  Poicibot, 

S'ieu    anc  jorn   (Gr.  173,  11). 


A  116  (331;  Arch.  33,459),  #47,  G  104  (S.  339),  ffiy  (57), 
P  10  (Folquet,  Arch.  49,  75),  U81  (Arch.  35,  418).  —  Nicht  be- 
nutzt CIKNRS  Ta.  —  Text    nach  AG,    Orthographie  nach  A. 

Der  Umstand,  dafs  D  H  P '  U  in  v.  35  das  auch  in  v.  60  vor- 
kommende Reimwort  aital  statt  des  tal  von  A  G  haben,  würde  zur 
Gruppierung  der  Hss.  noch  nicht  ausreichen,  wenn  nicht  A  G  auch 
in  v.  6,  18  u.  60  die  bessere  Lesart  aufzuweisen  hätte.  In  v.  56, 
wo  D  P  ganz  fehlen,  hat  G  allein  das  Richtige  mit  rics,  das  sich 
in  A  HU  nicht  findet.  Auch,  wo  G  mit  U  zusammengeht,  in 
v.  4,  8,  11,  27,  43,  45,  bietet  es  meist  Annehmbares.  In  A  D  ist 
v.  13  wegen  des  fehlenden  e  um  eine  Silbe  zu  kurz.  Man  geht 
gewifs  nicht  fehl,  wenn  man  dem  Text  A  G  zu  Grunde  legt. 


40  Nr.  7.     G.  de  Poicibot, 

Das  Gedicht  ist,  wie  auch  v.  51  besagt,  eine  Kanzone.  Das 
Lied  wird  von  4  zwölfzeiligen  Strophen,  einer  zwölfzeiligen  und 
einer  vierzeiligen  Tornada  gebildet.  Es  handelt  sich  um  coblas 
unissonans.  Das  Schema  6a  6b  6b  6a  6a  6b  7b  7a  7c  10c 
8  d  8  d  ist  bei  Maus  unter  Nr.  449  für  Gausbert  insofern  nicht 
ganz  richtig  dargestellt,  als  Maus  der  7.  und  8.  Zeile,  die  in  Joan 
Esteves  ähnlich  gebautem  und  mit  den  nämlichen  Reimendungen 
ausgestattetem  Planh  nur  sechs  Silben  haben,  auch  nur  sechs 
Silben  statt  sieben  gibt.  Die  Strophen  1 — 4  haben  immer  im 
2.  Verse  als  Refrain  die  Anrede  Amors.1  Die  5.  Str.  ist,  wie  ihr 
Inhalt  und  das  Fehlen  des  Refrainwortes  zeigt,  als  erstes  Geleit 
anzusehen.  Wiederkehrende  Reime  sind  prezans  v.  8  u.  Gel.,  52, 
enans,  Adv.,  v.  25  und  Subst.  v.  44,  esper  v.  10  u.  Gel.,  61,  valer 
„nützen",  v.  22  u.  „gelten",  Gel.,  62,  val  v.  12  u.  Gel.,  64  und 
natural  „richtig,  wirklich",  v.  48  u.   „vollendet",  Gel.,  63. 

I.  S'ieu  anc  jorn  dis  clamans 

Encontra  vos,  Amors, 
Orguoills  ni  desonors, 
Ara'm  dei  e  mos  chans 
5  Humiliar  dez  tans 

E  laissar  mas  ciamors, 
Pois  ma  dompn'  Elionors, 
La  pros  comtessa  prezans, 
O  deign'enaissi  voler, 
10     E  si  tot  ieu  de  vos  grat  non  esper, 

Be-us  dei  grazir  lo  ben  e*l  mal, 
Puois  ill  m'o  manda,  que  tant  val. 

IL  Humils  e  merceians 

Mi  rend  a  vos,  Amors, 
15  Car  mi  forsset  errors 

I.     1  j.  fehlt  G;    claman  P  3  Orguoill  APU         4  Er  mi  d.  en  G, 

Ar  mon  dei  a  U  5  des  D,  dos  A  H  P  U  6  E  lassar  P,  E  llausar  D,  Et 
aissar  H,  E  blasmar  U  7  Mas  U;  lionors  A,  lienors  D  H  8  contenssa  D, 
regina  G  U,  rayna  P;  peisans  G  9  deigna  (denhan  P)  aissi  AP,  d.  onaissi  G 
ioieu]en  G\  g.d.v.  G,  v.g.  Z>  11  Bes^P,  Ben  U;  deZ»;  bes  G,  danADN 
12  mi  m.  U,   ma  m.  P,   o  m.  G 

II  ist  III  in  U.  13  Omils  D;  e  fehlt  A  D  14  ab  v.  U  15  forchet 
e.  G,   for  se  terrors  U 


1  Darin,  dafs  dieser  Refrain  sich  auch  bei  Folquet  de  Marseille  (ed. 
Stroriski),  St.  VIII  findet,  sieht  Stronski,  S.  123*  den  einzigen  Grund,  dafs  P 
unser  Lied  dem  Folquet  attribuiert. 


S'ieu  anc  jorn   (Gr.   173,  11).  41 

E'ill  lenga  malparlans 

Q'e*us  fos  contrarians 

Ab  digz  maldizedors, 

Et  ieu  vos  dirai  lauzors 

20  E  de  plazers  cent  aitans 

Que  non  vos  dis  desplazer; 
C'orgoills  sai  ben  que  no  m'i  pot  valer, 
Per  c'oimais  d'enemic  mortal 
M'auretz  amic  fin  e  leial. 

III.  25  Q'ie'us  vencerai  enans 

Merce  clamans,  Amors, 
Ab  precs  et  ab  temors; 
Qe  s'ieu  ab  braus  semblans 
Vos  era  contrastans 
30  Nr  us  dizia  folors 

Ab  fals  digz  reprendedors 
E  si  mos  leugiers  talans 
Mi  fetz  orgoillos  parer 
Encontra  vos  ni  dire  non-dever, 
35  Ben  dei  far  penedensa  tal 

Cum  taing  a  forfaich  desleial. 

IV.  Sabetz  cal?     Als  mieus  ans 
M'er  totz  temps  mais,  Amors, 
Doussa  ma  greus  dolors 

4°  E  bes  e  pros  mos  dans 

E  sojorns  mos  affans 
E  gabs  e  ris  mos  plors 

16  El.  DH,   Nil.  U;    mals  parlans  D  H  18  dig  P,   moz  U\    mals 

disedors  (decedors  U)  D  H  P  U  19  Ez  eu  d.  v.  G,  Et  ieus  d.  A  P,  Mas  er 
v.  d.  U  20  plaiser  U  21  no  GH,  anc  non  U;  diz  G;  desplasers  D  H, 
plazer  U  22  Co.  seu  be  G,  E  o.  uei  U\  no  me  p.  G,  non  i  p.  U,  mi  po  D 
23  quois  mais  D         24  amics  U\    finc  G 

III  ist  II  in  U.  25  uenzeria  e.  G;  Seu  uen  sereai  annans  U  26  merces  G; 
claman  A  HP  27  fehlt  P;     A  p.  et  a  G  U  28  a  brau  G  U,    am  b.  P 

31   fols  U;    dig  P  32  leugier  U  33  Mo  U  34  E  contra  U;    ne  U, 

e  G,  nol  H;  d.  ren  d.  c7  35  deu  G;  penedenss  aital  D  HPU  36  t.  a] 
teingna  i  U\   forfaic  D ;   deslials  U 

IV.  57  Säbel  G;  cals  G,  qe  P;  als]  al  G,  fehlt  U;  mo  sanz  U 
38  Mor  t.  t7,  Merzes  Z>;  m.  uas  a.  U  39  Doza  m.  g.  G,  A  dolca  mas  greu  U 
40  ben  e  p.  mon  c7        41  Esoiors  G,   E  soiorn  U        42  E  gaug  U,  E  gaugs  /> 


42  Nr.  7.     G.  de  Poicibot, 

E  mos  loncs  trebaills  legors 
E  totz  mos  destrics  enans 
45  E  miei  gran  enoi  plazer, 

E  despendrai  mo  sen  e  mon  saber 
En  vos  gen  servir  a  jornal 
Cum  hom  serv  seignor  natural. 

V.  AI  rei  dels  Alamans, 
50  Cap  dels  emperadors, 

Vai,  chanssos,  cui  valors 
Dona  sobrels  prezans 
Tant  de  pretz  cum  es  grans 
Sobre  totz  sa  ricors, 
55  E  del  sieu  pretz  es  autors 

Lo  sieus  noms  rics  benestans, 
Q'el  a  fre  de  ric  per  ver; 
Per  refrenar  vils  faitz  e  retener 

Q'us  non  toc  a  son  pretz  cabal, 
60  Fre  de  ric  e  man  port'aital. 

VI.  Del  rei  d' Aragon  esper 
C'ades  meillur  e  sapcha  mais  valer, 

Qand  el  aura  sen  natural, 
Pois  joves  sap  tant  e  tant  val. 

43  m.  grans  GU;  trebailh  U,  trebaslz  G,  treblaus  D  44  destric  P,  de- 
streics  //;     E  m.  gran  d.  en  nans  U,    E  folia  mer  gazains  G  45  E  m.  gräz 

enueiz  G,   Mei  g.  enug  U,  E  tuich  m.  e.  AD  H  P       46  senz  G       47  E  v.  D  H\ 
gen  fehlt  G         48  Cirai  sers  s.  G,  Com  hom  stignor  H,  Comon  son  seingnor  U 

V  fehlt  DP.  49  del  G;  halemanz  H,  alamaus  G  50  Caps  GHU\ 
emperador  H  51  chanson  H  52  Döna  G,  Da  prez  U;  sobrel  U;  pre- 
ganz  H  53  T.  donor  qar  es  U  54  S.  totas  r.  H ,  Qe  sos  faiz  ausors  U 
55  IL  fehlt  A\  aüctors  G;  Qe  de  bons  faichz  es  a.  H,  Qel  sal  prez  e  puia  en- 
nanz  U  56  seuus  H ,  seu  G;  rics  fehlt  A  H,  E  so  ben  es  tans  U 
57  Qeilh  U,  Cel  G,  Qe  H\  a  nom  freseric  U,  tes  fresderic  H\  de  v.  U  58  re- 
strenar  v.  H,  refrenail  uil  G  59  Cun  H\  al  seu  U  60  de  fehlt  A\ 
riqema  G,    riqesa   H  U 

VI  fehlt  D  G  P  U.  61  arangon  H  62  e  sa  pogz  arnais  v.  H  64  P. 
tan  j.  s.  t.  e  v.  H 

I.  Wenn  ich  schimpfend  euch,  Minne,  je  boshaft  und  un- 
ziemlich verleumdete,  so  mufs  ich  mich  jetzt  in  meinen  Liedern 
zehnfach  demütigen  und  meine  Klagen  einstellen,  da  meine  Herrin, 


S'ieu  anc  jorn  (Gr.   173,  n).  43 

die  wackere,  treffliche  Gräfin  Eleonore,  es  so  zu  wünschen  beliebt,, 
und  obwohl  ich  von  euch  (der  Minne)  keinen  Dank  erwarte,  so 
mufs  ich  euch  wohl  für  das  Gute  und  (auch  für)  das  Üble  danken, 
da  sie,  die  soviel  gilt,  es  mir  aufträgt. 

II.  Demütig  und  ehrerbietig  („um  Gnade  bittend")  ergebe 
ich  mich  euch,  Minne,  denn  der  Irrtum  und  die  lästernde  Zunge 
zwang  mich,  mit  verleumderischen  Worten  mich  gegen  euch  feind- 
selig zu  zeigen,  und  ich  werde  euch  loben  und  hundertmal  soviel 
Freundliches  sagen,  wie  ich  euch  Unfreundliches  sagte;  kann  mir 
doch  wahrlich  Hochmut  bei  euch  nichts  nützen,  weshalb  ihr  nunmehr 
an  mir  statt  eines  Todfeindes  einen  treuen,  aufrichtigen  Freund 
haben  werdet  („aus  einem  T.  .  .  .  bekommen  werdet"). 

III.  Eher  nämlich  werde  ich  euch,  Minne,  mit  Bitten  und 
Ehrfurcht,  um  Gnade  flehend  gewinnen;  denn  wenn  ich  euch  mit 
häfslichen  Anspielungen  bekämpfte  und  mit  falschen,  tadelnden 
Worten  Dummheiten  sagte  und  mein  Leichtsinn  mich  gegen  euch 
hochmütig  erscheinen  und  Ungebührliches  sprechen  liefs,  so  mufs 
ich  nun  wohl  solche  Bufse  tun,  wie  es  sich  für  einen  sündigen 
Treulosen  geziemt. 

IV.  Wifst  ihr,  welche?  Stets  („mein  Lebelang")  soll  mir, 
Minne,  künftig  mein  arger  Schmerz  angenehm  sein,  mein  Schaden 
soll  Glück  und  Nutzen,  mein  Leid  Lust,  mein  Weinen  Scherz  und 
Lachen,  meine  lange  Mühsal  Ruhe,  jeder  für  mich  eintretende 
Verzug  Förderung  und  meine  grofsen  Ärgernisse  sollen  mir  Ver- 
gnügen sein,  und  ich  werde  meinen  Verstand  und  mein  Wissen 
dazu  benutzen,  euch  immer  gut  zu  dienen,  wie  man  einem  richtigen 
Herrn  dient. 

V.  Lied,  gehe  hin  zum  König  der  Deutschen,  dem  Haupte 
der  Kaiser,  den  Tüchtigkeit  so  hoch  über  die  Trefflichen  stellt, 
wie  seine  Macht  alle  übertrifft,  und  seinen  Wert  bezeugt  sein  hoher, 
passender  Name,  denn  er  besitzt  fürwahr  den  Zügel  eines  Mächtigen ; 
um  gemeine  Taten  zu  hemmen  und  zu  verhindern,  dafs  irgend 
jemand  an  seinem  hervorragenden  Wert  rühre,  trägt  er  solchen 
machtvollen  Zügel  in  seiner  Hand. 

VI.  Der  König  von  Aragon  wird  hoffentlich  alsbald  besser 
werden  und  immer  mehr  zu  gelten  verstehen,  sobald  sein  Ver- 
stand ganz  ausgebildet  sein  wird,  da  er  doch  bei  seiner  Jugend 
(schon  jetzt)  soviel  weifs  und  gilt! 


Der  Mönch  Gausbert  de  Poicibot  dichtete  etwa  von  12 10 — 30 
(s  Chabaneau,  Biogr.  S.  144).  Die  Entstehung  der  Kanzone,  in  der 
Friedrich  reis  de/s  Alamans  und  caps  dels  emperadors  genannt  wird 
(v.  49 — 50),  fällt  wohl  in  die  Zeit  nach  der  Krönung  Friedrichs  II. 
zum  Kaiser,  die  am  22.  Nov.  1220  in  Rom  stattfand;  v.  59  kann 
sich  darauf  beziehen,  dafs  Friedrich   122 1  seine  königlichen  Rechte 


44  Nr.  7.     G.  de  Poicibot,    S'ieu  anc  jorn  (Gr.  173,  11). 

energisch  wiederherzustellen  suchte.  Damals  konnte  auch  Jakob  I.  von 
Aragon  (geb.  1208,  reg.  von  12 13 — 76),  von  dem  im  2.  Gel.  die  Rede 
ist1  (s.  Jeanroy,  Ann.  du  Midi  27,151  Anm.  3),  noch  der  unfertige 
(v.63),  der  junge  König  (v.  64)  genannt  werden.  Eleonore,  die  Schwester 
von  Jakobs  Vater  Peter,  die  etwa  von  1204  an,  wo  sie  sich  in 
noch  sehr  jugendlichem  Alter  befand,  mit  dem  1222  verstorbenen 
Grafen  Raimund  VI.  von  Toulouse  vermählt  war  (s.  Bergert,  Damen, 
S.  25),  dürfte,  als  Gausbert  sie  hier  (v.  7)  feierte,  nicht  viel  über 
30  Jahre  alt  gewesen  sein. 

5.  dez  tans)  da  Gausbert  Übertreibungen  liebte  (s.  v.  20  cent 
aitans),  so  ziehe  ich  dez  aus  D  G  dem  dos  von  A  HP  U  vor. 

7 — 8.  Eleonore,  Gräfin  von  Toulouse,  wurde  als  Tochter  des 
Königs  Alfons  IL  von  Aragon  von  mehreren  Trobadors  auch,  wie 
hier  in  GPU,   „Königin"   genannt  (s.  Bergert,  S.  26). 

II.  lo  ben  e'l  mal  aus  GPU  scheint  mir  angemessener  als 
lo  dan  e'l  mal  von  A  D  H;  denn  der  Dichter  hat,  wie  aus  v.  15 
u.   ig  hervorgeht,  der  Minne  auch  für  Gutes  dankbar  zu  sein. 

28.     semblan   „versteckte  Worte,  Anspielungen",  Sw.  7,  544,  13. 

43.  In  dem  Zitat  Levys,  Sw.  4, 355  b  (aus  Appels  Ined. 
S.  154)  entsprechen  die  Verse  E  mos  trebalhs  es  li  legors,  E  li  es 
sojorns  mos  afans  hier  den  vv.  43  u.  41;  m.  E.  gehört  die  Stelle 
im  Sw.  zu  legor  1,  da  doch  bei  der  anderen  Deutung  Levys  beide 
Verse  dasselbe  besagen  würden. 

44.  destric,  im  Gegensatz  zu  enans  „Förderung",  ist  „Auf- 
schub, Verzug";  s.  im  Pet.  Dict.  „hesitation,  d61ai". 

47.  a  jornal  „täglich,  immer",  Appel,  BVent,  S.  373,  „fort- 
während, ohne  Unterlafs",  Sw.  4,  274,  7. 

48.  natural  „angestammt,  rechtmäfsig",  Sw.  5,  363,  5,  „richtig", 
Appel,  Chrest.  277b;  im  v.63  bedeutet  das  Wort  „vollendet,  aus- 
gebildet", s.  Sw.  5,  364  „accompli". 

49.  Nach  Diez,  Poesie2,  S.  80  kommt  es  .selten  vor,  dafs  das 
Geleit  eine  ganze  Strophe  einnimmt.  —  Torraca,  Lirica  italiana, 
S.  313  und  Wittenberg,  die  Hohenstaufen  im  Munde  der  Trou- 
badours, S.  35  zitieren  diese  tornada  nach  A.  Beide  erwähnen 
auch,  dafs  derselbe  Dichter  im  Geleit  von  Gr.  173,3  den  Kaiser 
Friedrich  abermals  preise.  Frederic  steht  aber  da  nur  in  A  (327), 
während  in  G  (S.  344),  P  (Folket,  Arch.  49,  76,  7),  Q  (S.  151)  und 
tf1  (S.  294)  das  Lob  „Herrn  Amalrich"  gilt,  vielleicht  Amalrich 
von  Montfort  (s.  Diez,  L.  u.  W.2,  S.  369),  dem  dann  Gausbert,  der 
Mönch,  als  jener  im  Juni  12 18  nach  dem  Tode  seines  Vaters 
Simon  IV.  von  M.  die  Führung  des  Kreuzheeres  gegen  die  Albi- 
genser  übernahm,  wohl  seinen  Grufs  entbieten  wollte,  während  etwa 
irgend  ein  Anhänger  der  Albigenser,  damit  unzufrieden  (s.  Lewent, 
Kreuzlied,  S.  43  f.),  den  Namen  Amalrich  durch  den  Friedrichs 
ersetzte.     Die  betreffende  tornada  lautet: 

1  Nicht  Peter  II.,  wie  Bergert,  Damen  d.  Trob.,  S.  25  annimmt. 


Nr.  8.     Aim.  de  Belenoi,   Aissi  quo'l  pres  (Gr.  9,3).  45 

N'Amalric,  totz  jors 
Meillura  vostra  lauzors, 

Per  qu'ieu  en  chantan 
Trac  vostre  bon  pretz  enan. 

(Var. :  i  Frederic  A,  Amalric  Q  a1,  Almaric  G  2  Millora  Q,  Sesmera 
P,  Creis  A;  v.  valors  Pal         4  Trag  aS;  v.  p.  AG;  adenan  A). 

So  ist  es  denn  wohl  nicht  blofser  Zufall,  dafs  später  Joan  Esteve 
in  seinem  Klagelied  auf  den  Tod  "Amalrichs  IV.  von  Narbonne 
(f  1270)  Gausberts  Friedrich -Lied  (173,11)  in  Bau-  und  Reim- 
endungen nachgeahmt  hat,  das  ihm  eben  für  seinen  Zweck 
schliefslich  mehr  zugesagt  haben  mag  als  dessen  Gedicht  mit 
dem  Geleit  an  Amalrich. 

55,  56.  Vgl.  dazu  das  Geleit  in  Aim.  de  Pegulhas  Lob- 
gedicht auf  Friedrich  IL  (MW.  2,  171)  Be  pot  aver  lo  nom  de 
Frederic,    Que '  l  dig  sott  bon  e  •  l  fag  son  aut  e  ric. 

57.  fre  de  ric,  das  Wortspiel  kommt  zweimal  vor,  hier  und 
in  v.  60.  —  Über  das  Spielen  der  Provenzalen  mit  dem  Namen 
Frederic  s.  Tobler,  Verm.  Beitr.  22,  S.  247  und  Sitzungsber.  d.  Kgl. 
Preufs.  Akad.  in  Berlin  von   iqoo,  S.  238  fr.  zu  Gr.  461,  219,  31. 

59.  Wittenberg  übersetzt  S.  86  „zu  verhindern,  dafs  jemand 
seinen  ritterlichen  Wert  erreicht";  tocar  a  bedeutet  aber  wie  frz. 
toucher  ä  qc.   „an  etw.  rühren". 

61,  62.  Auch  nach  it.  sperare  che  kann  der  Konj.  stehen, 
weil  ja  das  Erhoffte  zukünftig  und  noch  nicht  wirklich  ist;  siehe 
Vockeradt,  §  245. 

64.  In  der  Tat  zeichnete  sich  Jakob  L,  „der  Eroberer",  in 
der  folgenden  Regierungszeit  durch  Weisheit,  Ritterlichkeit  und 
Edelmut  unter  den  Fürsten  des  Mittelalters  besonders  aus. 


8. 


Aimeric  de  Belenoi, 

Aissi  quo '  1  pres  (Gr.  9,  3).  * 


A  120  (343),  C  145  (MG.  194),  ^>  55,  H  2  (6),  M  148 
(MG.  889),  P  3  (Arch.  49,  64),  U  120  (Arch.  35,  446),  c  55  (Stengel, 
Nr.  80).    —    Ftb,    Str.  III    (Nr.  84),    a,   Str.  III    (MG.  1,    S.  192, 

1  Ob  die  hier  als  Nr.  8,  9  und  10  herausgegebenen  Lieder  des  Aim. 
de  Belenoi  inzwischen  auch,  einer  mir  soeben  erst  bekannt  gewordenen  An- 
kündigung vom  Jahre  191 5  gemäfs,  durch  De  Bartholomaeis  in  den  Ann.  du 
Midi  ediert  worden  sind,  vermag  ich  nicht  zu  sagen. 


46  Nr.  8.     Aim.  de  Belenoi, 

Aza'is,  v.  28827  ff).  —  Nicht  benutzt:  ElKLNRSf.  —  Ab- 
weichende Attribution:  Giraut  de  Bornelh  P  —  Text  nach 
MPc,  Orthographie  nach  C. 

Strophenfolge:    12  3  4  5  Pc 

2  3  5  4  6  M 

2  [2  a]  3  5  4  6  C 

2  [4a]  4  5  3  6  Dil 

2  [4a].  4  5  3  A 

2  4  5  3  6  U 

Die  in  C  auf  die  2.  Str.,  in  ADH  auf  die  4.  folgende,  Mon 
dan  beginnende  Strophe  fehlt  in  M P  U c.  In  der  Tat  ist  sie 
verdächtig  durch  die  beiden  Reimwörter  abelhir  und  razo,  die  v.  33 
bezw.  v.  32  ebenfalls  im  Reime  stehen,  durch  die  plötzliche,  un- 
begründete Anrede  an  die  Verleumder  und  wegen  ihres  entbehr- 
lichen Inhalts.  Von  der  Gruppe  MPUc  machen  MPc  die  Fehler 
anderer  Hss.  in  v.  24,  wo  razo  im  Reime  sicher  falsch  (v.  32)  und 
nach  dem  Vorgehenden  parlar  dem  vezer  mindestens  vorzuziehen 
ist,  nicht  mit;  auch  in  v.  14  scheint  ihr  no  Ven  pren  das  Ursprüng- 
lichere zu  sein.  Die  Anordnung  der  Strophen  ist  in  Pc  an- 
gemessener als  in  M;  die  5.  Str.  von  Pc  eignet  sich  mit  ihren 
letzten  Versen,  in  denen  der  Dichter  wieder  auf  die  in  der  1.  Str. 
erwähnte  Flucht  vor  der  Geliebten  in  einem  allgemein  gehaltenen 
Satze  zurückkommt,  besonders  gut  als  Schlufsstrophe.  —  MPc 
gemäfs  setze  ich  die  Str.  Mon  dan  in  die  varia  lectio  und  gestalte 
auch  den  Text  vornehmlich  nach  ihnen. 

Das  Gedicht  ist  eine  Kanzone,  die  aus  5  achtzeiligen  coblas 
unissonans  und  einer  vierzeiligen  Tornada  besteht.  Das  Schema 
ioabbaccdd  gehört  bei  Maus  zu  Nr.  535,  20.  Pro  „Nutzen" 
kommt  als  Reimwort  v.  8  und  31  zur  Verwendung,  es  „ist"  v.  30 
und  38;  aufserdem  werden  conques  aus  v.  13  und  bo  aus  v.  39  im 
Geleite  wiederholt.  —  v.  42  hat  epische  Zäsur. 

I.  Aissi  quoT  pres  que  s'en  cuja  fugir, 

Quant  es  estortz  e  hom  pueys  lo  repren 
E  li  dobl'om  son  perilos  türmen, 
Cugey  ab  genh  de  la  preyzon  eyssir 
5     D'Amor,  que  m'a  tan  duramen  repres 

Que  per  nulh  gienh  estorser  no'lh  puesc  ges. 

I.      1   qant  se  c.  U;     fuzir  F,    fuger  D  2  Q.  es]  Ades  c\     estort  P, 

estroc   D,    torz  U;    p.  h.  A  C  U  3  Hill  D  H,    Ellen  P;    dobla  hom  D  H, 

dobla  P,  doblon  M,  doblan  U;  sos  M;  p.]  doloros  D  H,  cfoloiros  A 
4  Cugia  D\    ab  engeing   U;    de  sa  p.   CP  5  qe  ma  si  d.  M,    q.  t.  mala- 

ment   ma    U;     r.]   conqes    P  6    Don    per    M\     estortz    D  II,     eissir   U; 

non  p.    A  W  c 


Aissi  quo'l  pres  ((jr.  9,3);  47 

Anc  mai  no  fuy  en  tan  mala  preizo 

Que  sens  ho  gienhs  no '  m  pogues  tener  pro. 

II.  Per  aital  gienh  mi  fetz  mos  sens  partir 
10     De  son  pays  qu'eu  no  vis  son  cors  gen, 

Quays  qu'oblit  om  so  que  no  ve  soven; 
Mas  anc  mos  sens  no\s  pot  tant  afortir 
Quem  giet  del  cor  selha  que  m'a  conques, 
Don  cug  murir,  si  no'lh  en  pren  merces; 
15     Que  mon  cor  es  miralhs  de  sa  faysso, 
Per  que'l  fugirs  no*m  fa  ren  si  mal  no. 

III.  Tan  m'es  al  cor  que,  quan  de  Heys  cossir, 
Selhs,  que  parlon  a  me,  ges  no'ls  enten 


7  Canc  AD  ff;  fu  P,  mes  D  ff,  mis  c7;  ta  C  8  s.  o  gienh  ff  M, 
s.  ongues  P,  sen  o  geing  c,  s.  ni  g.  A,  g.  ho  s.  C;  no  mi  A  M,  noi  D  ff, 
non   U\     pot  t.  A,    degues  t.    C,    tengessan  M 

II.  9  Cab  P;  men  f.  P;  mons  ff,  mon  D  P  U c;  sen  P c,  ses  U 
10    Del  sieu   A;    que  n.  A  C D  ff  U;    ui  DPc;     cor  U  II    Quays  quom 

ob.  C,  Qai  com  ob.  om  U,  Qes  ob.  hom  c,  Caschun  ob.  P;  so  qom  MP; 
nom  P  U  12  a.]  ges  AD  HU;  mon  sen  nos  p.  c,  m.  ses  nos  poc  M, 
m.  cors  noys  poc  C,  mon  cors  non  pod  P,  non  p.  mon  ses  17,  era  nom  p. 
(puosc^4)  AD,    era  nos  p.  ff  13  Qe  g.  D  ff,    Qieu  g.  M;     dal  col  P\ 

celei  A  ff  U,    colei  D;    ge  ma  P;    conquis  D  14  Anz  A;    crei  Pc;    no 

llen  p.  M,     no  len  p.    Pc,     nom  (non  HU)  socor  (socois  ff)  A  D  ff  U,     no 
men  ual  C         15  Car  DHU;  mos  AD  H  M  U;  cors  AD  HP;  mes  ACM 
16  fugir  D  Mc;    non  c/;    f.]  ual  D  H.  es  Pc;    res  C,    al  il/ 
IIa  steht  in  A  C D  H,  fehlt  in  MP  U c. 

Mon  dan  mi  fai  sa  valors  abelhir 
10a     E  mon  destric,  lauzengier  maldizen, 

Qu'ieu  jur  per  Heys  —  qu'ieu  l'am  tan  coralmen  — 
Que  nulh  mon  dan  non  conosc,  quan  m'albir 
Re  que*l  fos  mal;  e  donc  ylh  conogues, 
Per  amor  Dieu,  l'af'an  en  que  m'a  mes 
15  a     E  mandes  me  a  cuberta  razo 

So  per  qu'estes  en  bona  sospeysso! 

IIa.     9a)  ualor  H  na)  uir  p.  C;    le  H\    que  lam  A;    c]  finamen  A 

12a)  Queu  D  H;    conois  A;     q.]  tan  D           13a)  Ne  (Que  PI)  quill  D  H;    d. 

(docs  D)  il  conges   D  H  14  a)  lamor   D  H;     af.]  amor  A            15  a)  ab  c.'  C 

16a)  S.  p.  qeu  steis  D  H ,  per  qieu  e.  A;    en]  on  D 

III  auch  in  Fa.  17  el  c.  A  D  F H M ;  coissir  M  18  Cels  M,  Celh  a 
(Az.),  Ce\DH;  qi  parla  D  H;  abmeACDFHM;  g.]  ieu  A  C  M  U  a\ 
noll  D,   no  1  H 


48  Nr,  8.     Aim.  de  Belenol , 

E  fatz  lor  en  ab  esguardar  parven 
20     Et  ab  semblan  et  ab  ,oc'  e  ,non*  dir 
E  pas  entr'elhs  tristz,  ab  fin  joi  cortes 
Pessan  de  Heys  cum  vezer  la  pogues; 
Qu'ieu  non  ai  joy,  mas  tant  quant  ab  leis  so, 
Ni  l'aus  parlar,  tant  ne  tem  mal  resso. 

IV.  25     Als  no  puesc  far  mas  lai,  on  puesc  auzir 

De  leis  parlar,  m'en  tornarai  corren; 
Quar  fis  amicx  pren  gran  refranhemen, 
Quant  au  sidons  lauzar  ni  enantir 
Ni  pot  parlar  ab  selhs  cuy  platz  sos  bes. 
30     Quar  negus  hom  tan  enemicx  no  m'es, 
Si  la#m  mentau,  qu'ieu  no  vuelha  son  pro, 
Sevals  d'aitan  quan  dira  sa  razo. 

V.  Mas  tot,  quan  deu  az  Amor  abelhir, 
E  tot,  quant  es  a  leyal  pretz  plazen, 


19  Mas  ADFHc;  faz  les  ben  c;  al  les  gardar  P,  a  bens  parlar  U 
20  Cab  s.  P,  Ab  s.  Rayn.  (1.  r.  4,  325  b),  Et  ab  rire  ACD  FMUc,  Et  ab 
rieyre  a,  Et  ab  erire  H\  ab  oc  e'n  non  dir  Rayn.,  ab  ioc  e  n.  d.  M,  ab 
non  dire  U  21  pars  M,  pais  H,  pois  c,  pos  P;  trics  D,  tris  P  c,  trist 
CFU\  ab]  de  M;  f.]  far  H\  j.]  cor  C,  cors  a;  conqes  F  22  c]  quo  u; 
ueuzer  P  23  ha  j.  D;  m.  t.  cum  D  F  H,  m.  qu.  Ca,  entro  qu.  U;  ab 
le  M,    ab  li  H,    ab  elha  C,    amb  ela  a  24   Ni  lau   U,    Ni  naus  Pc;     p.] 

uezer  CDHMa;  t.  tem  son  m.  Fe,  t.  ten  mi  m.  D,  t.  enten  m.  A  M  P  c1  \ 
raso  A  H\    raizo  M 

IV.  25  AI  D  H;  pos  f.  D  H,  aus  f.  c,  fai  fair  P,  farai  M;  la  on 
sai  a.  D  H  26  D.  1.  parlanz  D,  P.  d.  1.  A  C\  raen  tornerai  Mc,  men  ne 
uau  U,  men  uau  ades  C,  torn  ades  lai  A  27  Que  AD  H;  uns  HM,  fin  £/ 
amans  Ac;  per  P,  z  C,  na.  A;  g.  fehlt  U\  refraemen  c,  retrabemen  P,  refrena- 
men  D  H  28  Canc  D;  auc  D,  auz  H,  aus  P,  aug  ü/;  si  don  c ;  1.]  parlar  ^4. 
ni  enanzir  />,  et  e.  U,  menantir  c  29  Nil  H,  En  P,  ECc;  po  p.  D,  pert 
p.  ZT,  parla  pois  c,  pari  ab  leis  P,  pot  uezer  j!/;  a  cels  A  D  H c,  aicel  £/, 
cellui  .fl/,    abP;     c]  qui  ^/,    ni  D\     los  b.  <r,    toz  s.  b.  P  30    Que  C/Z, 

Qen  U,  Qeu  Z>,  Pero  ^4;  nuills  ^4,  nesun  £/;  homs  Zf  M;  enemic  c,  enami:s 
Z>P;  norres  P  31  Sillam  m.  U,  Sella  me  tau  P,  Si  lamentau  De ;  quen 
non  A    qe  non  M  32    Siual  d'a.  £7,    Siuals  a.  M  P,    De  tan  s.  D  Zf;     q.] 

cum  ^4  CZ>  ZT;    d.]  el  ditz  A ;    sa  raiso  */,   \&x.  AD  H 

v-  33  Que  i.ADH,  Trestot  <:,  Tiesta  t.  Z";  a  honor  a.  Pc  34  /<?A#  U, 
34  «•  35  umgestellt  M  34  qanz  es  ZT,  cant  sai  Z>,  qan  uei  ZV,  qan  tainh  M, 
cantplatz^4;    a  ualen  pr.  M,    en  uerai  pr.  Pc;    pl.]  ualen  Pc 


Aissi  quo*l  pres  (Gr.  9,  3).  49 

35     E  tot,  quan  tanh  a  joy  et  a  joven, 
Hi  vey  ades,  on  plus  prim  la  remir, 
E  quar  ncri  ve  a  mos  huelhs  so  que  pes, 
Muer  de  dezir;  qu'estranha  dolors  es, 
Qui  fug  asso  de  que'il  sabria  bo 

40     L'aconsegres  mais  d'autra  ren  qu'anc  fo. 

VI.  Chansos,  vai  t'en  lai  en  cel  dous  paes, 

On  la  reina  tan  fin  pretz  a  conques 
Qu'ab  Heys  val  mais  so  que  alhors  es  bo, 
Per  qu'om  honra'l  sieu  ric  nom  d'Arago. 


35  q.  platz  AD  II  U;  et]  ni  C  36  Hi  fehlt  D;  on  ieu  pl.  la  M,  qant 
eu  pl.  (mais  P)  la  Pc  37  E  fehlt  P;  can  D  H;  noy  uey  C,  non  uei  ADHMCI; 
ab  los  h.  (oill  D)  A  D  H,  dels  huelhs  CM,  elleire  U;  quieirp.  A,  qemp.  DH,  quieu 
men  p.  M,  quen  mi  p.  C U  38  Muier  M;  d.  d.]  deziran  Pc;  qestraia  P;  Aiqal 
inuega  e  qal  dolor  es  U  39  eso  H,  echo  D,  daqo  Pc;  donliPc,  de  queilli  U, 
que  li  C;  sauria  bo  P,  s.  plus  bo  U  40  Laconsogres  c,  La  consegre  M,  La- 
conssegues  D,  Lam  conssegres  H,  Lo  consegres  P,  Lo  seghir  U,  Lo  remaner  C; 
mais  d'a.  qez  anc  fo  M,    de  nuilla  re  canc  fo  U,   sagues  loc  ni  sazo  C 

VI  fehlt  APc.  41  Chanson  C  U,  Chanco  D;  1.  en  c.  d.  pais  M,  1.  ostal 
d.  paies  U,  1.  (lei  H)  iostel  bei  (be  D)  pais  D  H,  vas  Heys  elh  di  pales  C  42  On 
1.  r.]  Cum  ylh  a  lai  C;  t.  ric  p.  c.  D,  t.  ric  (bon  M)  p.  conquis  HM,  t.  honrat 
p.  c.  C  43  Qar  ab  1.  v.  tot  90  cab  lor  e  bo  U  44  P.  conra  si  el  ric  n.  D  H, 
P.  qara  es  rics  lo  nom  £/,    P.  qer  aissi  le  bons  reis  M;    darango  H 


I.  Wie  der  auf  seine  Flucht  bedachte  Gefangene,  dem  man, 
wenn  er  entkommen  ist  und  dann  wieder  erwischt  wird,  seine 
schreckliche  Pein  verdoppelt,  ebenso  beabsichtigte  ich  mit  List 
dem  Liebesgefängnis  zu  entgehen,  das  mich  nun  wieder  so  grau- 
sam erfafst  hat,  dafs  ich  ihm  durch  gar  keine  List  zu  entrinnen 
vermag.  Niemals  war  ich  sonst  in  einer  so  schlimmen  Gefangen- 
schaft, dafs  Verstand  oder  List  mir  nicht  hätte  nützen  können. 

IL  Mit  solcher  List  hiefs  mein  Verstand  mich  ihr  Land  ver- 
lassen, damit  ich  die  hübsche  Person  nicht  sähe,  als  ob  man  das 
vergäfse,  was  man  nicht  oft  sieht;  aber  mein  Verstand  kann  keines- 
wegs so  hartnäckig  sein,  dafs  er  mir  die,  die  mich  gewonnen  hat, 
aus  dem  Herzen  entferne,  weshalb  ich  sterben  werde,  wenn  er  sich 
meiner  nicht  erbarmt;  denn  ich  trage  ihr  Bild  in  meinem  Herzen 
(„mein  Herz  ist  ein  Spiegel  ihrer  Gestalt"),  weswegen  die  Flucht 
mir  lediglich  Leid  verursacht. 

III.  So  vieles  bedrückt  mein  Herz,  dafs  ich,  wenn  ich  an  sie 
denke,  diejenigen,  welche  mit  mir  sprechen,  gar  nicht  verstehe,  und 
ich  lasse  sie  das  an  meinem  Blicke  erkennen,  an  meinem  Aussehen 

K olsen,    Dichtungen  der  Trobadors.  4 


50  Nr.  8.     Aim  de  Belenoi, 

und  an  meinen  Antworten  („daran,  wie  ich  ja  und  nein  sage"), 
und  ich  gehe  traurig  weiter,  indem  ich  mit  wahrer,  höfischer  Lust 
erwäge,  wie  ich  sie_  (die  Geliebte)  zu  sehen  bekäme;  denn  nur  so 
lange  bin  ich  froh,  wie  ich  mit  ihr  zusammen  bin,  und  doch  wage 
ich  nicht  mit  ihr  zu  sprechen,   so  übles  Gerede  fürchte  ich  davon. 

IV.  Nichts  anderes  kann  ich  tun  als  mich  eilig  dahin  be- 
geben, wo  ich  von  ihr  sprechen  hören  kann;  ist  es  doch  für  einen 
treuen  Freund  ein  grofser  Trost,  wenn  er  seine  Herrin  loben  und 
rühmen  hört  und  mit  denjenigen  reden  kann,  denen  ihr  Wohl- 
ergehen Freude  macht.  Denn  kein  Mensch  ist  mir  so  feind,  dafs 
ich  nicht,  falls  er  zu  mir  von  ihr  spricht,  seinen  Vorteil  wollte, 
wenigstens  in  dem  Mafse,  wie  er  ihr  Gerechtigkeit  angedeihen  liefse. 

V.  Aber  alles,  was  der  Minne  gefallen  mufs,  und  alles,  was 
wahrem  Werte  entspricht  und  was  der  Lust  und  Jugend  ziemt, 
sehe  ich  stels  um  so  mehr  bei  ihr,  je  genauer  ich  sie  im  Geiste 
betrachte,  und  weil  das,  woran  ich  denke,  meinen  Augen  nicht 
sichtbar  wird,  sterbe  ich  vor  Verlangen;  ist  es  doch  ein  eigen- 
artiges Leid,  wenn  man  das  flieht,  dessen  Besitz  („Erlangung") 
einem  mehr  als  alles  in  der  Welt  gefiele. 

VI.  Lied,  begib  dich  dorthin  in  jenes  herrliche  Land,  wo  die 
Königin  so  vollkommenen  Wert  erworben  hat,  dafs  bei  ihr  das 
besser  ist,  was  anderswo  nur  gut  ist,  weshalb  man  ihren  vornehmen 
Namen  Aragon  ehrt. 


3.  Es  liegt  hier  einer  der  Fälle  von  „Übergang  aus  der 
relativen  Konstruktion  in  die  demonstrative"  vor,  wie  sie  Appel, 
Inedita,  S.  XXXII,  Anm.  bespricht. 

4.  Preizo  im  Vergleich  s.  Stoessel,  Bilder,  Nr.  121. 
9 — 13  zitiert  Levy,  Sw.  1,  185. 

1 1 .  Der  Dichter  will  durch  den  Vergleich ungssatz  zeigen, 
was  nicht  der  Fall  ist,  und  gebraucht  die  Konj.  quays  que  ironisch, 
wie  lat.  quasi,  quasi  vero,  proinde  quasi,  mit  dem  conj.  praes. 
Man  beachte  auch  danach  die  Inversion  des  Subjektes.  —  Cnyrim, 
Sprichwörter,  führt  den  Satz  S.  49  unter  Nr.  894  an;  seine  Nummern 
891 — 3  zeigen  den  nämlichen  Sinn. 

14.  In  nierces  no'lh  en  pren  ist  prendre  intr.  und  bedeutet 
„entstehen";  s.  Appel,  Chr.  S,  280b.  —  en,  auf  die  1.  Person  be- 
zogen, Sw.  2,  410  b. 

15.  Nach  Stoessel,  Nr.  128,  bedeutet  „der  Spiegel  von  etwas 
sein",  soviel  wie  „für  etwas  Schönes  und  Gutes  empfänglich  sein"; 
er  führt  für  diese  Redensart  auch  dieses  Beispiel  an  und  daneben 
aus  desselben  Dichters  Gedicht  9  die  Stelle  VIF,  3  que  mos  leials 
cors  711  es  miraills  de  totz  sos  bes.  Zum  Sinne  vgl.  auch  Folquet 
v.  Marseiile  (ed.  Stronski)  V,  9  ms  el  cor  port,  dona,  vostra  faisso 
Que  ■  m  chastia  qitieu  no  vir  ma  razo. 


Aissi  quo'l  pres  (Gr.  9,  3).  51 

17 — 22  führt  Wechssler,  Minnesang,  S.  254  an  als  eins  der 
Beispiele  für  das   „Entrücktsein"   des  Liebenden.    • 

20  zitiert  Raynouard,  Lex.  4,  325  b  und  übersetzt:  Avec  sem- 
blant  et  avec  oui,  et  en  dire  non. 

23.  Der  Dichter  will  wohl  sagen,  wenn  er  in  einer  Gesell- 
schaft mit  seiner  Dame  zusammentreffe,  wage  er  es  nicht,  sich 
mit  ihr  zu  unterhalten,  da  er  sie  nicht  blofsstellen  wolle. 

30 — 32  dienen  Wechssler,  S.  334,  als  Beweis  für  die  „Feindes- 
liebe"  der  Minnesänger  um  der  Herrin  willen. 

32.  U  hat  siual  ohne  -s.  Nach  W.  Förster,  Wörterbuch, 
S.  253  liegt  afz.  seviaus  lat.  si  vel  -f-  adv.  -s  zu  Grunde,  nach 
Meyer-Lübke,  Gramm.  II,  §  624  ist  das  Wort  aus  sivelles  ent- 
standen. —  Zur  Bedeutung  von  dire  sa  razo  vgl.  afz.  faire  raison 
a  a.\  le  traiter  comrae  il  le  merite  (Godefroy). 

36.  remirar  ist  hier  „im  Geiste  betrachten";  auch  für  afz. 
remirer  findet  sich  bei  Godefroy  die  Bedeutung  „se  remettre  en 
memoire,  se  Souvenir  de".  Vgl.  übrigens  da,  wo  Wechssler,  Minne- 
sang, S.  378  f.  vom  „inneren  Auge"  handelt,  die  Beispiele  von 
remirar  del  (el,  ab  lo)  cor,  di?i<:  rnon  cor  und  remirar  pensan. 

37.  Das  vey  der  meisten  Hss.  ist  wohl  aus  dem  vorher- 
gehenden Verse  in  diesen  geraten;  die  Lesart  von  Pc  ist  gewifs 
auch  hier  vorzuziehen. 

40  bietet  einen  neuen  Beleg  für  acctisegre,  für  das  Levy  im 
Sw.  1,  14  „bis  auf  weiteres"  nur  die  Bedeutung  „einholen,  er- 
reichen" gelten  lassen  wollte;  im  Pet.  Dict.  übersetzt  er  es  mit 
„atteindre,  attraper".  Hier  ist  es  doch  wohl  „erreichen"  im  Sinne 
von   „erlangen  (etwas,  um  das  man  sich  bemüht  hat),  obtenir". 

41.  Statt  lai  iostel  (lai  ostal  =  la  iostal)  bei  pais  hat  gewifs 
in  einer  Vorlage  lai  Joscal  b.  p.  gestanden;  vgl.  iusq'a  la  mar, 
Appel,  Chr.,  St.  48,  10.  —  Auch  G.  Faidit  spricht  von  dem  dous 
pdis,   On  ilh  estai  e  renha  (MW.  II,  87). 

42.  Nicht  die  in  Nr.  7,  v.  7  von  Gausbert  de  Poicibot  ge- 
nannte Eleonore  (s.  d.  Anm.)  kommt  hier  in  Betracht,  wie  Bergert, 
S.  26  dachte,  sondern,  wie  auch  Jeanroy,  A.  d.  M.  27,  152  meint, 
Jolante  von  Aragon  (1235 — 51). 

43.  so  que  alhors  es  bo  oder  (vgl.    U)  tot  so  qu'alhors  es  bo. 


52  Nr.  9.     Aim.  de  Belenoi, 


9. 


Aimeric  de  Belenoi, 

Per  Crist  (Gr.  9, 15). 


A  120  (342,  Arch.  33,460,  MG.  898),  D  54,  #  2  (5),  i?  53 
(MG.  897).  —  Nicht  benutzt  C  E 1 K.  —  Text  und  Orthographie 
nach  R. 

R  unterscheidet  sich  wiederholentlich  vorteilhaft  von  ADH. 
In  v.  40  bietet  es  allein  das  Reimwort  sofrir  dar  gegenüber  dem 
bereits  v.  30  dagewesenen  grazir  der  übrigen  Hss.,  in  v.  8  hat  es 
den  rechten  Reim  jura,  während  A  H  und  ursprünglich  D  uira 
schreiben,  in  v.  4  und  5  ist  seine  Lesart  vorzuziehen,  zumal  da  in 
v.  6  noch  al  cor  folgt,  in  v.  14  und  15  trifft  es  wohl  mit  en  cubert 
tenh  und  perpendray  allein  das  Richtige,  und  v.  44 — 45  entsprechen 
in  R  eher  der  resignierten  Erklärung  des  Dichters  in  den  vv.  37 
bis  39.  Auch  was  es  an  eigenen  Lesarten  in  v.  7,  2^,  28,  30,  ^^ 
und  43  aufweist,  ist  annehmbar.  —  D  und  H  haben  noch  in  v.  17, 
A  und  H  \n  v.  18  —  s.  dreitura  v.  ^  —  gemeinsame  Fehler. 

Das  Gedicht,  das  der  Dichter  selbst  in  v.  47  als  chanso  bezeichnet, 
besteht  aus  5  neunzeiligen  coblas  unissonans  und  einem  dreizeiligen 
Geleit.  Sein  Schema  7a  7a  7b  7b  7Cw8d  8d  ye^ye^  ist 
bei  Maus  unter  Nr.  174,1  verzeichnet.  In  der  Mitte  der  Strophen 
findet  sich  das  Refrainwort  coratge.  Zweimal  kommen  im  Reime 
vor:  gran  v.  15  und  v.  43,  dort  in  der  Bedeutung  „grofs,  be- 
deutend, wichtig",  hier  im  Sinne  von  „grofs,  stark,  innig",  mezura 
v.  18  als  Subst.  und  v.  44  als  Verb,  sowie  atura  als  Ind.  in  v.  26 
und  als  Imper.  im  Geleit,  v.  47. 


I.  Per  Crist,  s'ieu  crezes  Amor, 

Tornat  m'agr'en  la  folor, 
En  que#m  solia  tenir. 
Que  pels  huelhs  m'intret  ferir 
5  D'un  dart,  que  m'hubrrl  coratge, 

AI  cor  d'un  amoros  semblan 
Que*m  pres  d'un  gay  cors  benestan; 
Mas  ja  mais,  s'ap  me  no's  jura, 
No'y  poira  intrar  segura. 

I.     2  magreu  la  D,   magran  la  H  3  E  qem  H,   En  que  D;    tener  A 

4  Q'nz  (Qu's  D)  el  cor  manet  f.  ADH  5  Qan  li  obri  mon  c.  ADH       7  Que 

p.  R,    Qem  venc  ADH         8  nois  A ;  uira  A  (Studj,  Arch.)  H  u.  urspr.  D 
9  pora  D  H,    poirai  A 


Per  Crist   (Gr.  9,  15).  53 

II.  10  Mas  pero  tan  gran  dossor 

Ay  al  cor  d'una  honor, 
Que "  m  fes  silh  —  cals,  non  l'aus  dir  — , 
Can  me  vi  de  si  partir, 
Qu'en  cubert  tenh  mon  coratge: 
15     Perpendray  tal  joy  o  pus  gran? 
Que  can  trais  la  man  de  son  gan, 
Frais  del  cor  la  serradura 
E-y  mes  per  garda  mezura. 

III.  Mais  pueis,  can  yeu  vinc  d'alhor, 
20  Mezura  no'i  ac  valor; 

C'ap  plazers  la'n  fey  issir 
Silh,  que'm  pot,  si*s  vol,  aussir, 
E*s  mes  ins  en  mon  coratge 
Tan  fermamen  rizen  jogan 
25     C'alre  no'l  quier  ni  no'l  deman, 
Qu'en  Heys  remiran  s'atura 
Mos  cors,  que  d'als  non  ha  cura. 

IV.  Regardan  la  vey  gensor 
E  pessan  la  truep  melhor 

30  Car  a  mans  se  fay  grazir 

Per  vezer  e  per  auzir. 
E  si •  1  met  Dieus  en  coratge  — 
Sivals  per  merce  fassa  tan !  — 
Que*l  plassa  car  l'am  ses  enjan, 
35  Merces  aura  sa  drechura 

Et  ilh  amic  ses  falsura. 


II.  12  s.  cal  R,  cill  cals  AH,  al  cals  D;  non  aus  A  14  Quen- 
trubert  AD,  Qen  trobet  H;  tenc  A,  teno  D  H  15  Per  prendre  D  H, 
Per  prende  A;  t.  fehlt  R;  o]  ni  H;  gnan  D  17  Trais  Rayn.,  Lex.  5, 156b; 
lastradura  D  H           18  gardar  //,    gordar  D;     dreitura  AH 

III.  19  uenc  H,  uienc  R  21  plazer  lam  fey  R  22  Sil  D, 
Si  R;  uol  si  p.  R ;  auzir  H  23  E  mes  si  e  m.  AD  H  26  re- 
mirar   A  D 

IV.  28  Remiran  ADH  30  Car  amans  R;  Camar  si  fai  e  g.  ADH 
32  seil  D  H  33  Que  sol  p.  ADH;  mercem  f.  aitan  A,  merce  faisia 
atan  D           34   c]  qieu   A 


54  Nr.  9.     Aim.  de  Belenoi, 

V.  S'ieu  no  soi  a  sa  ricor 
Pron  rics  per  fin  amador, 
Mi  pot  sivals  retenir; 

40  Qu'ieu  say  selar  e  sofrir 

Francamen,  de  bon  coratge, 
So  que  tanh  a  lial  am  an, 
E  port  a  lieis  amor  tan  gran ! 
S'a  rictat  engal  mezura,  — 
45  E  rietatz  no'm  fay  fraitura. 

VI.  A  la  pro  reyna  prezan 

T'en  vay,  chansos,  e  t'atura; 
C'ap  lieis  tota  res  melhura. 

V.  38  Pros  H;  ric  R  39  po  siluals  D  40  e]  o  H;  grazir  ADH 
43  a.]  honor  ADH  44  Car  sa  R\  Sab  (Sap  D)  sa  ricor  la  m.  ADH 
45   Ricors  li  iara  fr.   ADH 

VI.  46   pros  R         47   chanso  R         48    totas  res  D,    totas  H 


I.  Wenn  ich  der  Minne  Glauben  schenkte,  so  würde  sie  mich 
fürwahr  zu  der  Torheit  zurückführen,  in  der  sie  mich  festzuhalten 
pflegte.  Denn  mit  einem  Geschofs,  das  mir  mein  Inneres  öffnete, 
drang  sie  bei  mir  durch  die  Augen  ein,  um  mich  ins  Herz  zu 
treffen,  (und  zwar)  mit  dem  (Geschofs)  des  verliebten  Blickes  einer 
trefflichen,  munteren  Person,  der  mich  traf.  Wenn  sie  (die  Minne) 
aber  nicht  ihr  Bündnis  mit  mir  durch  den  Eid  erhärtet,  wird  sie 
nimmermehr  imstande  sein,  bei  mir  da  (in  mein  Herz)  sicher  ein- 
zuziehen. 

II.  Indessen  empfinde  ich  in  meinem  Innern  eine  so  grofse 
Wonne  wegen  einer  Ehre,  die  jene  —  welche,  das  wage  ich  nicht 
zu  sagen  —  mir  beim  Abschied  erwies,  mir,  der  ich  gerade  bei 
mir  denke  („der  ich  meinen  Gedanken  geheim  halte"):  Werde  ich 
(von  ihr)  eine  so  grofse  oder  noch  gröfsere  Freude  mitwegnehmen? 
Denn  als  sie  den  Handschuh  von  ihrer  Hand  zog,  zerbrach  sie 
das  Schlofs  meines  Herzens  und  stellte  Mäfsigung  als  Wächter 
darin  auf. 

III.  Als  ich  aber  nach  längerer  Abwesenheit  wieder  zu  ihr 
kam  („später  anderswoher  kam"),  hatte  Mafshalten  darin  (in  meinem 
Herzen)  keinen  Wert  mehr;  denn  mit  Freundlichkeiten  vertrieb  sie 
es  daraus,  sie,  die,  wenn  sie  will,  mich  töten  kann,  und  lachend 
und  scherzend  setzte  sie  sich  in  meinem  Herzen  so  fest,  dafs  ich 
nichts  anderes  von  ihr  erbitte  und  verlange;  denn  mein  Herz,  das 
sich  um  anderes  nicht  kümmert,  beharrt  dabei,  sie  aufmerksam  zu 
betrachten. 


Per  Crist  (Gr.  9,  15).  55 

IV.  Wenn  ich  sie  ansehe,  kommt  sie  mir  immer  hübschen 
vor,  und  ich  finde  sie  immer  besser,  wenn  ich  bedenke,  dafs  sie 
jetzt  viele  veranlafst,  ihr  dadurch,  dafs  sie  sie  besuchen  und  an- 
hören, ihr  Wohlwollen  zu  bezeugen.  Und  wenn  Gott  ihr  eingibt, 
dafs  sie  —  möchte  sie  es  wenigstens  aus  Gnade  tun!  —  meine 
aufrichtige  Liebe  dulde,  so  wird  Gnade  ihr  Recht  bekommen  und 
sie  einen  Freund  ohne  Falsch. 

V.  Wenn  ich  bei  ihrem  hohen  Rang  für  einen  vollkommenen 
Liebhaber  nicht  fein  genug  bin,  könnte  sie  mich  doch  wenigstens 
freundlich  bei  sich  aufnehmen;  denn  ich  kann,  wie  es  sich  für 
einen  treuen  Liebenden  geziemt,  verschwiegen  sein  und  ohne 
weiteres  mit  gutem  Mute  dulden,  und  ich  empfinde  doch  eine  so 
innige  Liebe  für  sie!  Wenn  sie  mit  gerechter  Vornehmheit  mifst, 
(wird  sie  erkennen,)  an  Vornehmheit  mangelt  es  mir  nicht. 

VI.  Lied,  gehe  hin  zu  der  wackeren,  geschätzten  Königin 
und  verweile  da;  denn  bei  ihr  wird  alles  besser. 


2.  Tornat  magra.  Für  den  Gebrauch  des  tempus  perfectae 
statt  imperfectae  actionis  findet  sich  ein  Beispiel  auch  bei  B.  de 
Ventadorn  (ed.  Appel),  Nr.  31,  38,  worauf  der  Herausgeber  in 
einer  Anm.  besonders  hinweist. 

8.  se  jurar  „ein  (beschworenes)  Bündnis1  schliefsen,  sich  ver- 
bünden"; Sw.  4,  283,9,  wo  Levy  die   1.  Str.  zitiert. 

10.  dossor,  doussor  ist  hier  „Freude,  Wonne" ;  im  Pet.  Dict. 
setzt  Levy  neben  die  Bedeutung   „joie"   ein  Fragezeichen. 

14  zitiert  Raynouard,  Lex.  2,  104,  1,  10  nach  A  und  über- 
setzt: vu  qu'il  tint  mon  coeur  entr'ouvert,  16 — 17  zitiert  er  5,  156  b, 
schreibt  in  v.  17  Trat's  statt  Frais  und  übersetzt:  Quand  eile  tire 
la  main  de  son  gant,  eile  tire  du  coeur  la  serrure. 

16.  Vgl.  dazu  G.  v.  Bornelh,  Ausg.  Nr.  a,  v.  60  E-m  det  ses 
gans  Sas  mas,  per  que  ?nelhs  nienriquis  und  Nr.  46,  v.  70  Quem 
det  sas  mas  ses  gans,    Don  s'onret  mos  manteus    E  mos  aneus. 

25 — 27   zitiert  Levy,  Sw.   1,  100,5  nach  A. 

26.  r emirar  „im  Geiste  betrachten";  s.  Nr.  8,  v.  36  und 
die  Anm.  dazu. 

H-     sol  in  ADII=sivals   „wenigstens";    s.  Zeitschr.  38,  298 

zu  v.  13. 

34.  car  oder  dar. 

42.  lial  aman  verhält  sich  zu  fin  amador  (v.  38)  wie  entendedor 

zu  drut\  Aimeric  will  sich  gern  mit  der  Rolle  des  entendedor  be- 
gnügen. 

46.  Auch    hier   ist,    wie    in  Nr.  8,  v.  42,    Jolante  von  Aragon 

gemeint. 


56  Nr.  10.     Aim.  de  Belenoi, 


10. 


Aimeric  de  Belenoi, 

Nuls  hom  en  ren  non  faill  (Gr.  392,26  =  9, 13a). 


A  164  (472),  B  (MG.  76,  Var.  zu  A  Studj  3,  S.  710),  Dc  252 
(106),  /7  (34),  W  10  (Arch.  101,384),  P29  (Arch.  49,305), 
Q  80  (S.  155),  Qi  79,  Str.  V  (S.  154),  5  147  (MG.  896),  «i  329 
(74).     Nicht  benutzt:   CD  El K R  Tf. 

Attribution:  C  PS  A.  de  Belenoi,  R  Peirol,  Q  anonym,  aber 
nach  Gedichten  Peirols,  D c  anonym,  aber  zwischen  Gedichten  des 
R.  de  Vaqueiras,  alle  übrigen  Hss.  R.  de  Vaqueiras. 

Text  nach  PS(De),  Orthographie  nach  S. 

Strophenfolge:    iz^^^b'jPS 

123546  jm 

12354  ABa^ 

123  5  D<Q 

Von  den  in  Betracht  kommenden  Hss.  sind  P  und  6"  die 
vollständigsten.  Sie  haben  auch  allein  die  angemessenere  Strophen- 
folge und  gehören  zu  den  Hss.  mit  der  besseren  Attribution.1 
Ferner  enthalten  nur  PS  in  v.  25  das  richtige  Reimwort  conhdia; 
alle  übrigen  haben  paria,  das  da  weniger  hinpafst  und  überdies  in 
v.  43  wiederkehrt.  Von  der  2.  Str.  an  haben  sie  freilich  statt  des 
erforderlichen  e- Reims  -at  mit  Q  gemeinsam  die  falsche  Endung 
-az.  Zu  PS  gesellt  sich  noch  in  v.  24  Dc,  das  wie  jene  das  an- 
nehmbarere fennia  gegenüber  folia  aller  anderen  Hss.  aufweist. 
Der  Gruppe  DCPS  steht  weiter  in  v.  7,  12,  14,  15,  18  und  20 
die  Gruppe  A  B  J '  N1  Q  a1  gegenüber  und  der  ersteren  ohne  Dc 
die  letztere  ohne  Q  in  v.  29,  31,  33  und  35.  A  B  Nl  sondern 
sich  noch  in  v.  35  und  39  ab,  J  N2  ax  gehen  in  v.  5  und  28  zu- 
sammen, J  N1  in  v.  6,  46 — 48,  und  Dc  und  Q  entbehren  beide 
der  Str.  4. 

Das  Gedicht,  eine  Kanzone,  hat  5  neunzeilige  coblas  unis- 
sonans  und  2  vierzeilige  tornadas.  Sein  Schema,  bei  Maus 
Nr.  670,  2,  ist  öabbcc  lodud^ee.  Das  Reimwort  sia  findet 
sich  v.  15  und  42,  sowie  im  Geleit  v.  47,  porria,  v.  6  wird  in 
beiden  Geleiten  wiederholt  und  apoderat,  v.  9  und  voluntat,  v.  26 
im  2.  Geleit. 


1  Dem,  was  O.  Schultz-Gora,  die  Briefe  des  R.  de  Vaqueiras,  S.  17  an- 
führt, um  darzutun,  dafs  A.  de  Belenoi  der  Verfasser  dieses  Ge- 
dichtes sei,  läfst  sich  hinzufügen,  dafs  der  auch  in  9,  7  bei  Aimeric  be- 
gegnende n'Aytno  in  der  Hs.  P  ebenso  wie  hier,  v.  50  (s.  d.  Anra.  dazu)  Segner 
n'Imo  genannt  wird,  dafs  die  hier  im  1.  Geleit  gefeierte  Beatrix  (von  Savoyen) 
bei  Aimeric  auch  in  9,  21  IV  (ed.  Appel,  BVent.,  S.  297,  v.  27)  als  pros  com- 
tessa  fina  de  Proensa  vorkommt,  und  dafs  sie,  wie  Bertoni  gezeigt  hat  (sieh 
Bergert,  Damen  S.  46),  einen  Bruder  namens  Aimon  besafs. 


Nuls  hom  en  ren  non  faill  (Gr.  392,26  =  9,  13  a).  57 

I-  Nuls  hom  en  ren  non  faill 

Tan  tost  ni  mesave 
Com  en  loc,  un  se  te 
Per  plus  aseguraz; 
5  Per  que'm  par  grans  foudaz, 

Qi  non  tem  cho  c'avenir  li  porria. 
Q'eu  cujava,  qant  Amors  no*m  tenia, 
Qe  no*m  pogues  forsar  estra  mon  grat; 
Mas  era  m'a  del  tot  apoderat. 

II.  10  Tant  es  d'amoros  taill 

La  bella,  qe*m  rete, 
Qe  nuls  hom  no  la  ve 
Non  si'en  amoratz, 
Et  s'eu  en  soi  forsatz, 
15    Ja  non  cujez  granz  meraveilla  sia; 
Qe  sa  beutaz,  lai  on  ilh  se  deslia, 
Venz  enaissi  trastot'autra  beutat 
Com  lo  soleills  passa  tota  clartat. 

III-  De  robin  ab  cristaill 

20  Senbla  qe  Deus  la  fe 

Et  del  seu  douz  ale 
L'aspiret,  cho  sapchaz! 
Ab  digz  enamoraz 

I.  I  e.  r.]  tarn  leu  Q  2  T.  t.]  En  re  Q,  T.  leu  A  J N2  a1  und  Q  (v.  1); 
nil  AB  StM.ADcJ  5  fehlt  De ;  que  fai  J  N2  a\  qn^tsAB; 
gran  N2  P Q  S  6  nom  Ba1;  ten  Q;  len  p.  J,  li  en  p.  a1  7  Qe  c.  Q; 
quar  A  B  J  N2  Q  a\;  amor  AB  PQSax;  nö  Q,  non  ABDcax;  tenria  a1, 
temia  A  B  J N*  Q  8  Com  Jd\\  f.  outra  DeJN*Qa\,  f.  autra  AB 
9  mal  d.  Q 

II.  10  damor  t.  JV2  12  Com  (Con  Q)  non  (nom  a1)  lau  ni  laue  ABJ 
N2  Q  al  13  enamorat  Z>«,  en  enamoratz  a1  14  E  doncs  sieu  sui  f.  A  B  J 
N*  al,  Edöc  seu  förfac  fui  Q,  Dons  sieu  enfui  f.  Z)c  15  La  n.  c.  g.  Dc,  Nous 
(Non  BQa1,  Nui  jV2)  c.  ges  gr.  (gran  N*  Q)  AB  J N*  Qal;  merueilla  P 
16  Quar  J\  ilh  se  fehlt  J  17  e.  tota  a.  b.  A  D<>,  totas  autras  beltac  P  Q  S 
18  C.  1.  soleis  TV2,  Col  soleilh  %  Con  lo  soleill  Q;  p.]  uenz  ABJN^Qa^^ 
totas  clartatz  PS,  totas  autas  clarta9  Q,  tot  autra  c.  (clardat  a1)  A  B N*  al, 
trastot  autra  c.  J 

III.  19  robins  B  J N2  al ;  &  De,  an@;  cristal  Q,  crestailh  J N*  20  Mi 
par  q.  AB  J  N%  Q  ax  21  E  det  sen  dolz  De,  Del  s.  dousset  J  22  La- 
spirez  PS,  Lespiret  A  B  N2  al,  Lenspiret  De,  Lespit  Q;  so  pchatz  N2,  lo  s.  A 
23  Cab  ABDeN2al 


58  Nr.  10.     Aim.  de  Belenoi, 

Plens  de  dousor,  ab  orguill  ses  feunia 
2 5    J°§"»  a!  e  ri  ab  tan  plazent  conhdia 
C'als  amadors  creis  d'amor  voluntat 
Et  fai  amar  cels  qe  non  an  amat.  , 

IV.  Trop  sofri  greu  trabaill, 
Ca  loniar  m'en  ave; 

30  Mas  aicho '  m  fai  gran  be 

Qe,  qant  ne  soi  loniaz, 
M'estai  sa  granz  beutaz 
Tals  com  la  vi  en  mon  cor  noich  e  dia, 
E'l  gens  parlars  e  l'avinenz  paria, 
35     On  eu  dompnei  mantas  vez  a  celat 
Com  se  cuja  q'eu  aia  d'als  pensat. 

V.  Et  car  eu  tan  non  vaill 
Com  al  seu  prez  cove, 
Am  leis  et  ai'r  me, 

40  Qar  m'en  soi  azautaz; 

Com  non  es  tan  prezaz 
Qe  sa  valors  al  seu  ric  prez  pars  sia. 
Pero  s'Amors  entrels  amanz  li  tria 
Lo  plus  leial  ni '  1  meillz  enamorat, 

45     No'm  cal  temer  son  prez  ni  sa  rictat. 

24  Plem  Q;  s.]  fes  S;  folia  A  B  J  N2  Q  a>  25  Paria  e  ri  A  B  J N2  a1, 
Joga  e  rii  PS,  El  sens  pailar  Q;  ab  t.  doussa  paria  A  B  De  J N2  a1,  atä  do^e 
aparia  Q  26  Qe  als  Q;  amans  J,  amors  PS,  mäs  Q;  creich  P,  creihe  S, 
fai  AB;    damar  AB  J '  N2  al;    uolüta9  PQS  27  non  an  amaf  P  Q  S,    110 

uan  a.  al 

IV  fehlt  De  Q.  28  Tant  A  B,  Mout  a\  Molt  J,  Mont  N2  29  Cab  A  iV2, 
Can  PS;  1.  m'en  a.]  pauc  no  men  recre  AB  J N2  a1  31  Cum  (Con  J N2  al) 
plus  en  (men  J)  s.  (su  iV2)  AB yN2al;  lonijatz  al  32  gran  sa  P  33  Lai 
on  la  ABJN2a>;  e  m.  A  B  N2  aS  34  Ell  S,  En  P;  gen  ABJa^; 
parlarya1;  auinen  J a>>  auinez  P  35  Ab  quieu  A  B  JN%a>;  mantaz  P\ 
a  celaz  PS,  en  priuat  A  B  N2  36  q'eu  fehlt  AB;  pensaz  PS,  em- 
pensat  A  B 

V  auch  in  Q\  37  eu  nö  v.  t.  Q  Ql  38  Cant  Q  Q1  39  Am  la  A 
B  N2,  fehlt  Q  Ql ;  aysir  me  Q  Q1,  dis  me  be  A  B  N"  40  achantaz  S,  en 
uitaz<?@i  4lCorsA™;  preiaz  PS  42  Qel  P;  ualor^1;  pzr  J  P  Q 
Ql  Sa1  43  P.  samor  Q  Q\  P.  camors  N2,  Mas  se  (ses  P)  a.  PS;  dentrels -ff; 
lim  a\  la  A  N2,  en  Q  Ql  44  nils  De,  ni  A,  el  Q  Q\  fehlt  P;  enamora9  P  Q 
Ql  S         45  Nö  Q  Q\   Non  AJPS,  Noil  B ;    quäl  J;    rietaz  P  S,  richac  Q  Ql 


Nuls  hom  en  ren  non  faill  (Gr.  392,  26  =  9, 13a).  59 

VI.  De  la  contessa  Biatrix  non  poria 
Tan  de  be  dir  qe  mais  en  lei  non  sia; 
Q'en  leis  a  Deus  tan  de  ben  ajostat 
Com  per  part  n'a  a  las  autras  donat. 

VII.  50     Senger  n'Imo,  s' Amors  no'm  retenia, 

De  vos  veder  mais  tenir  no*m  porria; 
Mas  Amor?  m'a  tant  fort  apoderat 
Qe  non  posc  far  mas  a  sa  voluntat. 

VI  fehlt  A  B  De  Q  a\  46  Pros  c.  JN*;  Beatrix  P,  Beatris  yiVa;  n. 
sabriaiV2  47  Dir  t.  d.  b.  iV2;  qe  m.  en  uos  N2,  quez  en  uos  m.  J  48  Qen 
uos  ha  d.  t.  d.  b.  N*.  E  d.  ha  tans  de  bes  en  uos  J;  aiostaz  PS  49  Qua  I. 
a.  cais  p.  p.  la  J\    donaz  P  S,   liurat  J 

VII  nur  in  PS.  50  Sengers  P;  non  r.  P  52  amorPS;  apoderaz  PS 
53  uoluntaz  S,  uoluntanz  P 


I.  Niemand  scheitert  in  etwas  so  schnell  und  erfährt  so  bald 
Mifsgeschick  wie  da,  wo  er  sich  am  sichersten  wähnt;  deshalb 
scheint  es  mir  sehr  töricht,  wenn  einer,  was  ihm  zustofsen  könnte, 
nicht  fürchtet.  Dachte  ich  doch,  als  die  Minne  mich  (noch)  nicht 
festhielt,  sie  könnte  mich  gegen  meinen  Willen  nicht  zwingen; 
aber  jetzt  hat  sie  mich  ganz  überwältigt. 

II.  Von  so  liebenswürdiger  Art  ist  die  Schöne,  die  mich  als 
Liebhaber  annimmt,  dafs  kein  Mann  sie  sieht,  ohne  sich  in  sie  zu 
verlieben,  und  wenn  ich  von  ihr  bezwungen  bin,  so  ist  das  durch- 
aus kein  grofses  Wunder;  denn  wenn  sie  sich  entkleidet,  besiegt 
sie  jede    andere  Schönheit,    wie  die  Sonne  jedes  Licht  überstrahlt. 

III.  Es  hat  wahrlich  ganz  den  Anschein,  als  habe  Gott  sie 
aus  krystallhellem  Rubin  geschaffen  und  mit  seinem  süfsen  Hauche 
belebt!  Mit  liebevollen,  reizenden  Worten  und  mit  arglosem  Stolze 
scherzt  sie,  ach!  und  lacht  mit  so  gefälliger  Anmut,  dafs  sie  in  den 
Liebhabern  die  Liebessehnsucht  steigert  und  die  Liebe  in  denen 
erweckt,  die  (noch)  nicht  geliebt  haben. 

IV.  Sehr  grofse  Qual  erdulde  ich,  da  ich  mich  von  ihr  ent- 
fernen mufs;  das  aber  tut  mir  sehr  wohl,  dafs  mir,  wenn  ich  fern 
bin,  ihre  grofse  Schönheit  so,  wie  ich  sie  sah,  das  hübsche  Reden 
und  die  artige  Gesellschaft  Tag  und  Nacht  im  Herzen  bleibt,  wes- 
halb ich  (auch  in  der  Ferne)  oftmals  heimlich  1  vernarrt  bin,  so 
dafs  man  annimmt,  ich  hätte  an  anderes  gedacht. 

V.  Und  da  ich  nicht  soviel  wert  bin  wie  ihrer  Trefflichkeit 
zukommt,    so  liebe  ich  sie  zwar,   ärgere  mich  aber,  dafs  ich  an  ihr 


1  Derart,  dafs  andere  den  wahren  Grund  seines  Verhaltens  nicht  merken. 


6o  Nr.  10.     Aim.  de  Belenoi,  Nuls  hom  (Gr.  392,26  =  9,  13a). 

Gefallen  gefunden  habe;  ist  doch  kein  Mann  so  geachtet,  dafs 
seine  Tüchtigkeit  ihrem  hohen  Werte  gleichkäme.  Wenn  jedoch 
die  Minne  ihr  unter  den  Liebhabern  den  Treuesten  und  Ver- 
liebtesten auswählt,  dann  brauche  ich  ihren  Wert  und  ihre  Vor- 
nehmheit nicht  zu  fürchten. 

VI.  Von  der  Gräfin  Beatrix  könnte  ich  nicht  genug  Löb- 
liches sagen;  denn  Gott  hat  in  ihr  soviel  Gutes  vereinigt,  wie  er 
den  anderen  Frauen  nur  teilweise  gewährt  hat. 

VII.  Herr  Imo,  hielte  mich  die  Minne  nicht  zurück,  so 
könnte  ich  mich  nimmermehr  enthalten,  euch  zu  besuchen;  aber 
die  Minne  hat  mich  so  sehr  überwältigt,  dafs  ich  nur  nach  ihrem 
Willen  handeln  kann. 


1 — 4  zitiert  Raynouard,  Lex.  5,  489,  17  irrtümlich  unter  dem 
Namen  des  Aimeric  de  Pegulha. 

13.  In  seinem  Zitat  der  2.  Str.  (Sw.  2,63,5)  schreibt  Levy 
enamoratz.  Da  dieses  Wort  jedoch  in  der  folgenden  Strophe  im 
Reime  erscheint,  so  ziehe  ich,  auch  durch  das  en  von  a*  darin 
bestärkt,  en  amoratz  vor,  so  dafs  alsdann  die  von  Levy,  Sw.  1,  60  a 
angezweifelte  Deutung  „rendre  amoureux",  die  Raynouard  für 
amorar  gibt,  für  diese  Stelle  in  Betracht  käme. 

16.  se  desliar  =  se  desvestir  und  se  despolhar;  vgl.  die  Bei- 
spiele, die  Wechssler,  Minnesang,  S.  165  gibt,  wo  er  von  dem 
Wunsche  des  Hofdichters  spricht,  wie  ein  Vasall  „als  Leibpage" 
seiner  Herrin    beim  Aus-  und  Ankleiden    behilflich  sein  zu  dürfen. 

19.  Stoessel,  Bilder,  S.  17  Nr.  64,  65  meint,  durch  diesen 
Vergleich  solle  zum  Ausdruck  kommen,  dafs  die  Dame  glänzende 
und  sehr  wertvolle  Eigenschaften  besitze.  Mir  will  scheinen,  der 
Dichter  habe  das  Bild  nur  auf  das  Äufsere  seiner  Herrin  beziehen 
und  sagen  wollen,  dafs  seine  Geliebte  „wie  Milch  und  Blut",  also 
gesund  aussehe.  Dasselbe  beabsichtigte  wohl  auch  R.  de  Vaqueiras 
auszudrücken  durch  den  von  Stoessel  angeführten  Satz  vei  dinz  son 
miraill  color  de  robin  (Gr.  392,  23,  5). 

24.  orgoill  im  guten  Sinne  „hohes  Standesbewufstsein";  vgl. 
Wechssler,  S.  392  und  416. 

25.  Joga!  e  ri.  Wegen  des  starken  Hiatus  bei  elidier- 
barem auslautenden  Vokal  in  Joga  e  ri  habe  ich  es  für  besser 
befunden  Jog'al  e  ri  zu  schreiben,  zumal  die  Interjektion  hier 
wegen  der  grofsen  Begeisterung  des  Dichters  nicht  unangebracht 
zu  sein  scheint. 

35.  en  dompnei  a  celat;  vgl.  dazu  P.  Rogier:  On  qu'ilh  estey, 
Sos  drutz  suy  et  ab  /eis  domnei  Totz  cubertz  e  celatz  e  quetz  (Rayn., 
Lex.  3,  69,  17).  Von  do?nneiar  gibt  Raynouard,  Lex.  3,  69,  17  ein 
Beispiel  für  die  Bedeutung  „s'ebattre",  die  sich  auch  in  Levys 
Pet.  Dict.  findet. 

40.  Qar  nien  soi  azautaz.  Hs.  6"  bietet  hier  mit  achantaz 
einen    Beleg    für   das    Don.  42, 33    verzeichnete    acantar    „in   latus 


Nr.n.    Guillem  Rainol  d'Apt,  Quant  aug  chantar  (Gr.  231,4).        61 

declinare"   und  Hs.  Q  für  refl.  envidar  =s=  afz.  soi  envier  „se  Iaisser 
en gager".  * 

45.  Was    die   rtctat   des  Aimeric   und  diejenige,  seiner  Dame 
betrifft,  vergleiche  man  Nr.  9,  Str.  V. 

46.  Über  Beatrix  (von  Savoyen)  s.  o.  S.  56,  Anm. 

49.  per   part  =  nfz.  en    partie    (par    parties),    Iat.    in    parte 
„teilweise". 

50.  Das   in    Gr.  9,  7    von    Aimeric    an    Imo    gerichtete  Geleit 
lautet  nach  P  (Arch.  49,306)  und  A  (339): 

Segner  n'Imo  (n'Aimo  A),  can  pes 

Vos  cals  (c.  v.  A)  etz  ni  q'i  es 

Lo  segles  (sengles  P),  eu  non  (no-i  Ä)  vei 

Nuill  qe  tan  be  (gen  A)  l'esplei. 


11. 


Guillem  Rainol  d'Apt, 

Quant  aug  chantar  (Gr.  231,4). 


D  170,  #44  (146;  Arch.  34,  402),  I  143  (MG.  955).  —  Nicht 
benutzt  K.  —  Orthographie  nach  I. 

DHI  haben  gemeinsame  Fehler  in  v.  3  (?),  II,  27,  29  und 
33  (?);  Z>/7  sind  besser  in  6,  19,  25,  29,  HI  in  2,  30,  H  allein 
in  12,  15,  26,  D  in  21,  7  in  3.  Der  diplomatische  Abdruck  von 
H  im  Archiv  enthält  drei  Fragezeichen  und  weicht  von  dem  in 
den  Studj  mehrfach  ab;  aber  auch  in  D  und  I ist  die  Überlieferung 
eine  sehr  unvollkommene,  so  dafs  sich  die  Einführung  einiger  Kon- 
jekturen in  den  Text  (s.  v.  3,   11,  27  und  ^^)  nicht  umgehen  liefs. 

Das  Gedicht  ist  eine  fingierte  Tenzone,  ein  Zwiegespräch 
ohne  aufgestellte  Streitfrage  (vgl.  Diez,  Poesie2,  S.  99),  oder  aber, 
wie  Seibach,  Streitgedicht,.  S.  37,  Nr.  74  will,  eine  Kanzone  in 
Gesprächsform,  als  welche  es  sich  schon  in  der  erzählenden 
Einleitung  zu  erkennen  gebe.  Der  Dichter  zeigt  darin  in  humori- 
stischer Weise,  wie  seine  Dame  ihn  „zahm  machen"  will  (I).  Sie 
sei  ihm  auch  gewogen  (II),  wolle  ihn  aber  von  seinem  Leichtsinn 
heilen  (III).  Um  ihn  immer  mehr  an  sich  zu  fesseln,  mache  sie 
ihn  eifersüchtig  durch  Erwähnung  anderer  Verehrer,  die  der  Dichter 
verhöhnt,  wobei  er  wieder  seine  eigene  Liebe  zu  der  Dame  zum 
Ausdruck  bringt  (IV — VI). 


02  Nr.  ii.     Guillem  Rainol  d'Apt, 

Die  Dichtung  besteht  aus  6  sechszeiligen  coblas  doblas  mit 
durchgehendem  b-Reirhe.  Das  Schema  ioaabaab  steht  bei 
Maus  unter  Nr.  87,4;  vgl.  dazu  Appel,  P.  Rogier,  S.  91.  Zweimal 
begegnen  als  Reimwörter  lanier  in  v.  6  und  36  und  cavallier  in 
v.  24  und  33. 


I.  Quant  aug  chantar  lo  gal  sus  en  l'erbos 

E*l  pic  e-l  jai  e*l  merl'e'l  coaros 
E*l  rossignol  e  l'agui/os  perier, 
Farai  un  vers  ses  prec  e  ses  somos. 
5     Ma  domn'es  tan  bell'e  cortes'e  pros 
Que-m  fai  loirar  plus  que  falco  lanier. 

IL  Seingner,  tan  m'es  mals  e  contrarius, 

Cent  ves  ai  cor  que  mi  parta  de  vos, 
Mais  anc  no  vi  home  tan  piasentier! 
lo     Mas  d'una  ren  est  ben  aventuros: 
Qant  sent  venir  estertes  orgoillos, 
Ades  m'escont  en  granj'o  en  sollier. 

III.  Domna,  tostemps  vos  ai  mon  cor  cellat; 
Per  que  n'avez  de  mi  lauzor  e  grat? 

15     C'anc  non  amest  cusson  ni  fatonier, 
Anz  lo  fugist!     Com  eu  tornei  rengat? 
Qu'anc  no'i  foi  pois,  pos  m'o  agues  vedat; 
Mais  am  flauzons  e  sopas  en  sabrier. 

IV.  Seingner,  tcstemps  vos  aurai  prezicat 
20     Que  vendesem  so  major  porc  faissat 

E  vestissem  Miquel,  so  berbeguier, 
Fezessem  li  blizaut  fendut  trepat. 
Tant  a  gen  cors  e  bella  majestat, 
Cent  uez  er  pres  a  lei  de  cavallier. 

I.  I  auich  H;  s.  e  /  2  el  ia  . .  H ;  merlet  c.  D  3  la  guisos  /, 
la  guises  D  H        4  v.  ces  D  H         6  falcos  /;    lainier  H 

II.  10  es  D  11  esterlis  H,  esterlins  DI  12  gral  D;  sellier  D, 
seillier  / 

III.  13  tot  tems  H  15  Quant  /;  fantonier  /,  faronier  D  16  ten- 
gat  //  [Arch.)  17  foi  (?)  H  (Studj),    ai.  (?)  H  (Arch.);     aguest  D  H 

IV.  19  tot  tems  H\  presistat  /  20  Queu  endesem  DHI;  prec  (?) 
faissar  H  {Arch  )  21  En  estissem  H  {Arch.),  E  uestissent  /;  M.]  miquel  e  D, 
mi  e  H  I        22  Feressem  li  blizaur  sen  dut  H  (Arch.)         23  T.  agon  c.  D 


Quant  aug  chantar  (Gr.  331,  4).  63 

V.  25     Domna,  Miquels  volria  fos  pendutz; 

Que  tant  l'amas  qu'en  son  per  fols  tengutz, 
Lo>  bacalar  trachcr  mesoneguier: 
Que  ar  vos  jur  encontra  sas  vertutz 
Que  ja  Miquels  ni  sos  avers  lanutz 
30     Non  estara  ab  vos  un  an  entier. 

VI.  Seingner,  cals  es  aicel  coma  tondutz, 
Uns  grans,  uns  loncs,  ab  esperos  agutz, 
En/openatz  a  lei  de  cavallier? 

Tant  me  mandet  amistatz  e  salutz 
35     E*m  grazis  mais  que  si  fos  bous  cornutz 
C'ar  dei  un  pol  a  son  tersol  lanier. 

V.  25  miqelz  H;  v.  uos  p.  /  26  quien /,  quin  D;  fol  /  27  So 
DHI;  bacallor /;  tracher  D  HI;  meseneguier  H  (Arch.)  28  v.  uir  // 
(Arch.);  encontras  /  29  j.  mi  qals  II  (Arch.);  auer  DHI;  lameiz  / 
30  nos  D  u.  H  (Arch.) 

VI.  31  acel  /;  c.  tondilz  D,  com  a  rodutz  (?)  H  (Arch.)  33  En- 
copenatz  /,  Encopennalz  H,  En  copenaz  D  35  bos  /  36  die  D,  di  I- 
terzol  H,    tresol  /;    lainier  H 


I.  Weil  ich  auf  der  Wiese  den  Hahn  krähen  und  weil  ich 
den  Specht  und  den  Häher,  die  Amsel  und  den  Rotschwanz,  die 
Nachtigall  und  die  mit  Sporen  versehene  Ammer  (?)  musizieren 
höre,  werde  ich  ohne  Bitten  und  Aufforderungen  ein  Lied  dichten. 
Meine  Herrin  ist  so  schön,  gesittet  und  wacker,  dafs  sie  mich 
zahmer  macht  („mehr  abrichtet")  als  einen  Würgfalken. 

IL  Herr,  ihr  seid  mir  so  übelgesinnt  und  feindselig,  dafs 
ich  oftmals  Lust  habe,  mich  von  euch  zu  trennen.  Und  doch  sah 
ich  nie  einen  so  anmutigen  Mann!  Aber  ihr  seid  auch  in  einer 
Hinsicht  sehr  glücklich:  Wenn  ich  sonst  merke,  dafs  übermütige 
Junggesellen  kommen,  verberge  ich  mich  sofort  in  der  Scheune 
oder  im  Söller. 

III.  Herrin,  immer  habe  ich  euch  meine  Gesinnung  ver- 
heimlicht; weshalb  zollt  ihr  mir  also  Lob  und  Dank?  Denn  nie 
liebtet  ihr  einen  Halunken  oder  Narren  (?);  vielmehr  gingt  ihr  ihm 
aus  dem  Wege!  Wie  wurde  ich  wieder  ordentlich?  Da  ich  mich 
nie  mehr  umhertreibe,  seit  ihr  es  mir  verboten  hattet;  lieber  esse 
ich   (bei  euch?)   Käsekuchen  und  Brotschnitten  in  Brühe. 

IV.  Herr,  ich  habe  euch  immer  gepredigt,  dafs-  wir  sein 
(Michels)    gestreiftes    Schwein    verkaufen    und1    dessen    Hirt,    den 


1  Mit  dem  für  das  Schwein  eihallenen  Gelde. 


64  Nr.  II.     Guillem  Rainol  d'Apt, 

Michel,  einkleiden,  dafs  wir  ihm  einen  samtenen  Faltenrock  (?) 
machen  sollten.  Einen  so  hübschen  Körper  und  eine  so  schöne, 
hoheitsvolle  Gestalt  hat  er,  dafs  er  dann  häufig  für  einen  Ritter 
gehalten  werden  wird. 

V.  Herrin,  ich  wünschte,  Michel  würde  aufgehängt;  liebt  ihr 
ihn  doch  so,  dafs  ich  deshalb  beinahe  noch  wahnsinnig  werde 
(„für  närrisch  gehalten  werde"),  ihn,  der  doch  ein  verräterischer, 
verlogener  Jüngling  ist;  denn  in  Anbetracht  seiner  Eigenschaften 
schwöre  ich  euch  jetzt,  dafs  Michel  samt  seinem  wollhaarigen  Be- 
sitz1 gewifs  kein  ganzes  Jahr  bei  euch  bleiben  wird. 

VI.  Herr,  was  ist  das  für  einer,  einer  mit  geschorenem 
Kopfe,  ein  grofser,  langer,  mit  spitzen  Sporen,  eingemummt  (?)  wie 
ein  Ritter?  Er  sandte  mir  so  viele  Liebesbeweise  und  Grüfse  und 
liebt  mich  mehr,  als  wenn  er  ein  Stier  wäre,  so  dafs  ich  jetzt 
seinem  Jagdfalken  ein  Hühnchen  schulde. 


1.  Quant  „weil",  Appel,  Chrest.  S.  221b  zu  St.  15,3.  — 
v.  1  zitiert  Raynouard,  Lex.  3,  529,4,  v.  1  und  2  bis  merle  Lex. 
3,  415  und  4,  213. 

2.  Auch  in  Gr.  461,  205  I  (Arch.  34,  378  b)  wird  der  Häher 
mit  dem  Specht  und  der  Amsel  zusammen  genannt;  vgl.  dazu 
Hensel,  Die  Vögel  in  der  prov.  Lyrik,  Rom.  Forsch.  26,620. 

3.  Vaguilos  perier.  Hensel  führt  S.  619  v.  1 — 4  an,  weifs 
aber  mit  dem  handschriftlichen  la  guisos  perier  nichts  anzufangen. 
Im  Nfrz.  ist  perier  „Gerstenammer",  und  da  es  sogar  eine  „pro- 
venzalische  Ammer"  (Emberiza  provincialis)  gibt  (s.  Sachs-Villatte, 
Wbch.  unter  „Ammer"),  so  glaubte  ich  hier  das  noch  unbelegte 
perier  auch  als  „Ammer"  deuten  zu  können.  Das  davor  befind- 
liche la  guisos  der  Hs.  1  habe  ich  in  Vaguilos  geändert;  das  1  ist 
ja  dem  f  in  den  Hss.  sehr  ähnlich,  und  auch  im  v.  27  wird 
gewifs  lo  statt  des  handschr.  so  zu  lesen  sein.  Das  mit  dem  ab 
esperos  agutz  in  v.  32  ziemlich  gleichbedeutende  Adj.  aguilos  ist  ein 
passendes  Attribut  zu  perier  „Ammer";  heifst  es  doch  in  Brehms 
Tierleben,  Kl.  Ausg.  2,  143,  dafs  „unter  den  Fufsnägeln  der  Ammer 
der  oft  spornartig  verlängerte  der  hinteren  Zehe  besonders 
hervortritt". 

5 — 6  zitiert  Raynouard,  Lex.  4,  93,  2  nach  /.  —  fai  loirar  = 
loira;  s.  Tobler,  Verm.  Beitr.  I2,  S.  20.  —  Über  die  Herkunft  und 
Bedeutung  von  lanier  vgl.  Stimming,  B.Born3,  Anm.  zu  II,  17 
und  über  den  falco  lanier,  den  „Würgfalken",  der  sich  schwer  zur 
Vogelbeize  abrichten  lasse,  ebenda  zu  31,  8. 

1 1 .  esterles  ist  ohne  Zweifel  statt  esterli(n)s  in  den  Text  zu 
setzen.  Im  Pet.  Dict.  steht  es  nur  als  Adj.;  aber  das  von  Levy, 
Sw.  3,  320b   angeführte  neuprov.  esterle  hat  bei  Mistral  neben  der 


1  Seiner  Herde. 


Quant  aug  chantar   (Gr.  231,  4).  65 

adj.    auch    die    subst.    Bedeutung     „celibataire,    jeune    homme    a 
marier". 

13.  Die  3.  Str.  habe  ich  kürzlich  im  Archiv  34,  430,  1  für  die 
Erklärung  der  2.  Str.  des  Streitgedichtes  G.  Rainols  und  Magrets 
herangezogen. * 

14.  de  mi  eigentlich  „was  mich  betrifft". 

15  zitiert  Raynouard  3,  284,  7  und  übersetzt:  Vous  n'aimätes 
goujat  ni  faquin;  Levy,  Sw.  3,  419  führt  v.  14  u.  15  nach  //an,  setzt 
hinter  14  ein  Komma  und  gibt  frageweise  fatonier  durch  „Tor"  wieder. 

16.  tornar  m.  Obl.  „wieder  werden",  Appel,  Chrest.,  Glossar. 
—  rengat  =  nfz.  ränge  „ordentlich,  solide". 

17.  foi;  vgl.  fozir  „umherirren?"  Appel,  Chr.  257  b  und/a^/r 
Sw.  3,  612,  1   und  4. 

18  zitiert  und  deutet  Levy,  Sw.  3,504.  —  Vom  Essen  spricht 
der  Dichter  gern;  vgl.  Gr.  231,  1  v.  8,  wo  er  in  Bezug  auf  die 
Geliebte  sagt:   Enanz  Vam  mais  que  peis  en  romanin. 

19.  Wahrscheinlich  wird  die  Dame  durch  die  Bemerkung  des 
Dichters,  er  liebe  sie  hauptsächlich  der  trefflichen  Bewirtung  wegen, 
veranlafst,  ihn  mit  dem  stattlichen  Schweinehirten  aufzuziehen.  —  Das 
Fut.  ex.  steht  für  das  Perf.  praes.;  vgl.  Schultz-Gora,  Prov.  E.-B.  §  186. 

19 — 21  zitiert  Soltau,  Zeitschrift  24,43  zu  39  als  Beleg  für 
das  auch  bei  Blacatz  V,  39  vorkommende  berbiguier  und  Levy, 
Sw.  3,  390  unter  faisar. 

22.  blizaut  fendut  „Faltenrock"?  Alwin  Schultz,  Höf.  Leben, 
1,  302  meint,  der  Bliaud  sei  wohl  dem  Rocke  ziemlich  ähnlich, 
und  bemerkt  1,  298:  „Die  Falten  des  Rockes  (der  Männer)  wurden 
dadurch  erzielt,  dafs  man  dem  unteren  Teil  desselben,  vom  Gürtel 
abwärts  Keilstücke  einsetzte  und  ihn  so  erweiterte".  —  trepai] 
Levy,  der  im  Sw.  5,  14,  1  v.  19  und  22 —  24  zitiert,  fragt,  was 
trepat  bedeute;  vielleicht  ist  es  mit  dem  afz.  triperie,  tripier  und 
dem  nfz.  tripes  „Trippsamt"  verwandt. 

26.  son  per  fols  tengutz.  Über  den  Nom.  nach  Präpositionen 
s.  Stimming,  B.  Born1   1,  6  und  Tobler,  Verm.  Beitr.   1  2,  2706°. 

2"].     Lo  für  handschr.  so;  vgl.  die  Anrn.  zu  aguilos,  v.  3. 

28.  encontra  „im  Vergleich  mit"  (Sw.  2,447,2),  hier  eher 
„in  Anbetracht". 

31.  coma  „Kopf,  Scheitel",  Sw.  1,291.  —  Für  den  schon  von 
den  ältesten  it.  Dichtern  angewandten  griech.  Akkusativ,  der  doch  wohl 
in  coma  tonduiz  vorliegt,  gibt  Diez,  Gramm.  S.  852  Belege  wie  una 
donna  lo  cor  cangtata,  occhi  gioconda,  una  fenice  ambedue  Vale  di porpora 
vestita.  Levy,  der  im  Sw.  2,449  v-  3l — 33  anführt,  schreibt  dorn  a 
tondutz. 

1  Daraufhin  schreibt  mir  Herr  Prof.  Emil  Levy  soeben,  er  verstehe  die 
Stelle  anders;  v.  14 — 17  übersetzt  er  so:  „Deshalb  lobe  ich  euch  und  danke 
euch  dafür,  dafs  ihr  nie  einen  gemeinen  Menschen  oder  Narren  liebtet,  sondern 
ihn  floht  (vermiedet),  wie  ich  die  Kampfreihen  des  Turniers  (eigentlich  auf- 
marschiertes, in  Reihen  geordnetes  Turnier)  floh,  denn  ich  bin  nie  mehr  bei 
einem  solchen  (*  =  dabei)  gewesen,  seit  ihr  es  mir  verboten  habt." 
K olsen,   Dichtungen  der  Trobadors.  5 


66  Nr.  12.     R.  d'Aurenga, 

SS-  Entopenatz  hält  Appel  (bei  Levy,  Sw.  2, 449  b)  im  Hin- 
blick auf  das  neuprov.  entoupina  „emmitoufler,  calfeutrer"  für  besser 
als  das  encopenatz  der  Hss.,  das  Rochegude  „empanache",  Stichel 
„mit  einem  Federbusch  versehen"  deutet.  Wie  hier  dann  c  in  den 
Hss.  für  das  ähnliche  /  gesetzt  wäre,  so  hat  umgekehrt  /in  v.  15 
/  statt  c  in  quant  statt  qu'anc. 

34.  tant  amistatz.  Tant  (adv.)  mit  folg.  Subst.  im  Plur.  = 
„so  viele";  s.  Appel,  Chr.  309a.  Vgl.  pro  „viel"  mit  dem  Subst., 
nicht  nur  im  Plur.,  wie  Sw.  6,  564, 2,  sondern  auch  im  Sing., 
wie  pro  enoia,  Dichtungen,  Nr.  2,  v.  24  zeigt. 

35  und  36  sind  von  Hensel,  Vögel,  S.  636  mifsverstanden, 
wenn  er  meint,  der  Dichter  spreche  von  einem  Manne,  der  ihn 
sehr  freundlich  behandle,  weil  er  seinem  tresol  lanier  ein  Hühnchen 
gegeben  habe.  Raynouard  5,412  b  übersetzt  die  drei  letzten 
Wörter  fälschlich:  sont  tiercelets  lanier s. 


12. 


Raimbaut  d'Aurenga, 

Assatz  m'es  belh   (Gr.  389,  17). 


C  199  (MG.  354),  D  90,  M  136  (MG.  326),  N2  12  (Arch.  102, 
179).  —  Str.  I:  Raynouard,  Choix  V,  411  und  MW.  I,  79.  — 
Nicht  benutzt  IKR.    —    Orthographie  nach   C. 

Von  den  Hss.  CD  M N2  sind  nur  CD  vollständig.  In  v.  6 
ist  die  Lesart  von  DM  besser  als  die  von  CN2,  da  die  Reim- 
wörter von  C  N2  nicht,  wie  es  in  diesem  Gedicht  erforderlich 
ist,  im  Reime  wieder  begegnen,  während  das  cuidan  von  DM 
in  v.  18  wieder  vorkommt.  Wo  N2  fehlt,  sind  DM  besser  als  C 
in  v.  18  und  22;  wo  M  fehlt,  sind  CD  in  v.  44,  D  N2  in  v.  42, 
49,  63  vorzuziehen  und  C  N2  in  5,  54,  65.  C  allein  bietet  Besseres 
in  v.  39,    D  in  38,  51,    N2  in  44,  69,  72. 

Das  Gedicht  ist  ein  Vers  (s.  v.  71),  der  aus  sechs  elfzeiligen 
Strophen  und  drei  dreizeiligen  Geleiten  besteht.  Die  Strophen 
sind  coblas  ternas;  je  drei  aufeinanderfolgende  haben  nämlich  die- 
selben Reimendungen.  Das  Schema  4a  4a  4b  4b  8c  4d  4d 
8c  4e  4e  8c  steht  als  einziges  dieser  Art  bei  Maus  unter  Nr.  173. 
Die  Endung  c  geht  durch  alle  Strophen.  Die  Reimwörter  der 
a-,  b-,  d-,  e-Reime  wiederholen  sich  sämtlich  und  von  den 
c- Reimen  die  Wörter  cossens,  sens  (cens),  guirens  und  maldizens.  Der 
eigenartige  Dichter  (s.  v.  28 ff.  u.  d.  Anm.)  stellt  also  die  Regel  von  der 
Nichtwiederholung  der  Reimwörter  absichtlich  auf  den  Kopf,  um 
sich  auch  dadurch  von  seinen  übrigen  Kunstgenossen  zu  unterscheiden. 


Assatz  m'es  belh  (Gr.  389,  17).  67 

I-  Assatz  m'es  belh 

Que  de  novelh 
Fassa  parer 
De  mon  saber 
5     Tot  plan  als  prims  sobresabens, 
Qui  van  cuidan 
Qu'ab  sen  d'enfan 
Die  e  fatz  mos  captenemens, 
E  sec  mon  cor 
10  E  mostri  for 

Tot  aisso,  don  el  m'es  cossens. 

II.  Qui  qu'en  favelh, 
Lo  m'es  pro  belh, 
De  mon  saber; 

15  Qu'en  sai  mielhs  ver, 

Si  tot  no  suy  mout  conoyssens, 
Que'l  trop  parlan, 
Qui  van  cuidan: 
,Folhs  es.     Non  es?     Si  es  sos  sens.' 
20  Quar  tost  salh  for 

Ab  belh  demor 
Gen  motz  leugiers,  cortes  talens. 

III.  Ab  son  novelh 
Die  e  favelh 

25  E  fatz  parer 

Mon  cubert  ver 
Lay  on  tanh  que  sia  parvens 
Que  son  effan 
Li  mielhs  parlan 


I.  1  Astatz  N2,  Ära  C  Rayn.  5  Toz  plans  D  M;  sobresaben  D 
6  conhdan  C,  comdan  N2  7  cen  N2  8  mon  D  M;  catenemen  D  9  Eu  D 
10  En  m.  C  Rayn.,  E  mon  trist  N2  II  aissi  M,  aco  N2;  dorn  D;  il  M, 
ilh  C  Rayn.,  ill  £>;    mi  (me  M)  consen  D  M 

II.  14  Damors.  N2  15  Qui  en  A™;  meilh  M,  nuls  D  \bfehÜN2\ 
conoissenZ)  17  fehlt  N2;  Qet.M  18  fehlt  N2;  v.  diguan  C  19  fehlt 
N2;  non  es  son  sen  D  20  fehlt  N2\  sal  D,  faill  M  21  fehlt  N*;  AC 
22  fehlt  N2 ;    mout  C-    leugier  c.  M,   H  uier  c.  D,   leu  lesforses  C\    talen  D  M 

III.  23— 24  fehlt  N2  25  El  fas  N2  26  fehlt  N2  27  paruen  D 
28  Quen  C;  s.]  con  N2;  enfan  DM,  onfan  A72        29  Lo  mils  D,  Moutmeill  M 

5* 


68  Nr.  12.     R.  d'Aurenga, 

30     Vas  me  e  sai  qurm  n'es  guirens, 
Ab  quem  demor 
Gen  dins  mon  cor 
Si  que '  1  ditz  no  *  m  passa  las  dens. 

IV.  Quon  am?     Ar  die 
35                    Qu'aissi  ses  tric 

Lieys  qu'amar  deg 

Que'l  miels  adreg, 
S'eran  cert  com  l'am  finamens, 

N'irion  sai 
40  Preguar  hueymai 

Que'ls  essenhes  cum  aprendens 

De  ben  amar 

E  neus  preguar 
M'en  venrion  dompnas  eine  cens. 

V.  45  Ben  ai  cor  ric 

Plus  qu'ieu  non  die 

E  tan  adreg 

Que  duc  ni  reg 
No  prez,  si  no'm  prez'eissamens. 
50  A  cuy  non  play, 

Hieu  son  de  say: 
.    ,Et  amarai  mos  bevolens'. 

No  vuelh  preguar; 

Que  miels  m'es  car 
55     Qu'om  mi  prec  qu'ieu  prec  manhtas  gens. 


30  qui  nes  D\  guiren  DM  31  queu  DM;  damor  D  32  Gr.  diz  D, 
Gandic  M        33  dir  C;    non  N2,   no  D;    la  M\    den  D 

IV  fehlt  M.  34  Don  damar  (damor  N2)  die  D  N2  35  Can  si  D, 
Canisi  iV2;  qestric  N2  36  deing  D  37  Que  m.  N2;  mils  adreig  D 
38  Si  eron  cent  C,  Se  tant  sert  N2;  lan  D;  finamen  CD  39  Melion 
fai  D,  En  rizen  sai  N2  40  Prengam  N2  41  Quel  sen  con  apren  D 
42  annar  C        43  E  neis  N2,   En  ems  D         44  uenian  N2;    cen  D,   sens  C 

V  fehlt  M.  46  qe  non  N2  48  duex  C;  reig  D  49  No  pres  N2, 
No  prec  C;  non  p.  eissamen  D,  no  prezaua  mens  C  50  nom  C  51  Em  D; 
soi  N2,  suy  C  52  E  ameraz  mon  bon  uolen  D  53  Non  D  54  mer  C\ 
dar  D        55   moutas  ienz  N2\     Que  som  p.  mi  quen  preges  gen  D 


Assatz  m'es  belh   (Gr.  389,  17).  69 

VI.  L'enojos  tric 
Sian  del  ric 
Sobeiran  reg 
Maudig  e  deg 

60     Dels  janglos  parliers  maldizens! 
Gic  m'en  hueymai; 
Que*l  dirs  no'm  plai, 
Tan  m'es  lur  mentaures  cossens. 
Que  s'ilh  tot  car 
65  Meron,  amar 

No-ls  poiria,  que'l  cor  m'en  vens. 

VII.  Pauc  sap  d'amar 
Qui  tem  preguar 

Deu  qu'el  abais  los  maldizens. 

VIII.  70  Tu  voil  pregar 

Vers  ab  dick  car 
Ca  leis  en  Urgel  represens. 

IX.  Ab  talen  car 
Si*m  fai  amar 

75     E'l  bon  esper;  qu'eu  n'ai  guirens! 


VI  fehlt  M.  56  Denoios  C  57  Si  dol  del  C  58  S.  (ric)  r.  N* 
59  Maldigz  e  degz  D  60  D.  p.  iamglos  mals  dizens  N*,  Delj.  parlar  mal 
disen  D  61  Cic  N*  62  Cal  D\  dir  C;  non  D  N*  63  1.]  lo  N*-y 
mentaure  CD;  cosen  D,  non  sen  C  64  tut  N*,  tug  C\  dar  C D  N* 
65  Moron  D        66  Nuls  N*,   Non  D\    men  uen  D 

VII  fehlt  M.  69  Dieus  D  N%\  quil  bais  lo  mal  dis  mauen  D,  quel 
maldia  los  manens  C 

VIII  fehlt  CM.  70  Ei  v.  D  71  Ab  diz  D,  quit  dis  N*\  dar  D  N* 
72  Que  lai  en  U.  capresen  D 

IX  fehlt  CMN2.     73  dar  D        75  guiren  D 


I.  Es  erscheint  mir  sehr  ratsam,  den  spitzfindigen,  überklugen 
Leuten  aufs  neue  von  meinem  Können  eine  ganz  richtige  Meinung 
beizubringen,  ihnen,  die  da  denken,  ich  spreche  und  betrage  mich 
kindisch;  aber  ich  folge  meinem  Herzen  und  zeige  nach  aufsen 
alles  das,  wovon  mein  Herz  heftig  bewegt  („kochend")  ist. 


70  Nr.  12.     R.  d'Aurenga, 

IL  Wer  auch  über  mein  Können  reden  mag,  mir  ist  es  sehr 
recht  (dafs  man  darüber  spricht) ;  denn  wenn  ich  auch  nicht  sehr 
klug  bin,  so  kenne  ich  doch  seinen  (meines  Könnens)  wahren  Zu- 
stand besser  als  die  Schwätzer,  die  da  klügeln :  „Er  ist  albern, 
nicht  wahr?  Ja,  er  hat  einen  törichten  Sinn."  Denn  schnell  und 
lustig  entschlüpft  in  artiger  Weise  ein  leichtfertiges  Wort  und  offen- 
bart sich  höfisches  Wesen. 

III.  Mit  neuer  Weise  dichte  und  singe  ich  und  zeige  eine 
verborgene  wahre  Art,  wo  sie  kenntlich  sein  soll,  so  dafs  die 
Beredtesten  reine  Waisenknaben  („Kinder")  gegen  mich  sind,  und 
ich  weifs,  wer  mir  darin  (im  Dichten)  hilft,1  was  ich  aber  hübsch 
für  mich  behalte,  wofern  mir  der  Mund  nicht  davon  übergeht. 

IV.  Wie  ich  liebe?  Nun,  ich  sage,  dafs  ich  die,  der  meine 
Liebe  gehört  („die  ich  lieben  mufs"),  so  aufrichtig  liebe,  dafs  die 
Wackersten,  wenn  sie  nur  wüfsten,  wie  treu  ich  sie  (die  Dame) 
liebe,  aus  ihrer  Heimat  („von  da")  hierher  kämen,  mich  zu  bitten, 
dafs  ich  sie  nunmehr  als  Schüler  im  rechten  Lieben  unterweise, 
und  sogar  eine  Menge  Damen  würden  mit  dieser  Bitte2  zu  mir 
kommen. 

V.  Ich  habe  in  der  Tat  ein  Herz,  das  stärker  ist,  als  ich 
sage,  und  so  aufrecht,  dafs  ich  keinem  Herzog  und  keinem  König 
Ehre  erweise,  wenn  sie  mich  nicht  ebenso  ehren.  Wem  das 
nicht  zusagt,  dem  rufe  ich  von  hier  aus  zu:  „Ich  werde  diejenigen 
lieben,  die  mir  wohlwollen."  Bitten  will  ich  nicht;  denn  es  ist 
mir  lieber,  dafs  man  mich  bitte,  als  dafs  ich  viele  bitten  sollte. 

VI.  Die  ärgerlichen  Täuschungen  und  Laster  der  spott- 
süchtigen, geschwätzigen  Verleumder  mögen  von  dem  mächtigen, 
erhabenen  König  (von  Gott)  getadelt  werden !  Ich  kümmere  mich 
von  nun  an  nicht  mehr  um  sie;  denn  das  Dichten  gefällt  mir 
sonst  nicht,  so  schmerzt  es  mich,  ihrer  Erwähnung  zu  tun.  Denn 
wenn  sie  (es)  mich  auch  teuer  büfsen  lassen,  so  könnte  ich  sie 
doch  nicht  lieben,  da  mein  Herz  darin  stark  bleibt. 

VII.  Wenig  versteht  vom  Lieben,  wer  sich  scheut,  Gott  zu 
bitten,  dafs  er  die  Verleumder  erniedrige. 

VIII.  Wiederhole  doch  gefälligst  der  Dame  in  Urgel  den 
Vers  mit  der  freundlichen  Rede. 

IX.  Sie  macht,  dafs  ich  sie  mit  herzlicher  Neigung  liebe, 
aber  auch  mit  guter  Hoffnung,  denn  dafür  habe  ich  Bürgen! 

4.  mon  saber.  Das  Subst.  saber  bedeutet  hier,  wie  v.  16  zeigt, 
nicht  soviel  wie  nfz.  le  savoir  „das  Wissen,  die  Wissenschaft,  Ge- 
lehrsamkeit", vielmehr  scheint  es  dem  saber  —  saber  dire  Chabaneaus 


1  Die  Geliebte,  deren  Namen  er  aber  nicht  verraten  will. 

2  Wohl,  ihre  Liebhaber  darin  zu  unterrichten. 


Assatz  m'es  belh   (Gr.  389,  17).  71 

bei  Levy,  Sw.  7,  389, 5  zu  entsprechen.  Das  „Können"  stimmt 
dann  auch  zu  des  Dichters  Bemerkung  in  v.  28  und  zu  seiner  in 
der  Anm.  zu  diesem  Verse  wiedergegebenen  Äufserung. 

5.  prim  und  sobresaben  sind  im  üblen  Sinn  aufzufassen;  zu 
letzterem  vgl.  sobresaber  „zu  grofse  Weisheit",  Sw.  7,718. 

13.     lo  als  neutraler  Nom.,  Sw.  4,  414. 

18.     cuidar  „meditieren,  grübeln,  klügeln",  wie  auch  lat.  cogilare. 

22.  Fols  chantaire  cortes  nennt  Raimbaut  sich  MW.  1,  75. 
Von  seiner  bela  foldatz  spricht  auch  G.  de  Bornelh  in  dem  planh 
auf  Linhaure  =  R.  d'Aurenga,  Ausg.,  Nr.  76,  41;  in  Nr.  49,  24 
heifst  es  bei  Giraut:  Pero  sens,  pretz  e  folia  Chascus  a  sas  vetz, 
Qui  be-ls  assembla  ni'ls  tria  und  in  Nr.  41,  17  E  no'tn  par  Com 
sia  cortes    Que  tot  jorn  vol  esser  senatz. 

24.  Favelar  ist  nicht  „improviser",  wie  Rayn.  3,  246, 6  es 
an  dieser  Stelle  übersetzt,  sondern  „parier;  chanter"   (Pet.  Dict.). 

28.  Wie  eingebildet  der  Dichter  auf  sein  „Können"  war, 
das  zeigt  der  Umstand,  dafs  er  sich  am  Ende  seines  no  sai  que 
s'es  (Bartsch-K.,  Chrest.  74)  cel  que  sap  ben  far  iota  fazenda,  quan 
se  vol  nennt,  sowie  seine  Worte  MW.  1,  70:  Qu'anc  pus  Adams 
rnanget  del  pom,  Nom  val(c)  d'un,  qui  que  s'en  bruja,  Lo  sieus  tro- 
bar(s)  una  raba    Contral  mieu. 

30.  Über  die  „Hilfe",  welche  die  Dame  dem  Trobador  ge- 
währt, indem  sie  ihn  zum  Dichten  anregt,  vgl.  G.  v.  Bornelh  (Berlin, 
1894),  S.  122,  11,3. 

33.  si  que  —  no.  Wie  lat.  sie  zur  Angabe  der  Bedingung  und 
Einschränkung  gebraucht  werden  kann,  so  ist  wohl  auch  hier  si 
„doch  so,  mit  der  Einschränkung,  dafs"  und  si  que  —  no  „wofern 
nicht".  —  Passar  las  denz  findet  sich  gleichfalls  G.  de  Bornelh, 
Nr.  8,  34.  Zum  Sinne  vgl.  das  Sprichwort:  Wefs  das  Herz  voll  ist, 
defs  geht  der  Mund  über. 

3J.     miels  =■  plus,  hier  und  v.  54;  s.  Sw.  5,  179,  I. 

39.     n'irion;   vgl.  it.  andarne  für  andarsene,  Vockeradt  §446,5. 

41.  In  Gr.  389,  18,  MW.  1,  71,  Diez,  L.  u.  W.2  58,  gibt 
Raimbaut  in  der  Tat  Liebesregeln,  aber  solche  eigener  Art. 

44.  eine  cens.  Approximativzahlen  verwendet  der  Dichter  mit 
Vorliebe;  MW.  1,67  sagt  er  E  me  fai  sos  ris  plus  jauzen  Quesrm 
rizian  quatre  cen  Angel,  qwm  deurian  gaug  far  und  MW.  1,77 
Car  vos  valetz  las  melhors  cen. 

48.  reg  „König"  steht  hier  und  v.  58  im  Reime;  in  Sw.  7, 183 
findet  sich  für  diese  Wortform  nur  ein  Beleg  aus  einer  Urkunde. 

51.  sonar  m.  Dat.  „anreden,  zu  jmd.  reden",  Sw.  7,813,2; 
sott  hier  „ich  rufe  zu"  ist  von  CN*  für  die  1.  P.  sing,  praes.  von 
eser  gehalten  und  durch  suy  und  soi  ersetzt  worden. 

52.  Et  direkte  Rede  einleitend,  Sw.  2,312,3. 

53.  No~\  oder  no-n,  ich  will  nicht  darum  (um  das  Wohl- 
wollen) bitten? 

59.  deg  findet  sich  bei  R.  d'Aurenga  als  Reimwort  öfter,  so 
in  zwei  Zitaten  im  Sw.  2,21/2. 


72  Nr.  13.     Peire  de  Gavaret, 

64.  sHlh  tot  car  meron;  andere  Beispiele  für  si  tot  „obwohl" 
mit  dazwischen  stehendem  Subjektspron.  gibt  Levy,  Sw.  7,  647,  17. 
—  car  schreibe  ich  statt  des  dar  der  Hss.,  da  der  Dichter,  der 
doch  alle  Wörter  der  e- Reime  wiederholt,  sicherlich  das  car  aus 
v.  54  hier  abermals  in  den  Reim  setzen  wollte;  dazu  vgl.  eser  car 
Sw.  1,  208,  1  und  merir  car  Sw.  5,  237,4.  Somit  wird  es  auch 
im  2.  und  3.  Geleit  car  statt  dar  heifsen  müssen,  zumal  dort  eben- 
falls der  Sinn  unter  dem  Wechsel  nicht  leidet. 

72.  Über  die  Gräfin  von  Urgel  s.  Chabaneau,  Biogr.  S.  77  a 
Anm.  1,  G.  v.  Bornelh  (Berlin,  1894),  S.  63  Anm.  und  Bergert, 
Damen,  S.  40.  —  repreze?itar  finde  ich  in  der  Bedeutung  „wieder- 
geben, wiederholen"  noch  nicht  belegt;  aber  lat.  repraesentare  be- 
gegnet in  diesem  Sinne.  —  Hs.  D  hat  Que  lei  en  Urgel  capresen, 
und  es  will  mir  scheinen,  dafs  v.  72  in  dieser  Lesart  dem  letzten 
Vers  der  an  den  Spielmann  Rossignol  gerichteten  Strophe,  die  in 
der  prov.  Biogr.  Raimbauts  enthalten  ist,  zu  Grunde  liegt,  ja,  dafs 
die  ganze  Strophe  nur  eine  Umdichtung  unseres  2.  Geleites  ist, 
die  etwa  der  Eitelkeit  eines  Spielmannes,  der  statt  des  tu  seinen 
Namen  genannt  wissen  wollte,  ihr  Entstehen  verdankt.  Aus  dem 
vers  ab  dich  dar  der  Hs.  wurde  dort  una  leu  chansoneta  und  dann 
heifst  es  weiter:  Qem  portaras  a  iornom  (1.  iornau,  wohl  im  Reime 
mit  esjau,  „bei  Tageslicht,  Anbruch  des  Tages"?)  A  la  contessa 
valen  Lai  en  Urgel  per  presen.  Die  Befürchtung  Chabaneaus, 
Biogr.  S.  77  b  Anm.  1,  ein  anderes  Gedicht  Raimbauts,  dem  die 
Rossignol-Strophe  angehörte,  sei  wahrscheinlich  verloren  gegangen, 
ist  demnach  gewifs  unbegründet. 

74.  Dafs  Raimbaut  die  Gräfin  verehrte,  braucht  nicht  wunder- 
zunehmen, wenn  man  sieht,  dafs  auch  Giraut  de  Bornelh  sie  in 
Nr.  21,  53  preist  als  die  cotntess'ab  cui  jois  nais  E  sabers  e  prelz 
verais. 


13. 


Peire  de  Gavaret, 

Peironet,  en  Savartes  (Gr.  343,  1). 


A  198  (570;  Arch.  34,191),   D  206. 

Die  beiden  Hss.  ergänzen  einander.  —  Orthographie  nach  A. 

Das  Gedicht  wird  in  A  sirventes  genannt.  In  der  Tat  ist  es 
ein  Fragesirventes,  dem  das  Antwortsirventes  Gr.  340,1  (Nr.  14) 
mit  gleichem  Strophenbau  und  gleichen  Reimendungen  gegenüber- 
steht;  vgl.  dazu  Chabaneau,  Biogr.  8.164a  Anm.  und   164b,  sowie 


Peironet,  en  Savärtes  (Gr.  343,  1).  73 

Seibach,  S.  50  Anm.,  während  P.  Meyer,  Chans,  de  la  crois.  2,  30*8 
beide  Gedichte  zusammen  als  eine  Tenzone  betrachtet. 

Der  Verfasser  des  Gedichtes  wird  in  der  Biogr.  des  Savaric 
de  Mauleon  als  Vizgraf  und  Gatte  Guillelmas  von  Benauges  (siehe 
Dicht.  Nr.  3,  v.  86)  erwähnt;  sein  Name  rindet  sich  in  Urkunden 
von   12 ig  und   1228  (Chabaneau,  Biogr.,  S.  47,  Anm.  10). 

Das  Fragesirventes  besteht  aus  drei  achtzeiligen  coblas  unts- 
sonans  und  einer  zweizeiligen  tornada.  Das  Schema  7  a  7  b  7  a 
7b  ioc  ioc  iodw  iodw  führt  Maus  unter  Nr.  359,  5  auf.  Aufser 
dem  Antwortsirventes  hat  B.  de  Palasol  3  (Lex.  r.  1,  359)  denselben 
Bau,  c  ist  da  -ir,  d  auch  -ia,  sowie  R.  de  Vaqueiras  11  (MW.  1,360), 
wo  a  -ir  ist,  d  gleichfalls  -ia  und  wo  der  Anfang  der  Str.  V 
Guionet,  srm  vols  servir,  Lo  comte'm  vai  saludar  E  di .  . .  dem 
Beginn  unserer  Dichtung  entspricht.  —  Zweimal  im  Reime  steht 
mentir,  v.  4  und  18. 

I.  Peironet,  en  Savärtes 

Vai  a*n  Per  de  Durban  ir 

E  digas  li  que  vers  es 

Que  la  gensser  ses  mentir 
5     Ab  si'm  colguet  una  nuoich  per  amor 
E  no  lo  *  ill  fi,  de  qe  sui  en  error. 
Per  ti  me  man  si  es  dreitz  que  m'aucia 
O,  s'ill  me  trac,  si  me  fai  cortesia. 

II.  Trahitz  sui  per  aquels  tres, 
10  Don  plus  me  cuidei  gauzir, 

E  car  aissi  m'ant  perpres, 

Fui  vergoignos  al  partir 
E  pregui  Dieu  qe'm  don  ir'e  dolor 
E  que  ja  mais  no'm  don  joi  senes  plor, 
15     E  si  no'm  fos  tengut  a  vilania, 
Eu  me  meira  monges  en  l'abadia. 

III.  Ben  volgra  tot  mon  arnes 
Aver  donat  ses  mentir, 
Que  a  las  dompnas  plagues 

20  Qe'm  deignesson  captenir 

I.  1  Peronet  e  S.  D         2  an  peire  A ;    den  D ;    durbandir  D,  burban.  A 
3  digaz  D         5  Cab  A  D        6  lo  fi  A         8  sils  m.  t.  si  sera  c.  A 

II.  11  aissimen  per  D         13«.  14  des  D         16  morgesZ?;  enlabaiaZ», 
dun  a.  A 

III.  18  senes  m.  D        20  degesson  A 


74         Nr.  13.     Peire  de  Gavaret,  Peironet,  en  Savartes  (Gr.  343,1). 

Del  faillimen  q'ai  fach  vas  la  genssor 
E  non  per  so  c'anc  ncrm  viriei  aillor, 
C'ab  si'm  colguet  una  nuoich  per  paria 
E  ges  ncrm  puosc  vanar  qe  sos  drutz  sia. 

IV.  25     Dompna,  s'oimais  vos  lais  de  drudaria, 

Vostr'er  lo  dans  e  l'anta  sera  mia! 


21  uers  la  D         22  no  v.  D         23  per  paor  A         24  sons  d.  D 
IV.     25  Dompnas  o.  A;    de]  eu  D 


I.  Peironet,  gehe  nach  Savartes  zu  Herrn  Peter  von  Durban 
und  sage  ihm,  dafs  die,  die  ganz  gewifs  die  Schönste  ist,  mich 
tatsächlich  einmal  nachts  um  der  Liebe  willen  zu  sich  nahm;  die 
höchste  Gunst  aber  erlangte  ich  von  ihr  nicht,  weshalb  ich  mir 
keinen  Rat  weifs.  Durch  dich  möge  er  mir  sagen  lassen,  ob  es 
recht  ist,  dafs  sie  mich  quäle,  oder  ob  sie  freundlich  an  mir  handle, 
wenn  sie  mich  hintergeht. 

II.  Verraten  haben  mich  jene  drei  Männer,  von  denen  ich 
am  meisten  Freude  erwartete,  und  weil  sie  mich  so  für  sich  ein- 
genommen haben,  war  ich  beim  Scheiden  beschämt,1  und  ich  bitte 
Gott,  mir  Kummer  und  Schmerz  und  nie  mehr  Freude  ohne  Weinen 
zu  geben,2  und  würde  ich  dafür  nicht  geschmäht,  so  würde  ich 
mich  als  Mönch  in  die  Abtei  begeben. 

III.  Meine  ganze  Habe  hätte  ich  fürwahr  gern  hingegeben, 
wenn  die  Damen  mich  vor  dem  Fehler  hätten  bewahren  wollen, 
den  ich  betreffs  der  Hübschesten  gemacht  habe,  nicht  etwa,  weil 
ich  mich  niemals  einer  anderen  zuwandte,  sondern  dadurch,  dafs 
sie  mich  einmal  nachts  zur  Gesellschaft  zu  sich  nahm  und  ich  mich 
von  ihr  habe  hinters  Licht  führen  lassen  („ich  mich  doch  durch- 
aus nicht  rühmen  kann,  ihr  Buhle  zu  sein"). 

IV.  Herrin,  wenn  ich  euch  künftig  mit  meiner  Liebe  in 
Frieden  lasse,  so  werdet  ihr  den  Schaden  und  ich  werde  den 
Spott  davon  haben! 


1.  Peironet  ist  ein  Spielmann.    Savartes  liegt  im  Gebiete  von 
Saverdun,  Dep.  Ariege. 

2.  Per  statt  Peire;  vgl.  en  Pier,  Appel,  Chrest,  St.  90,  57.  — 
Peire  de  Durban  begegnet  in  einer  Urkunde  von  1238  (Chabaneau, 


1  Dafs  ich  mich  so  von  ihnen  hatte  täuschen  lassen. 

2  Die    Selbstverwünschung   entspringt    dem  Unwillen    des  Dichters    über 
seine  Torheit  und  geringe  Menschenkenntnis. 


Nr.  14.    Peire  de  Durban,  Peironet,  ben  vos es pres  (Gr.  340,1).        75 

Biogr.  S.  164,  Anm.  3).  —  ir  fehlt  in  A.  In  durbandir  von  'i) 
gehört  das  d  vor  ir  wohl  zum  Namen,  der  also  dann  in  D  Durband 
lautete,  denn  dir  zu  lesen,  wäre  kaum  möglich,  weil  ja  e  digas  folgt. 
Für  ir  finden  sich  Beispiele  bei  Raynouard  3,  570  b  und  in  Appels 
Chrest,  St.  25,42;  zu  vai  ir  aber  vgl.  man  s'en  van  anar  und  s'en 
van  venir  Appel,  Chrest,  St.  9,25  und  9,  164. 

4,  5.  ses  mentir  wiederholt  sich  v.  18,  und  v.  5  kehrt,  nur 
mit  anderem  Reimwort,  in  v.  23  wieder. 

6.  faire  lo  prägnant  von  der  geschlechtlichen  Vereinigung, 
Sw.  3,  380,  2. 

8.     trac  =  trai;  s.  dafür  die  Form  trag  Mahn,  Gramm.  S.  259. 

16.  meira,  Kond.  b  von  metre,  ist  noch  nicht  belegt,  verhält 
sich  aber  zu  der  von  Schultz-Gora,  Prov.  E.-B.,  S.  99  verzeichneten 
Perfektform  meiron  wie  feira  von  far  zu  feiron. 

21.  faillimen  ist  im  ersten  Falle  „Fehler",  im  zweiten 
„Fehlschlag". 

2^.     Am  Anfang  des  Verses  ist  ?nas  per  so  zu  ergänzen. 


14. 


Peire  de  Durban, 

Peironet,  ben  vos  es  pres  (Gr.  340,  1). 


A  203  (584;  Arch.  34,  193),  D  206.  —  Text  und  Orthographie 
nach  A.  Das  Gedicht  ist  ein  Antwortsirventes.  P.  de  Durban 
gibt  darin  Gavaret  Bescheid  auf  seine  ihm  durch  den  Spielmann 
Peironet  übermittelte  Frage  (s.  Nr.  13).  Schema  und  Reim- 
endungen  sind  die  nämlichen  wie  im  Fragesirventes;  die  Antwort 
ist  aber  um  eine  Strophe  länger  als  die  Anfrage.  Als  Reim- 
wörter  begegnen  zweimal  /res  v.  1 1  und  25,  ferir  v.  18  und  26 
und  in  verschiedener  Bedeutung  pres  v.  1  und  17;  die  Reimwörter 
es,  tres,  amor,  error,  cortesia  sind  beiden  Gedichten  gemeinsam. 


Peironet,  ben  vos  es  pres 
Car  sai  vos  a  faich  venir 
Gavaretz,  si  m'ajut  fes, 
Car  vol  de  sidonz  auzir 


I.     4  sidous  jauzir  D 


76  Nr.  14.     Peire  de  Durban, 

5     Conseil  d'aisso,  don  estai  en  error; 

Q'ieu  sai  jutgar  los  tortz  e-ls  dreitz  d'amor, 
E  la  dompna  non  fara  ja  foillia, 
Anz  faillira,  si  mon  conseill  cambia. 

IL  Eu  jutge  qae  razos  es, 

10  Com  no  m'o  pot  contradir, 

Qe'ls  rend'a  sidonz  totz  tres 
Per  desfar  e  per  aucir; 
Que  nuills  rics  hom  non  deu  auzir  traichor, 
Que  traichers  es  qui  faill  a  son  seignor, 
15     E  la  dompna  fara  gran  cortesia, 
Srn  fai  tot  so  q'ieu  l'aconseillaria. 

III.  Eu  conseill  que  sion  pres 
E  c'om  los  fasa  ferir, 

E  l'uns  dels  tres  sia  mes 
20  En  loc,  don  non  vei'eissir, 

E'il  doi  sion  pendut  sotz  cobertor, 
Car  failliron  a  la  cocha  major, 
E  si  per  so  uns  dels  tres  no*s  chastia, 
Mal  perda  Dieu,  qui  mais  en  lor  se  fia. 

IV.  25  Malvatz  compaignos  ac  tres 

Gavaretz,  q'anc  venc  ferir 
Que  l'us  fo  fals  e  mespres 
De  so  qe*l  degr'envazir, 
E'il  dui  foron  trepan  ab  lor 
30     E'l  terz  pican  sul  portal  de  la  tor 
E  puois  agron  del  tot  la  seignoria, 
E  done  s'en  als  dos  l',acala  via'! 

V.  Amics  Engles,  la  vostra  tricharia 
Mi  fai  estar  ses  dompn'e  ses  amia. 


6  sa  iugar  D;    el  dreit  D 

II.  9  iuze  D        10  men  po  D         11  totz  res  A  {Studj)         13  deutener 
t.  D         14  tracher  D         16  Sen  D;  la  conseillaria  A  D 

III.  20  ueia  AZ>;  ensir  D         21  pendu  D         22  faillirent  D         23  un 
d.  t.  nois  A         24  deus  D;    sen  f.  D 

IV.  26  quant  D         29  furent  frapan  ab  D         31  agran  D         32  lacal 
auia  A,  la  calania  D 


Peironet,  ben  vos  es  pres  (Gr.  340,  1).  77 

I.  Peironet,  es  hat  sich  wahrlich  (für  euch)  gut  getroffen, 
dafs  Gavaret  euch  hierher  gesandt  hat,  da  er  betreffs  seiner  Dame 
in  einer  Angelegenheit,  wegen  der  er  in  Verlegenheit  ist,  einen 
Rat  hören  will;  verstehe  ich  doch  zu  beurteilen,  was  in  der  Liebe 
unrecht  und  was  recht  ist,  und  die  Dame  wird  doch  keine  Dumm- 
heit machen;  aber  sie  wird  einen  Fehler  begehen,  wenn  sie  von 
meinem  Rate  abweicht. 

IL  Ich  halte  es  für  richtig,  wie  er  auch  nicht  bestreiten  kann, 
dafs  er  sie  alle  drei  seiner  Herrin  überliefere,  die  sie  vernichten 
und  töten  soll;  denn  kein  vornehmer  Mann  soll  (selbst)  einem  Ver- 
räter Gehör  schenken,  —  ist  doch  der  ein  Verräter,  der  seinem 
Herrn  gegenüber  fehlt  — ,  und  die  Dame  wird  sehr  angemessen 
handeln,  wenn  sie  alles  tut,  was  ich  ihr  etwa  raten  sollte. 

III.  Ich  rate,  dafs  sie  ergriffen  werden  und  dafs  man  sie 
prügle;  der  eine  von  den  dreien  soll  in  einem  Räume  eingesperrt 
werden,  aus  dem  er  keinen  Ausgang  sieht,  und  die  beiden  anderen 
mögen  unter  einem  Dache  aufgehängt  werden,  weil  sie  in  der 
gröfsten  Verlegenheit  versagten,  und  wenn  sich  trotzdem  einer  von 
den  Dreien  nicht  bessert,  so  soll,  wer  ihnen  noch  ferner  traut,  zum 
Unheil  auf  immer  verdammt  sein. 

IV.  Gavaret  hatte  drei  schlechte  Gefährten,  die  er  einst  zu 
schlagen  kam,  so  dafs  sich  der  eine  in  seiner  Falschheit  soweit 
verging,  *  dafs  er  auf  ihn  eindringen  sollte  (?),  und  zwei  (jener  und 
noch  ein  anderer)  tollten  miteinander  umher,  und  der  Dritte  schlug 
oben  auf  die  Tür  des  Turmes,  und  dann  beherrschten  sie  alles, 
und  so  gebe  man  zweien ?  von  ihnen  den  Abschied! 

V.  Freund  Engles,  eure  Betrügerei  läfst  mich  ohne  Geliebte 
und  ohne  Freundin  sein. 

In  der  Hist.  litt,  de  la  Fr.  19,609  heifst  es,  P.  de  Durban 
habe  die  Antwort  auf  die  obszöne  Frage  Gavarets  absichtlich 
dunkel  gehalten.  Meines  Erachtens  hat  der  Dichter  sagen  wollen, 
nach  der  von  ihm  in  den  Vordergrund  gerückten  Bestrafung  der 
drei  Spielverderber,  die  eigentlich  am  besten  durch  die  betreffende 
Dame  ausgeführt  werden  sollte,  aber  doch  wohl  schliefslich  von 
Gavaret  vollzogen  werden  würde,  und  nach  der  Entlassung  der 
beiden  schlimmsten  Störenfriede  werde  Gavaret  sein  Ziel  bei  seiner 
Dame  doch  noch  erreichen. 

17 — 20  zitiert  Levy,  Sw.  2,  343,  1 1  als  Beleg  für  eisir  „Ausgang". 

21.  cobertor,  das  Levy,  Sw.  1,269,  wo  er  Str.  III  zitiert,  un- 
erklärt läfst,  ist  wohl,  wie  cobert  1  und  coberta  4  im  Sw.,  mit  „Dach" 
zu  übersetzen.     Die  beiden  sollten  „unter  einem  Dache  aufgehängt 


1  Der  Dichter  sieht  wohl  in  seiner  Phantasie  schon  die  Szenen,  die  sich 
bei  Befolgung  seiner  Ratschläge  abspielen  werden,  voraus. 

2  Gewifs  den  beiden  Schlimmsten. 


78  Nr.  15,     Lo  Vesques  de  Clarmon, 

werden",  um  nämlich  Prügel  zu  bekommen;  vgl.  Georges  unter 
pendeo  B  2  das  Beispiel  aus  Terenz:  Tu  tarn  pendebis  „du  wirst  an 
die  (obere)  Türpfoste  kommen  =  Schläge  erhalten". 

32.  lacal  auia  A,  la  calania  D;  wie  refi.  acalar  (Pet.  Dict.), 
so  wird  wohl  auch  das  intransitive  „(se)  glisser"  und  acala  via 
„entgleite"  =  packe  dich  (apage!)  bedeuten.  Donar  V, acala  via1 
a  alcu  wäre  dann  „jd.  den  Abschied  geben,  ihn  entlassen". 

33.  Engles  ist  sowohl  Versteckname  („Engländer")  als  auch 
Personenname;  vgl.  Diez,  L.  u.  W.2,  216,  Anm.  2  und  Chabaneau, 
Biogr.,  S.  139  b. 

34.  dompna  „Geliebte"  steht  hier  neben  amia  „Freundin". 


15. 


Lo  Vesques  de  Clarmon, 

Coms,  qe  vol  enseignar  (Gr.  95,  1). 


#55  (239;  Arch-  34»  4*4 a). 

Die  zehnzeilige  cobla  des  Bischofs  Robert  von  Clermont  hat 
das  Schema  6a  6a  6b  6a  6b  8b  8c^  8c^  8d  8d.  Das  Ge- 
dicht ist  bei  Maus,  der,  in  dem  Glauben,  v.  9  und  10  bildeten  ein 
Geleit,  nur  v.  1 — 8  in  Betracht  gezogen  hat,  von  Nr.  113  nach 
Nr.  115  zu  übertragen.  Es  stimmt  in  Bau  und  Reimendungen 
genau  mit  Gui  d'Uisel   12   (Gr.  194,  12)  überein. 

Coms,  qe  vol  enseignar 

.£z/esqe  a  ssegnar, 

Fora  meilz  c'aprezes 

Com  deges  tornejar 
5  En  fort  tornei  espes; 

Q'eu  no  cuit  c'anc  tornei  vezes 
Ni  cocha  qe  gent  fos  ferida, 
Se  doncs  no'i  venc  a  meszauzida! 
D'onor  m'es  vis  qes  eu  ai  tan 
10     Qant  el  valra  d'armas  Rolan. 

1    (.)  oms  Studj,  Grundr.,    (L)oms  Arch.  2   En  uesqe  9   Donor 

uisqes  eu  ai  tan         10   il  v. 


Coms,  qe  vol  enseignar   (Gr.  95,  1).  79 

Ein  Graf,  der  einen  Bischof  das  Weihen  lehren  will,  sollte 
lieber  lernen,  wie  er  in  einem  sehr  grofsen  Turnier  kämpfen  mufs. 
Denn  meines  Erachtens  machte  er  niemals  ein  Turnier  oder  einen 
Kampf  mit,  wo  er  sich  gut  geschlagen  hätte,  wenn  sie  ihm  nicht 
etwa  gar  zur  Schande  gereichten!  Mir  scheint,  dafs  ich  ebensoviel 
Ehre  besitze,  wie  er  (besitzen  wird),  wenn  er  einmal  einem  Roland 
an  Waffen  gleichkommt. 


1.  Die  fehlende  Initiale  vor  oms  war  wohl  nicht  durch  L  zu 
ersetzen,  wie  das  im  Archiv  geschah,  sondern  durch  C,  und  als 
erstes  Wort  der  zweiten  Zeile  gehört  gewifs  Evesque  in  den  Text. 
Aus  der  vida  des  Dalfin  d'Alvernhe,  der  ja  coms  d'Alvernhe  war 
(s.  Chabaneau,  Biogr.,  S.  54  a),  wissen  wir,  dafs  dieser  mit  seinem 
Vetter  Robert,  von  11 95  — 1227  Bischof  von  Clermont,  auf 
Kriegsfufs  gelebt  und  gegen  den  evesque  cantaire  ein  heftiges 
Sirventes  gerichtet  hat,  in  dem  es  heifst  L'evesques  me  dis  mal 
segon  sa  felonia  (Biogr.,  S.  55  b).  Vielleicht  ist  also  auch  der  in 
der  cobla  von  dem  Bischof  geschmähte  Graf  mit  dem  Delphin 
identisch. 

5.  espes  „gewaltig,  stark  (?)"  bei  Wörtern  wie  guerra,  batalha, 
Sw.  3,  264. 

8.  se  doncs  no  „wenn  nicht  etwa",  Appel,  Chrest.,  S.  304  a. 
—  venir  a  „gereichen  zu",  Appel,  Chrest.,  St.  13,48  (s'a  Heys  ven 
a  plazer)  und  B.  Vent.  (ed.  Appel),  S.  393  a.  —  Das  Wort  mesau- 
zida  ist  noch  nicht  belegt;  es  ist  =  dezonor,  denn  auzida  findet 
sich  bei  Raynouard,  2,  150,  I,  II  im  Sinne  von  onor\  vgl.  auch 
afz.  meso'ir. 

9.  Vor  vis  habe  ich  die  dem  Verse  fehlende  Silbe  durch 
m'es  ergänzt.  Nach  vis  m'es  que  kann  auch  der  Ind.  stehen;  siehe 
Meyer-Lübke,  Gramm.  3,712;  vgl.  ferner  vejaire  m'es  mit  Ind.  und 
Konj.,  Appel,  B.  Vent.,  S.  393  b.  —  Gemeint  ist  also  der  höchste 
Grad  von  Ehre. 

10.  qant  el  für  qant  el  qan  „wie  er,  wenn". 


8o  Nr.  16.    3.  de  Poizrenger,  Mal'aventura  (Gr.  48,  i). 


16. 


Berenguier  de  Poizrenger, 

Mal'aventura  (Gr.  48, 1). 


ZT  56  (243;   Arch.  34,  414). 

Das  Archiv  schreibt  Petz  renger,  Barbieri  (nach  einer  verloren- 
gegangenen Hs.)  Pois  Ronges  und  Chabaneau,  Biogr.  128b  schlägt 
dafür  Pueyrenyer  vor,  indem  er  an  den  Ort  Puyrenier  (Dordogne) 
denkt. 

Die  cobla  besteht  aus  8  Zehnsilblern ;  für  ihre  Form  ab  ba 
c^>d  d  Cu  vgl.  Maus  579,3    und    Appel,  BVent.,  S.  337. 

Mal'aventura  don  Deus  a  mas  mas, 
Car  an  perdut  cen  solz  de  malgozres, 
E  refer  ne  als  datz  malas  merces 
C'anc  no  m'en  valc  soitils  gitars  ni  plas, 
5     De  qe  poges  comprar  una  camisa, 
Ab  qe  cobris  mos  codes,  c'ai  rognos. 
E  pois  de  datz  no  sui  aventuros, 
Ben  degr'aver  cal  qe  dompna  conqisa. 

1   .  al         2  cenz  s.  d.  malgones         4  s.  zitars 

Verwünscht  seien  meine  Hände,  denn  sie  haben  hundert  Sous 
in  Hellern  von  Mauguio  verspielt,  und  ich  weifs  den  Würfeln  üblen 
Dank  dafür,  dafs  mir  weder  ein  gekünsteltes  noch  ein  ungekünsteltes 
Werfen  derselben  je  soviel  einbrachte,  dafs  ich  davon  hätte  ein 
Hemd  kaufen  können,  um  meine  krätzigen  Ellbogen  damit  zu  be- 
decken. Da  ich  nun  einmal  im  Würfelspiel  nicht  glücklich  bin,  so 
hätte  ich  wohl  in  der  Liebe  Glück  haben  („irgend  eine  Dame 
gewinnen")  müssen. 

2.  malgoires,  statt  malgones  in  H,  „Heller  von  Mauguio" 
(Sw.  5,  64  b),  einer  Stadt  im  Dep.  H6rault. 

4.     gitar  „werfen  (im  Spiel)",   BBorn1,  ed.  Stimming,  Glossar. 

5 — 6  zitiert  Raynouard,  Lex.  5,  1 1 1  b  und  v.  6  Lex.  2,  427  b  als 
von  Ber.  de  Puivert  herrührend. 


ur 


1 4.  3  2  J  "  Ab*chüd  geb.  n 

acaniar  S.  6o  z.  40 

'trlt'a««.,.„,%. 

ans  c^r  i,  3-  ■* 

avan  que  ft^,,.   ,    6 

-ö'au  schlecht  2    13 

cobertor  Dach   i4,  2I 

co.ndesa  (==  coindj 

corda  Halsband  4,  /I0  £rVw- 

H,-o     ^ewa">  Herrschaft  4    2? 

'«&»,  entscheiden  3  8c  yl 

domneiar  Wr„flrr*  £ z>7IO    « 
Jon8^/iM^ end,alsAnrV)l  ,8  V 
doussor  TW,,  Wonne  iltmn' 

Maire  ffo^   ^^ 

menarjoi/^/«   r,  40 

mesauzida    Unehre,  Schande  ,5,  8 


Lexikalisches. 


Agout   1,68;  S  9 

Aimeric    de   ßelenoi    S.  45 ff       ,2ff 

56ff.;  dePegulha  S.4c425;;    52ff- 
Aimon  S  56t  4b      55 

AJaman  7,49 
Alexandre  de  Bernay  S.  34  z.  r 


Eigennamen. 


halten   14    21  -schlage  er, 

V^  trotz  1,4  u.  6l 
Pener  ^Ww,r(?j  f| 

P'azer   rf«  Fähigkeit      TS 

bereiten,   Untfrh'u,    Ver*n**<»   zu 

Pnm  spitzfi»dig.  l2n*altefl«n  3.  26 

AAS?**?  *  53 

reialWSt/^f  I2.48u.58 

remaner  j^rfe„     *'g 

reprezentar   wieder  *■*/,* 

12,72        Wteaer^^»,    wiederholen 

sSo°Lr^fW9'33   Va'r.5 
soJalz  Frohsinn  4    4Q 

sonar  a  zurufen  i'->    cr 
^»vens  ö/f  4,  I02  "' 

2,  22  *'"'*"'  ^rrschen 

tocar  a  «„  ^aj  ^ 

traire  malirait  6   30  7*  59 

trepat  samten  (?)  S.  65  z.  22 

7&let™ert  sein-  hosten  3,6. 

voler  &«»  5    r0   ^      Nachtigall  2,  2 


Alixandre  5,2;  S.  3,  z.  1 

Amalrich  S.44f.     "** 

Anjou;  Graf  v.  A    4  80  •  S  ->,     c 

Aragon  7,61;  8,44 

Beatrix  (v.  Savoyen)  ,0,46;  S.  56« 


Bel-Desir,    Versteckname    bei    Daude 

de  Pradas  2,  31 
Benauga  3,  87;  S.  21  z.  87 
Berenguier  de  Palasol  S.  73;   de  Poiz- 

renger  S.  80;  de  Puivert  S.  80  z.  5 
Beinart  de  Ventadom  S.  13  z.  13;  S.  39 

z.  18 
Bertran  de  Born  S.  30  z.  78  fr. 
Betleen  S.  31  z.  117 
Blacatz  S.  65  z.  19  ff. 
Blancheflore  S. 8 

Clarmon;    Lo  Vesques  de  C.  S.  78  f. 
Crist  9,  I 

Dalfin  d'Alvernhe  S.  79  z.  I 
Daude  de  Pradas  S.  9  ff. 
Eleonore ,    Gräfin    v.  Toulouse    7,  7 ; 

S.  44  o.  und  z.  7;    S.  51  z.  42 
Engles  14,  33 
Floris  I,  65 

Folquet  de  Marselha  S.  4O1;  S.  50  z.  15 
Friedrich  II.  S.  43  ff. 
Gaucelm  Faidit  S.  3ff.;    S.  19;    S.  51 

z.  41 
Gausbert  de  Poicibot  S.  39  ff. 
Gavaret  14,  3  u.  26 
Giraut    de  Bornelh    S.  8  z.  36 ;    S.  12 

z.io;  S.29Z.55;  S.39Z.18;  S.460.; 

S.  55  z.  16;    S.  71  z.  22  u.  33;    S.  72 

z.  74 
Granet  S.  30  z.  78  ff. 
Gui  d'Uisel  S.  78 
Guilhelma  de  Benauga  3,86;  S.  21  z.  87; 

s.  730. 

Guilhem  de  la  Tor  S.  31  ff. ;   S.  35  ff. 
Guilhem  Rainol  d'Apt  S.  61  ff. 
Guiraut  de  Manchac  S.  20 
Imo  10,  50;  S.  561;  S.  61  z.  50 
Jakob  I.  von  Aragon  S.  44 
Joan  Esteve  S.  40;  S.  45 


Joi-Novel ,  Versteckname  für  die  Ge- 
liebte bei  Daude  de  Pradas  2,  19 
Jolante  von  Aragon  S.  51  z.  42;    S.  55 

z.  46 
Jordana  d'Ebrun  S.  7 
Karl  I.   von  Anjou    S.  30  z.  78  ff.  und 

Nachträge 
Lambert  li  cors  (tors)  S.  34  z.  I 
Linhaure  =  R.  d'Aurenga  S.  71   z.  22 
Los  Mans  4,  79 
Magret  S.  65  z.  13 
Mans  ;  Los  M.  4,  79 
Margarida  d'Albusso  S.  7 
Maria  de  Ventadorn  3,  88 ;  S.  7 
Mascarose  S.  20 
Mauguio  S.  80  z.  2 
Miquel  II,  v.  21,  25  u.  29 
Monferran   3,  89 
Peire  (Per)  de  Durban  13,  2  ;  S.  75  ;  de 

Gavaret  S.  72  ff. ;  Rogier  S.  60  z.  35 
Peirol  S.  56 
Peironet  1.3,1;   14, 1 
Pistoleta  S.  13  z.  18 
Ponz  de  Capdoill  S.  31  z.  1 17 

Prebost  de  Valensa  S.  14  ff. 

Proensa;  comtessa  de  P.  S.  561 
Raimbaut  d'Aurenga  S.  66  ff. ;    de  Va- 
queiras  S.  56  und  Anm.  I ;  S.  60  z.  19 

Raimund  VI.  von  Toulouse  S.  44  o. 

Robert  de  Clermont  S.  78  f. 

Rolan   15,  10 

Rossignol  S.  72  z.  72 

Savaric  de  Mauleon  S.  14  ff. 

Savartes   13,  I 

Sordel  S.  8  z.  59 

Tors   Tours  4,  79 

Uc  de  la  Bacalaria   S.  19 ;    de  St.  -  Circ 
S.  21  z.  87 

Urgel   12,72;    S.  72  z.  72 


Nachträge. 

S.  10,  v.  4  lies  No-m.  —  Zu  S.  301 :  Von  Chabaneau  wird  Charles 
d'Anjou  nur  frageweise  als  provenzalischer  Dichter  angeführt.  Die 
erste  der  beiden  von  Chab.  erwähnten  coblas  hat  auch  nicht  Karl,  sondern 
Raimon  Berengar  V.  zum  Verfasser  (s.  B.  d'Alamanon,  ed.  Salverda  de  Grave, 
S.  114).  Es  ist  aber  sicher,  dafs  Karl  gedichtet  hat,  und  zwar  nicht  nur  in 
französischer  Sprache  (s.  Guy,  Adan  de  la  Haie,  p.  170),  sondern  auch  pro- 
venzalisch.  So  sagt  der  unbekannte  Dichter  einer  dansa  von  ihm:  ieu  ay 
apres  Que'l  reys  Karies  fay  gent  chan  (s.  Arch.  134,  432).  Auch  ist 
bekannt,  dafs  Karl  der  Gönner  des  Trobadors  Guiraut  d'Espanha  gewesen 
ist,  der  ihn  feierte  als  den  senhor  Qu'es  de  plazen  captenensa  E  coms  d'1  Anjou 
e  d'onor  E  de  pretz  e  de  Proensa  (Gr.  244,  9  I). 


Druck  von  Ehrhardt  Karras  G.  m.  b  H.  in  Halle  (Saale). 


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K6 

Heft  1 


Kolsen,  .Adolf 

Dichtlingen  der  Trobadors 
Heft  1 


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